Die Rose des Propheten 3 - Das Buch der Unsterblichen
meiner Behausung ist.« Kaug schnitt eine Grimasse, runzelte nachdenklich die Stirn. »Irgend jemand mit Flügeln…«
Quar hatte eben im Begriff gestanden, einen weiteren Bissen aus der Frucht zu nehmen. Auf halber Strecke zum Mund erstarrte seine Hand. »Flügel?« wiederholte er leise.
»Ja, Heiligster.« Kaug beschrieb Pukahs merkwürdiges Verhalten und Sonds Reaktion.
»Promenthas!« murmelte Quar sanft. »Engel in Gesellschaft mit Dschinnen von Akhran! Also bekämpfen die Götter mich auch auf der Ebene der Unsterblichen!«
»Was sagst Ihr da, Heiligster?« Kaug trat näher.
»Ich sagte, daß dieser merkwürdige, geflügelte Eindringling dein Verschwinden wahrscheinlich zur Flucht genutzt hat«, antwortete Quar kalt.
»Unmöglich, mein Gebieter. Ich habe meine Behausung versiegelt, bevor ich sie verließ. Ich dachte, ich sollte keine Zeit verlieren, um Euch diese Nachricht zu überbringen«, fügte der Ifrit unterwürfig hinzu.
»Ich verstehe nicht, weshalb du dir wegen dieses Khardan soviel Sorgen machst!« sagte Quar, während er eine weitere Kumquat pflückte. »Mein ganzes Volk ist regelrecht besessen von ihm! Der Imam will seine Seele haben. Der Amir will seinen Kopf. Meryem will seinen Körper. Dieser Kalif ist ein Mensch, nicht mehr – der blinde Gefolgsmann eines sterbenden Gottes.«
»Er könnte eine Bedrohung darstellen…«
»Nur, wenn ich ihn zu einer mache!« verwies Quar ihn streng.
Kaug verneigte sich. »Und welche Anweisungen gebt Ihr hinsichtlich der Dschinnen, mein Gebieter?«
Quar wedelte mit einer Hand. »Tu, was du willst. Behalte sie als Sklaven. Schicke sie dorthin, wo wir die anderen hinschicken. Das kümmert mich nur wenig.«
»Und die mysteriöse dritte Partei…«
»Im Augenblick hast du Wichtigeres, was deine Zeit in Anspruch nimmt, Kaug, so etwa die bevorstehenden Schlachten im Süden. Aber wenn du willst, gewähre ich dir die Freiheit, dein kleines Rätsel zu lösen.«
»Und wird sich mein Gebieter für die Lösung interessieren?«
»Vielleicht kannst du mir eines Tages, wenn mich andere Narreteien langweilen, davon berichten«, erwiderte Quar und bedeutete dem Ifrit mit kühlem Nicken, daß seine Anwesenheit nicht länger erwünscht war.
Der Ifrit verneigte sich aufs neue, dann löste er sich in der nach Blüten duftenden Luft auf.
Sobald Kaug verschwunden war, legte Quar die Maske der Gleichgültigkeit ab, die er in der Gegenwart des Mächtigen Ifrit getragen hatte. Hastig eilte er zu seiner üppigen Behausung zurück, betrat einen Tempel, dessen genaues Doppel sich in der Unterwelt, in der Stadt Kich, finden ließ. Der Gott hob einen Hammer und schlug dreimal einen kleinen Gong.
Ein verzehrtes Antlitz erschien in Quars Geist, die Augen brannten von heiliger Ekstase. »Ihr habt mich gerufen, Hazrat Quar?«
»Imam, unter den Wüstenleuten, die wir gefangennahmen, muß es auch welche geben, die mit diesem Khardan, ihrem Kalifen, verwandt sind.«
»Ich glaube, die gibt es, Heiligster. Seine Mutter und einen Halbbruder… jedenfalls berichtete man mir das.«
»Ich will etwas über diesen Kalifen erfahren. Beschaffe sie mir auf jede erdenkliche Weise. Natürlich wäre es am wünschenswertesten, wenn du einen oder beide zum wahren Glauben bekehren könntest.«
»Ich hoffe, sämtliche Wüstennomaden zu bekehren, Heiligster.«
»Hervorragend, Imam.«
Feisals Gesicht schwand aus Quars Sicht.
Als Quar sich auf einem Seidenbrokatsofa zurücklehnte, merkte er, daß er noch immer die Kumquat in der Hand hielt. Er musterte sie gelassen, dann schloß er die Faust darum und begann zuzudrücken. Die Haut platzte, der Saft troff ihm über die Finger. Als die Frucht zu einem Brei geworden war, schleuderte der Gott sie achtlos beiseite.
5
»Wir müssen fliehen! Wir müssen von hier verschwinden, Pukah!« rief Asrial außer sich. »Dieses schreckliche Ungeheuer hat recht. Mathew ist verschwunden! Ich habe sein Wesen in meinem Geist gesucht und konnte ihn nicht erkennen! Eine Dunkelheit umhüllt ihn, verbirgt ihn vor meinem Auge. Irgend etwas Furchtbares ist ihm geschehen!«
»Na, na, na«, murmelte Pukah, zu benommen und verwirrt, um zu wissen, was er gerade sagte. Die schöne Kreatur, die aus dem Nichts erschienen war, ihre sanften Hände, die sich an ihm festhielten, ihr Duft, ihre Wärme. Der Dschinn war noch geistesgegenwärtig genug, um die sanfte Hand zu nehmen und den Engel mit sich aufs Bett zu ziehen.
»Entspannen wir uns und denken wir in aller Ruhe darüber
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