Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
oder bescheiden zu Boden blickten, und die er, sobald er sich wieder abwandte, wie Pfeile in seinem Rücken spürte.
Der Gedanke an Meryem hatte ihn verwirrt. Entschlossen holte er sich in die Gegenwart zurück. Offensichtlich stellten Bücher nicht den richtigen Weg dar, Zohra in das Studium der Magie einzuführen. Er versuchte, dem Gespräch eine neue Wendung zu geben, und hoffte, sein Schiff mit diesem Manöver in ruhigere Gewässer zu führen.
»Schriftrollen sind keine Bücher«, begann er und suchte angestrengt nach einer Erklärung, die sie überzeugen konnte. »Das trifft zumindest auf magische Schriftrollen zu. Weil Sul bestimmt hat, daß die Magie auf materiellen Gegenständen beruhen muß, war das Aufschreiben der Zaubersprüche auf Pergamentrollen die einzige Möglichkeit für die Hexer, sie zur Wirkung zu bringen. Aus alten Geschichten wissen wir, daß die Hexer vor dieser Zeit nichts anderes tun mußten, als die geheimen Worte auszusprechen, und schon war der Hilfsgeist von Sul beschworen, oder das Holz brannte lichterloh, oder, was auch immer man bewirken wollte, trat ein. Heute muß der Hexer die Worte auf Pergament schreiben, und wenn er sie laut vorliest, erzielt er damit, so hofft er zumindest, das gewünschte Ergebnis.«
Nun lauschte Zohra ihm mit gespannter Aufmerksamkeit, die Jagd war vergessen. »Mat-hew, du glaubst wirklich, daß das alles ist, was ich tun muß, um einen Diener Suls zu beschwören? Und du meinst, daß das Wesen auf mein Gebot hin erscheint, nur weil ich diese Worte auf etwas geschrieben und sie laut vorgelesen habe?«
»Natürlich nicht«, warf Mathew hastig ein, da ihn plötzlich die schreckliche Vorstellung verfolgte, im Lager könnten frei herumstreifende Dämonen ihr Unwesen treiben. »Es bedarf vieler Jahre des Studiums, bis man eine derart mächtige Magie anwenden kann. Jeder Buchstabe der Worte, die du niederschreibst, muß in Größe und Form perfekt gestaltet sein, man darf kein bißchen von dem genauen Wortlaut abweichen, und dann muß der Hexer die Lage fest im Griff halten, oder Suls Diener wird ihn in einen Knecht Suls verwandeln. Aber es gibt noch andere Beschwörungsformeln, die ich dich lehren kann«, fügte er schnell hinzu, als er bemerkte, daß Zohras Interesse zu schwinden begann.
»Das könntest du?« Ihre Augen blitzten gefährlich.
»Ich… ich muß erst darüber nachdenken. Ich muß mich wieder an sie erinnern«, stotterte Mathew erfreut darüber, daß er ihr Interesse entfacht hatte.
»Wann können wir beginnen?«
»Ich benötige Pergament, am liebsten aus Schafshaut. Dann muß ich mir dafür auch ein Schreibgerät anfertigen, und natürlich brauche ich Tinte.«
»Das kann ich dir alles heute noch besorgen.«
»Und dann brauche ich noch einige Zeit zum Üben, zum Sammeln meiner Gedanken. Es ist schon etwas länger her, daß ich meine Magie das letzte Mal angewendet habe, und seitdem ist viel geschehen«, erklärte Mathew gedankenverloren, als ihn einmal mehr eine Welle tiefen Heimwehs durchströmte. »Vielleicht in ein paar Tagen…«
»Sehr gut«, beendete Zohra plötzlich das Thema mit eisiger Stimme. »Laß uns aufbrechen. Es wäre am besten, noch vor der Nachmittagshitze zum Lager zurückzukehren.«
Mathew seufzte, als sich die Einsamkeit und Verlorenheit, die er für einen Augenblick beinahe vergessen hatte, wieder einstellten.
Wen hielt er hier zum Narren? Niemand anderen als sich selbst. Konnte er jemals in Khardans Augen etwas anderes darstellen als einen Feigling, der seine Haut gerettet hatte, indem er Frauenkleider anzog und sich verrückt stellte? Sicherlich konnte er niemals ein Freund, niemals ein Gefährte sein – etwa wie ein jüngerer Bruder. Und Zohra. Er hielt sie für schön, so schön, wie ihm dieses Land in seiner unbändigen und wilden Rauheit manchmal erschien. Er bewunderte sie fast ebensosehr wie Khardan und beneidete sie um ihre Stärke und ihren Stolz. Er besaß etwas, was er ihr bieten konnte, und hoffte, es würde ihre Anerkennung finden und ihre Bewunderung für ihn erwecken. Aber es war offensichtlich, daß sie ihn nur für ihre eigenen Absichten einspannen wollte – um ihre Einsamkeit zu lindern und mehr über Magie zu erfahren.
Nein, er war in diesem fremden Land auf sich allein gestellt, und das würde auch immer so bleiben.
Dieser Gedanke versetzte ihm einen solch harten Schlag, daß ihm buchstäblich die Luft wegblieb.
Für immer.
Er hatte sich noch keine Gedanken über seine Zukunft in diesem
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