Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose der Highlands

Die Rose der Highlands

Titel: Die Rose der Highlands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Ranney
Vom Netzwerk:
sie.
    Die kleineren Kinder kletterten, in ihrer Verwirrung verstummt, hinten in den Wagen, den Alten wurde hinaufgeholfen. Jüngere und ältere Frauen, allesamt in dem letzten harten Jahr merklich gealtert, gingen neben dem Wagen her. Von den Männern konnten altersmäßig nur zwei an der Rebellion beteiligt gewesen sein. Der eine hatte ein Auge verloren, der andere einen Arm. Auch sie gingen zu Fuß.
    Es war eine bunt zusammengewürfelte Gruppe von Flüchtlingen, die nichts mehr besaßen als ihre Willenskraft und ihren Mut. Leitis war noch nie so stolz darauf gewesen, Schottin zu sein.
    Schließlich machten sie in einem Clachan halt, den Leitis wiedererkannte. Ian zündete eine Laterne an, die er aus dem Wagen geholt hatte, schloss alle Fensterläden bis auf einen, ging zu einem Häuschen und klopfte leise.
    Die alte Frau, die Leitis den Korb mit den Garnen gegeben hatte, öffnete die Tür. Diesmal hatte sie ihre weißen Haare zu einem Zopf geflochten, der ihr über die Schulter auf die Brust fiel.
    »Heute komme ich, um Euch ein neues Heim anzubieten«, sagte Ian. »Einen Platz, an dem Ihr in Sicherheit leben könnt.«
    »Ich lebe hier sicher genug«, erwiderte sie gelassen.
    »Wo es Engländer gibt, gibt es keine Sicherheit«, mischte Leitis sich ein, die sich dazugesellt hatte.
    »Ich wüsste nicht, was die Engländer mir noch antun könnten, Kind.« Die Alte lächelte sanft.
    »Sie könnten euch aushungern«, hielt Leitis ihr vor Augen. »Oder das Dorf niederbrennen.«
    »Was geschehen soll, geschieht«, sagte die Frau ruhig. »Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, und ich werde jetzt nicht von hier weggehen. Wer würde denn dann die Gräber pflegen? Die Engländer?« Sie lächelte beide an. »Es muss doch jemand über die Vergangenheit wachen.«
    »Es wird ein Schiff kommen, und es bringt Euch, wohin Ihr wollt«, versuchte Ian, sie zu überreden.
    »Wenn es nicht in den Himmel segeln kann, junger Herr, dann bleibe ich hier. Viele aus diesem Ort und den benachbarten Tälern wollen fort – genügend, um Euer Schiff zu füllen. Nehmt sie mit.« Sie schaute ihn freundlich an. »Tut, was Ihr tun müsst, und möge Gott Euch begleiten.
Ich
werde es nicht tun.«
    Sie hob die Hand und berührte sein Gesicht, dort, wo die Maske endete.
    Leitis erkannte, dass er noch nicht aufgeben wollte, aber als er den Mund öffnete, legte die Frau ihre Finger auf seine Lippen.
    »Wir sollten gehen«, sagte Leitis. Ian nickte zwar, aber sie hatte das Gefühl, dass die Entscheidung der Frau ihn tief beunruhigte.
    Er beugte sich hinunter und küsste sie zart auf die Wange, wofür er ein erfreutes Lächeln erntete.
    »Gebt auf Euch acht«, sagte er.
    Sie wurde ernst. »Ihr seid derjenige, der auf sich achtgeben sollte«, erwiderte sie.
    Auf dem Rückweg zum Wagen musterte er nachdenklich die Hütten.
    »Wenn sie nicht mitkommen will, kannst du nichts daran ändern«, bemühte Leitis sich, ihn zu trösten.
    »Ich weiß – aber ich fürchte, dass sie nicht mehr lange auf dieser Erde weilen wird.«
    »Du kannst nicht alle retten.«
    »Auch das weiß ich«, erwiderte er düster. »Aber ich kann es
versuchen.
«
    Leitis blickte um sich. Dunst schwebte über dem Boden, als stiegen Wolken aus dem Gras auf, von weither drang der klagende Ruf eines Nachtvogels herüber.
    Dieses Land, rauh und wild und überirdisch schön, würde auf ewig von den Träumen und Wünschen und Erinnerungen der Menschen bewohnt sein, die hier gelebt hatten.
    »Werden wir es da, wo wir hinkommen, besser haben?«, fragte sie in der inständigen Hoffnung, dass es so sein möge.
    »Ja«, antwortete Ian. »Das Leben ist
immer
besser als der Tod.«
    Die Gruppe zählte inzwischen zwanzig Menschen, und in jedem Clachan verbreitete der Zweck ihres Kommens sich wie ein Lauffeuer.
    »Ihr geht wahrhaftig fort?«, fragte ein alter Mann ungläubig.
    Einer, der im Wagen saß und es hörte, schaute um die Ecke und antwortete ihm: »Wir gehen fort, bevor die Engländer uns antun können, was sie Schottland angetan haben.«
    Das überzeugte den Alten, sich ihnen anzuschließen.
    Die Reise nach Gilmuir dauerte dreimal so lange, wie sie zu Pferde gedauert hätte. Das Fuhrwerk musste auf dem Weg bleiben, weil es sonst ob seines Gewichts im Gras eingesunken wäre.
    Und dann kündigte ein Donnergrollen das nächste Unwetter an, und Leitis’ Prophezeiung erfüllte sich.
    Ein Kind fing vor Schreck zu weinen an, aber seine Mutter vermochte es schnell zu beruhigen.
    Es gab keine

Weitere Kostenlose Bücher