Die Rose des Propheten 2 - Das Buch Quar
Sonne, die langsam hinter den fernen Hügeln verschwand. »Bei Anbruch der Dunkelheit breche ich auf.«
Wie gewöhnlich führte er Selbstgespräche. Daher war er nicht wenig erschrocken und mehr als beunruhigt, als er ein leises Seufzen vernahm.
»Wer ist da? Wer hat da gesprochen?« Er sprang auf die Füße und zog seinen Säbel.
»O bitte! Steck deine Waffe weg!« bat eine liebliche Stimme, die süßeste Stimme, die er in all den Jahrhunderten seines kurzen Lebens vernommen hatte. Er senkte seinen Säbel und fiel ehrfürchtig auf die Knie.
»Oh, du bist es, mein Zauberwesen!« jauchzte er, breitete die Arme aus und blickte aufgeregt umher. »Bitte, zeige dich mir. Ich werde dir nichts Böses tun. Das schwöre ich! Eher würde ich meine Fußsohlen von glühendheißen Nadeln durchbohren lassen…«
»Bitte, sprich nicht von solch schrecklichen Dingen!« flehte die Stimme.
»Nein, nein! Verzeih, wie konnte ich nur! Bitte, erlaube mir einen Blick auf dein liebliches Gesicht, damit ich weiß, daß du es wirklich bist und nicht nur ein Traum!«
Die Augen des Dschinn wurden von einer flimmernden Wolke goldenen Regens geblendet, aus der eine Frauengestalt hervortrat, die in ein wallendes weißes Gewand mit langen, weiten Ärmeln gehüllt war. Die Flügel an ihren Schultern, deren Spitzen den Boden berührten, strahlten weißer und zarter als Schwanenfedern. Ihr Antlitz umbauschten silberne Locken in überirdischer Schönheit. Pukah war so überwältigt, daß er noch nicht einmal spürte, wie sein Herz vor Freude aus der Brust sprang und mit einem Donner vor ihre nackten, weißen Füße fiel.
»Bitte, sage mir deinen Namen, damit ich nur ihn bis in alle Ewigkeit auf den Lippen trage.«
»Mein… mein Name ist Asrial«, flüsterte die unsterbliche Verkörperung anmutigen Liebreizes.
»Asrial! Asrial!« wiederholte Pukah entzückt. »Wo immer ich auch den Tod finden werde, dein Name wird das letzte Wort auf meinen Lippen sein.«
»Du kannst gar nicht sterben, du bist doch unsterblich«, stellte Asrial nüchtern fest. Sie sprach mit zittriger Stimme, während auf ihrer Wange eine Träne, funkelnd wie eine Sternschnuppe, herunterlief.
»Du bist in Schwierigkeiten, meine Schöne, dir droht Gefahr!« erkannte Pukah in diesem Augenblick. Er warf sich vor ihr zu Boden und streckte ihr die Arme entgegen. »Ich flehe dich an! Erlaube mir, daß ich mein unwürdiges Leben opfere, um dich zu retten, und sei es nur um der Ehre willen, die Träne auf deiner Wange trocknen zu dürfen. Ich würde alles, wirklich alles für dich tun!«
»Nimm mich mit«, begehrte Asrial.
»Alles, nur das nicht«, entgegnete Pukah schweren Herzens.
Er setzte sich auf, hockte sich auf die Fersen und sah das Engelmädchen mit trauriger Miene an. »Bitte mich doch um etwas Einfacheres. Vielleicht möchtest du deine Füße kühlen. Ein Wort, und ich lasse zu deiner Linken die Fluten des Ozeans aufbrausen, während zu deiner Rechten ein Berg gen Himmel steigt, nur um dir zu gefallen. Befehle, und ich hole dir den Mond herunter, daß er in deinen Händen leuchte, oder die Sterne, daß sie deine silbernen Locken schmücken…«
»Kannst du wirklich solche Wunder vollbringen?« Asrials Augen weiteten sich.
»Nun, eigentlich nicht«, gab Pukah kleinlaut zu, als er so unerwartet beim Wort genommen wurde. Erwartete sie tatsächlich, daß er das eine oder andere Versprechen einlöste? »Aber ich bin noch sehr jung, und eines Tages, wenn ich älter bin, werde ich solche und andere Wunder vollbringen können!« Er schnippte mit den Fingern. »Und weißt du«, fügte er kokett hinzu, »ich bin der Liebling meines Gottes.«
»Oh!« Das silberumkränzte Gesicht des Engels leuchtete so hell auf, daß Pukah geblendet die Augen schließen mußte. »Wenn du in dieser Gunst stehst, brauchtest du doch nichts zu befürchten, wenn du mich mitnähmest. Ich werde dir gewiß keine Umstände machen«, versicherte sie. »Kein Ärger soll dein Gemüt trüben, und vielleicht könnte ich dir sogar von einigem Nutzen sein, wenngleich ich nicht der Liebling meines Gottes bin«, fügte sie schüchtern hinzu. »Aber Promenthas ist auch sehr mächtig und seinen Kindern ein liebender Vater.«
»Bist du seine Tochter?« Pukah befürchtete plötzlich, an die falsche Unsterbliche geraten zu sein, eine Tochter Promenthas’ konnte er sicherlich nicht beeindrucken.
»Nicht wirklich«, gab Asrial errötend zu. »Ich will damit sagen, daß Promenthas alle, die ihm dienen, als seine
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