Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
bräche ihm sein Herz entzwei. Und dann könnte er tatsächlich den Verstand verlieren, und nicht nur ein wenig…
»Was ich vorhin gesagt habe, war falsch«, gab er zu. »Mein Gott hat mich wissen lassen, daß ich hier bin, um Seinem Gebot zu folgen, wie auch immer es lauten mag. Etwas zu ersehnen, das mir offensichtlich nicht zugedacht wurde… ist ein Sakrileg.«
Zohra nickte mit tiefem Ernst in den dunklen Augen. »Ich habe schon lange diese Krankheit in dir vermutet«, sagte sie. »Vielleicht wirst du nun genesen. Doch was können wir sonst noch in der Schale betrachten?«
»Wir werden in die Zukunft blicken«, versprach Mathew. Er dachte, daß es ihr gefallen könnte, und er hatte recht. Belohnt von einem warmen, erwartungsvollen Lächeln, schob er ihr die Schale mit dem Wasser zu. »Du wirst den Zauber ausführen. Wir werden deine Zukunft und die deiner Leute sehen.« Um die Wahrheit zu sagen, ihm lag nichts daran, seine eigene kennenzulernen.
Zohras Augen funkelten vor Eifer. »Ist es so richtig?« fragte sie, während sie vor der Schale kniete.
»Du bist ein wenig zu verkrampft. Entspann dich. Besonders im Nacken bist du noch zu steif. Und nun höre mir aufmerksam zu. Was du sehen wirst, sind nicht die genauen Abbilder dessen, was später auch geschieht. Du wirst Symbole anstelle der Ereignisse sehen, die sich in der Zukunft abzeichnen. Es liegt jedoch bei uns, diese Symbole so zu deuten, daß wir ihren Sinn verstehen.«
Zohra runzelte die Stirn. »Das hört sich ziemlich albern an.«
Mathew wandte sich kurz ab, um sein Lächeln zu verbergen. »Sul will dich dazu bringen, über das, was du siehst, nachzudenken und es genau zu erforschen, anstatt es einfach zu akzeptieren und ebenso weiterzumachen, wie bisher. Du mußt bedenken, daß das, was er dir zeigt, vielleicht niemals in Erfüllung geht, da die Zukunft erst durch die Gegenwart geformt wird.«
»Ich frage mich allmählich, warum wir uns dann überhaupt damit herumärgern!«
»Ich habe dir nicht versprochen, daß es einfach wird! Außerdem ist dieser Zauber kein Spielzeug, mit dem man sich die Zeit vertreibt«, gab Mathew zu bedenken. »Denn mit dem Hellsehen ist eine Gefahr verbunden. Obwohl wir vielleicht sehen, daß etwas Schlechtes geschieht, haben wir keine Möglichkeit, zu erfahren, ob wir die Gegenwart verändern sollten, so daß sich die Zukunft wandelt oder ob wir lieber fortfahren mit dem, was wir tun.«
»Falls wir etwas Schlechtes sehen, müssen wir natürlich versuchen, es zu verhindern!«
»Vielleicht auch nicht. Schau«, sagte Mathew geduldig, als er ihre wachsende Enttäuschung bemerkte, »nimm einmal an, du blickst in das Wasser und siehst dich selbst auf deinem Pferd einen steinigen Weg entlangreiten. Plötzlich stolpert dein Pferd und stürzt. Du wirst vom Rücken des Tiers geschleudert und brichst dir den Arm. Das ist eine äußerst unangenehme Angelegenheit, nicht wahr? Und du würdest sicherlich alles tun, was im Rahmen deiner Möglichkeiten liegt, um zu verhindern, daß es geschieht.«
»Selbstverständlich!«
»Also gut, aber es könnte doch sein, daß dich das Pferd, wenn es nicht stürzt, in Treibsand trägt, in dem ihr beide versinkt.«
Zohra riß die Augen weit auf. »Ah, ich verstehe«, murmelte sie. Sie sah das Wasser jetzt mit etwas mehr Achtung an. »Ich bin mir nicht mehr so sicher, ob ich überhaupt noch die Zukunft sehen will, Mat-hew.«
Er lächelte ihr beruhigend zu. »Es wird schon nicht so schlimm werden.« Mathew fühlte sich sicher, denn er wußte, daß die Symbole im allgemeinen rätselhaft und schwer zu entschlüsseln waren. Wahrscheinlich würde Zohra sie überhaupt nicht verstehen. Selbst ihn konnte es Tage kosten, herauszufinden, was Sul ihnen damit sagen wollte. Unterdessen konnte sie sich mit den Bildern beschäftigen und ihre Gedanken ablenken von… anderen Angelegenheiten.
»Entspann dich, Zohra«, riet er ihr sanft. »Du mußt deinen Geist von allem freimachen. Du mußt ihn entleeren, damit Sul seine Bilder darin malen kann, so wie ein Kind sie in den Sand malt. Schließe deine Augen und wiederhole meine Worte.« Langsam sprach er die geheimen Worte der Zauberformel. »Nun sag du es.«
Zohra stammelte die Worte schwerfällig vor sich hin.
»Noch einmal.«
Sie setzte noch einmal an. Diesmal gelang es ihr schon etwas besser.
»Weiter so.«
Zohra gehorchte. Mit jedem Mal kamen ihr die Worte flüssiger von den Lippen.
»Wenn du meinst, daß du bereit bist«, Mathew senkte die Stimme
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