Die Rose der Highlands
Euch mit Kuhmist bewerfen, wenn ich welchen zur Hand hätte!«
Er unterdrückte sein Lächeln, denn er wusste, dass Leitis seine Belustigung nicht gefallen würde – aber sie war so komisch in ihrem Zorn.
»Ist es schwer, ein Werkzeug des Todes zu sein?«, fragte sie eisig.
Ihre Worte waren als Beleidigung gedacht, doch er entschied, ihr aufrichtig zu antworten. »Es ist schwer, Männer in die Schlacht zu schicken, wenn man weiß, dass sie vielleicht sterben werden. Ich bin sicher, dass eure Anführer ebenso empfanden.«
»Das hoffe ich«, antwortete sie zu seiner Verwunderung. »Es sollte einen Mann schon etwas kosten, den Tod eines anderen anzuordnen. Selbst dann, wenn der Anlass es wert ist, dafür zu sterben.«
»Je mehr Menschen ich sterben sehe, umso mehr stelle ich die Anlässe in frage«, gestand er.
Sie drehte sich weg und starrte in die Dunkelheit hinaus, als gebe es dort etwas Fesselndes zu sehen.
»Ihr seid voller Hass, Leitis«, sagte er leise.
Sie wandte sich ihm zu. »Mit gutem Grund«, erwiderte sie kalt. »Die Engländer haben meine Familie getötet – und den Mann, den ich liebte.«
Er stand auf, ging zu seinem Depeschenkasten, öffnete die oberste Schublade und nahm ein Blatt Papier, einen Federkiel und ein Tintenfass heraus. Stirnrunzelnd beobachtete Leitis, wie er zum Tisch zurückkehrte und sich Platz zum Schreiben schuf.
Das Kratzen der Feder klang unnatürlich laut in der Stille.
Nach ein paar Minuten stand Alec auf und brachte Leitis, was er geschrieben hatte.
Sie streckte die Hand nach dem Papier aus. »Was ist das?«
»Eine Liste mir bekannter Männer, die durch die Hand von Schotten den Tod fanden. Es ist nur recht und billig, auch die Verluste aufzuzählen, die
ich
erlitten habe, findet Ihr nicht?«
Anstatt zu antworten, begann sie zu lesen.
Lieutenant Thomas
Captain Hastings
Sergeant Roberts
Lieutenant Hansson
Major Robison
…
Zwanzig Namen von Engländern, tapferen Soldaten und anständigen Männern, die nicht verdient hatten, was das Schicksal ihnen zumaß.
»Was ist?«, fragte er. »Keine beißende Bemerkung, Leitis? Kein ›Nur ein toter Engländer ist ein guter Engländer‹?«
Sie schaute auf die Liste hinunter. »Jeder von ihnen hatte eine Mutter«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Und eine Ehefrau oder eine Liebste. Es wäre grausam, sich über ihren Tod zu freuen.«
»Aber sie waren Engländer«, betonte er. »Solltet Ihr nicht jubeln über ihren Tod?«
Sie hob den Blick zu ihm. Es lag keine Angriffslust in ihrer Stimme, sondern Traurigkeit, als sie mit einer Gegenfrage antwortete: »Jubelt
Ihr
jedes Mal, wenn ein Schotte stirbt?«
Einmal hatte er es getan. Er hatte es
Gott
gestanden, aber ihr würde er es nicht gestehen.
»Ich finde, die Könige sollten ihre Kriege allein führen«, sagte sie in die Stille hinein.
Alec traute seinen Ohren nicht. »Ihr möchtet, dass König George und euer Thronbewerber einander irgendwo allein auf einer Wiese bekriegen?«
»Ja. Aber es sind gar nicht nur die Könige und Prinzen, die Krieg führen wollen, nicht wahr?«, sagte sie. »Das wollen noch mehr Männer. Nicht um des Friedens willen, sondern aus anderen Gründen. Aus Ehrgeiz, zum Beispiel.«
»Aus Ehrgeiz?« Er lächelte gezwungen. »Ihr meint Oberste, die Generäle werden wollen, und Gefreite, die Unteroffiziere werden wollen?«
»Nein. Ich meine Männer, die Land besitzen wollen oder Schlösser oder Macht.« Sie gab ihm die Liste zurück und wandte sich wieder dem Fenster zu.
»So war es schon immer auf der Welt, Leitis«, sagte Alec leise.
»Das bedeutet nicht, dass es richtig ist.«
»Und wie hättet Ihr die Welt gern?«
»Wie sie war«, antwortete sie mit zitternder Stimme. »Aber damals wusste ich sie nicht zu schätzen. Jetzt erscheint der Friede unerreichbar.«
»Für uns alle«, sagte er düster.
»Wo ist
Eure
Welt, Schlächter?«
Er ging nicht auf ihren beleidigenden Ton ein, sondern antwortete: »Wo ist die Welt eines Soldaten? Dort, wo sein Befehlshaber ihn hingeschickt hat. Wo sein Depeschenkasten steht oder seine Pritsche.«
»Sie ist
nicht
hier in Schottland!«
»Ich fürchte, doch«, erwiderte er mit weicher Stimme, um der Wahrheit die Härte zu nehmen. Er sah, wie ihr ganzer Körper sich versteifte. Sie sagte kein Wort, aber ihre schweigende Auflehnung sprach eine deutliche Sprache.
Wieder klopfte es, und der Bursche erschien, tief gebeugt unter dem Gewicht der Kupferwanne, die er wie ein Schneckenhaus auf dem Rücken
Weitere Kostenlose Bücher