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Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
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sie seinem Blick. Er war gerade dabei, sein Hemd aufzuknöpfen, und seine Finger hielten inne. Sein Gesicht war ausdruckslos. Sie schaute weg und hörte ihn sich wieder bewegen.
    Die dicke Kerze auf dem Tisch war so hell, dass sie beinahe durchsichtig wirkte. Sie tropfte auf einer Seite, und das Wachs bildete eine Pfütze am Fuß des silbernen Leuchters.
    Sogar die harmlose Kerze zeigte die Unterschiede zwischen ihnen. In ihrem Cottage hatten gedrehte, spitz zulaufende Talglichter Helligkeit gespendet. Sie stanken und rauchten, wenn sie angezündet wurden. Die Kerze hier verströmte einen aromatischen Duft, der auf weit entfernte Orte hindeutete.
    Kurze Zeit später kam Donald wieder, gefolgt von zwei Männern, die Eimer mit dampfendem Wasser schleppten. Sie stellten sie ab, neigten grüßend die Köpfe in die Richtung des Schlächters und verließen den Raum.
    »Warum habt Ihr das Dorf gerettet?«, fragte Leitis unvermittelt.
    Er zögerte einen Moment und antwortete dann: »Sedgewick schoss mit Kanonen auf Spatzen, und außerdem – warum sollte ich ein Dorf niederbrennen, wenn ich es anschließend wieder aufbauen müsste?«
    »
Das
ist Eure Begründung?« In ihrer Empörung schoss ihr Blick erneut in seine Richtung – und sie erstarrte.
    Er hatte in der Uniform zwar nicht besonders groß gewirkt, aber die Wanne war eindeutig zu klein für ihn. Er musste mit angewinkelten, gespreizten Beinen darin sitzen, sonst wären seine Knie an sein Kinn gestoßen.
    Sie schaute zu, wie er eines der Tücher, die sein Bursche gebracht hatte, nass machte und über seiner Schulter ausdrückte. Er fing den herabrinnenden Seifenschaum mit dem Lappen auf und verteilte ihn mit langsamen, kreisenden, fast entrückten Bewegungen über seine Brust und seinen Bauch.
    In diesem Augenblick hätte er
irgendjemand
sein können, dachte sie. Ein Schotte. Ein Krieger. Doch der Ausdruck seiner Augen, gelassen und souverän, war der eines Mannes, der erwartete, dass seinem Wort und seinen Wünschen gewillfahrt wurde. Das kennzeichnete ihn als Sieger.
    Sie war kein unschuldiges, junges Mädchen. Warum betrachtete sie diesen nackten Mann dann so gefesselt? Sie sagte sich, dass sie wegschauen sollte oder etwas Verletzendes sagen, etwas, was ihm zeigte, dass sie nicht sprachlos oder auf den Mund gefallen war.
    Unwillkommen und ungebeten schoss ihr durch den Kopf, dass der Schlächter von Inverness ein gut aussehender Mann war. Erschrockener über ihren hochverräterischen Gedanken als über seine Nacktheit, senkte sie den Blick auf ihren Teller.
    »Es war nicht meine Absicht, Euch in Verlegenheit zu bringen«, sagte er gelassen, als hätte er die zum Zerreißen gespannte Stille nicht bemerkt.
    »Ich habe schon nackte Männer gesehen«, erwiderte sie mit gewollt fester Stimme.
    »Sprecht Ihr von Eurem Marcus?«
    Sie nickte, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach. Ihre einzige Vereinigung hatte in Hast und Eile stattgefunden, und sie hatte die Augen die ganze Zeit fest geschlossen gehalten. Aber sie hatte geholfen, Kranke zu pflegen und Verstorbene für das Begräbnis vorzubereiten, und mehr als einmal war sie Zeugin gewesen, wie bei einem Ringkampf zweier mit Kilts bekleideter Männer deren Rück- und Vorderseiten entblößt wurden.
    Er verfiel in Schweigen, und eine Weile hörte man nichts außer gelegentlichem Geplätscher, Tropfen, die mit einem Geräusch in die Wanne zurückfielen, das an einen Frühlingsregen erinnerte, dem Klappern der Seife, die in ihren Behälter gelegt wurde, und dumpfen Lauten, mit denen Ellbogen gegen den Rand der Kupferwanne schlugen.
    Leitis stand auf und ging wieder zum Fenster, wobei sie es sorgfältig vermied, in die Richtung der Wanne zu sehen. Nebenan im Fort waren die Laternen angezündet worden. Die Lichterkette wirkte wie ein Schutzzaun gegen die Nacht. Auf der Landbrücke hüpfte der Schein der Fackel auf und ab, die der diensthabende Wachposten auf seinem Patrouillengang mit sich führte. Dort entlang könnte sie also
nicht
fliehen.
    »Habt Ihr nie den Wunsch gehabt, diesen Ort zu verlassen?«, fragte er.
    »Es wäre einfacher zu gehen«, gestand sie ein. »Es ist schwer, wenn alles um einen herum Erinnerungen weckt.«
    »Die Erinnerungen folgen einem überallhin«, hielt er dagegen.
    »Sind Eure Euch hierhergefolgt?«
    »Ja. Aber Schottland ist auch der
Quell
meiner meisten Erinnerungen.«
    Inverness, ohne Zweifel. Sie hatte Geschichten über seine Greueltaten gehört, über die armen Soldaten, deren einziges

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