Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
Land gemacht, denn bis zu diesem Zeitpunkt konnte er einfach nicht glauben, daß es hier eine für ihn gäbe. Er hatte nur seinen Tod vor Augen gehabt.
Für immer.
Doch jetzt lebte er, und so hatte er ein ›Für immer‹ – eine Zukunft.
Und Zukunft, wie finster sie auch sein mochte, bedeutete Hoffnung.
Und Hoffnung hieß, vielleicht irgendwann einmal in seine Heimat zurückkehren zu können.
16
Je länger Meryem unter den Nomaden weilte, desto häufiger befürchtete sie, der Versuch, Khardan zu verführen, könnte fehlschlagen. Die Ehre war der einzige und teuerste Besitz des Nomaden – etwas, das sowohl die Reichen als auch die Armen, Männer wie Frauen besaßen. Das Wort eines Mannes und die Tugend einer Frau waren kostbarer als Juwelen, denn weder konnte man mit ihnen Handel treiben noch sie verkaufen. War das Wort einmal gebrochen oder die Tugend einmal verloren, so galt das für alle Zeiten. Die Ehre war für das Überleben des Nomaden unverzichtbar – er mußte sich auf seinen Gefährten verlassen können, von dem sein Leben abhing, er mußte darauf vertrauen können, daß die Familie, von der seine Zukunft abhing, allen heilig war.
Das war jedoch etwas, das Meryem dem Emir nicht so einfach erklären konnte. Kannadi war ein ungeduldiger Mann. Er erwartete Ergebnisse und akzeptierte keine Entschuldigungen. Er hatte seine Konkubine ausgesandt, ihm Informationen zu beschaffen, und wollte ihren Erfolg sehen. Khardan verfügte über die Informationen, die Meryem begehrte. Lag er erst einmal in ihrem Bett, den Kopf auf ihren weichen Brüsten, und wurde von der Berührung ihrer erfahrenen Hände eingelullt, dann würde Khardan ihr alles, wonach sie verlangte, verraten.
»Letztendlich ist auch er nur ein Mann«, sagte Meryem sich, als sie darüber nachdachte. »Yamina hat recht. Der Verstand eines Mannes befindet sich zwischen seinen Beinen. Er kann mir nicht widerstehen.« Ungeduldig wartete sie, um den richtigen Moment abzupassen, und schließlich bekam sie ihre Chance.
Die Dämmerung war bereits hereingebrochen, und Khardan wanderte müde durch das Lager, nachdem ein weiterer Tag ergebnisloser Streitgespräche mit seinem Vater und anderen Stammesmitgliedern verstrichen war. Khardan schaute auf und sah Meryem, die hinter einem Zelt hervorkam und sich anschickte, den Platz zu überqueren. Ihre schlanken Schultern beugten sich unter der Last des Tragholzes, an dem zwei volle Wasserschläuche aus Schafsleder hingen – das war eine typische Frauenarbeit. Er blieb stehen, um die Anmut ihrer zarten Figur zu bewundern, und machte sich keine Gedanken über die Last, die sie zu schleppen hatte, bis er sah, daß ihre Schritte unsicher wurden. Meryem ließ die Schläuche langsam zu Boden sinken, so als wollte sie vermeiden, daß auch nur ein Tropfen des kostbaren Wassers verlorenginge. Mit kraftloser Geste hob sie die Hand an die Stirn, und ihre Augen verdrehten sich. Khardan sprang schnell hinzu und konnte sie gerade noch auffangen, bevor sie zu Boden sank.
Das nächstgelegene Zelt war sein eigenes. Er trug die bewußtlose Frau hinein und bettete sie auf den Kissen. Khardan wollte wieder aufbrechen, um Hilfe zu holen, als er hörte, daß sie sich regte. Er kehrte zu ihr zurück und kniete neben ihr nieder.
»Geht es dir wieder besser? Was fehlt dir?« Er sah sie besorgt an.
Meryem, die halb aufgerichtet auf den Kissen saß, schaute sich benommen um. »Mir fehlt nichts«, murmelte sie, »ich… fühlte mich nur auf einmal so schwach.«
»Ich werde nach meiner Mutter schicken.« Khardan war im Begriff aufzustehen.
»Nein!« entfuhr es ihr viel zu laut. Khardan schaute Meryem verwirrt an, und sie errötete. »Nein, bitte, störe deine Mutter nicht meinetwegen. Mir geht es schon viel besser. Wirklich. Es ist… nur so heiß.« Dabei brachte ihre Hand kunstvoll die Falten ihres Kaftan durcheinander, so daß ein Teil ihres verlockenden Halses und der Wölbung ihrer weichen, weißen Brüste sichtbar wurde. »Laß mich hier im kühlen Zelt nur einen Augenblick ausruhen, dann werde ich wieder an meine Arbeit gehen.«
»Die Wasserschläuche sind viel zu schwer für dich«, sagte Khardan mit rauher Stimme und wandte seinen Blick ab. »Ich werde das bei meiner Mutter ansprechen.«
»Es ist nicht ihre Schuld.« Meryems blaue Augen glänzten vor Tränen. »Sie… sie hat mir abgeraten, die Wasserschläuche zu tragen.« Sie streckte ihre zarte Hand aus und legte sie auf seine. »Aber ich wollte dir doch so gern
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