Die Rose des Propheten 3 - Das Buch der Unsterblichen
Arme gewesen, die ihn von der Trage gehoben hatten. Die Stimme des Emirs, von Zorn belegt. Ein Ritt zu Pferd und stechender Schmerz. Warmes Wasser, das ihn umspülte, die Hände von Männern, die seinen zerschundenen Körper reinigten.
Dann dieses Zimmer…
Seine Hand glättete die Seidenlaken. Er lag auf einer weichen Matratze, die auf einem hohen, reich mit Schnitzwerk verzierten Bettgestell ruhte. Er war in saubere Kleider gehüllt. Er roch den lieblichen Duft von Rosen- und Apfelsinenblüten, vermischt mit Kiefer und anderen, rätselhaften Duftstoffen.
Als Achmed den Blick hob, sah er die Seidenbahnen, die sich anmutig über die hohen Holzpfeiler seines Betts bauschten, um ihn in Falten einzurahmen. Die Vorhänge waren beiseite geschoben worden, damit er seinen Raum ansehen konnte – prunkvoll und schön, daß er jeder Phantasie spottete. Und den alten Mann, der bewegungslos neben ihm saß.
»Du bist fast gestorben«, sagte der alte Mann. »Man hat die Ärzte kommen lassen, die auch getan haben, was sie konnten, aber zurückgeholt hat dich die Magie von Yamina.«
»Du warst einer der Gefangenen. Weshalb bist du jetzt hier?«
»Ich war im Gefängnis«, berichtigte ihn der alte Mann. »Ich war keiner der Gefangenen.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Der Gener… der Emir hat mich im Gefängnis postiert, um über dich zu wachen. Ich heiße Hasid und war über zwanzig Jahre lang Hauptmann der Leibwache unter Abul Qasim Qannadi, bis ich zu alt dafür wurde. Ich wurde in Ehren entlassen und bekam ein eigenes Haus. Aber als ich ging, da habe ich zu ihm gesagt: ›General‹, habe ich gesagt, ›es wird eine Zeit kommen, da du einen alten Soldaten brauchen wirst. Nicht diese jungen Männer, die immer nur glauben, daß sämtliche Schlachten mit Fanfarenstößen und Gebrüll und emsigem Hin- und Herjagen gewonnen werden. Du wirst jemanden brauchen, der weiß, daß der Sieg manchmal nur durch Anpirschen und langes Warten errungen wird und dadurch, daß man den Mund hält.‹ Und so war es auch.« Hasid nickte ernst. »So war es auch.«
»Du bist ins Gefängnis gegangen… freiwillig?« Achmed setzte sich in seinem Bett auf, starrte den alten Soldaten verblüfft an. »Aber… da haben sie dich doch geschlagen!«
»Ha!« Hasid wirkte belustigt. »Das nennst du schlagen?
Diese Hunde? Da hat mir ja schon meine Mutter schlimmer zugesetzt, ganz zu schweigen von meinem Feldwebel. Also das war wirklich einer, der draufhauen konnte! Einmal hat er mir drei Rippen gebrochen«, fuhr der alte Soldat fort und schüttelte bewundernd den Kopf. »Weil ich auf Wache getrunken habe. ›Nächstes Mal, Hasid‹, hat mir der Feldwebel damals gesagt, als er mir wieder auf die Beine half, ›zertrümmere ich dir den Schädel.‹ Aber es gab kein nächstes Mal. Ich hatte meine Lektion gelernt.«
Achmed erbleichte. Die Erinnerung sprang ihn an. Die zornigen, verängstigten Gesichter, die wirbelnden Fäuste und Füße, das Stoßen und Treten…
»Sie hassen mich! Sie haben versucht mich umzubringen!«
»Natürlich! Was hast du erwartet? Aber nicht aus dem Grund, den du meinst. Du hast die Wahrheit gesagt, und diese Wahrheit war es, die sie versuchten niederzuknüppeln – nicht dich. Ich weiß das. Ich habe es schon öfter gesehen. Es gibt nicht viel«, meinte Hasid nachdenklich und kratzte sich unter seinen Lumpen, »was ich noch nicht gesehen habe.«
»Was ist mit ihnen geschehen?« fragte Achmed mit angespannter Stimme.
»Der Emir hat sie freigelassen.«
»Wie?« Achmed lachte ihn an. »Freigelassen?«
»Er hat die Gefängnistore weit geöffnet. Hat sie auf die Straße hinausschleichen lassen, auf dem Bauch kriechend wie geprügelte Köter.«
Auf dem Grab deines Herrn liegend…
»Weshalb tut er das?« brummte Achmed und schob unruhig die seidenen Laken beiseite.
»Der Emir ist schlau. Sollen sie doch gehen. Ihre Mütter, ihre Frauen, ihre Familien behält er hier in der Stadt. Sie können zu ihnen zurückkehren, wenn sie wollen, oder sie können auch durch die Wüste ziehen und entdecken, daß ihr Stamm nur noch aus ein paar alten Männern besteht, die mit zahnlosen Gaumen schnappen und über einen Gott jammern, der sich nicht mehr um sie kümmert…«
Achmed zuckte zusammen. »Das habe ich schon verstanden!« warf er hastig ein. Mit einem Blick auf den Luxus und die Pracht, die ihn umgab, zeigte er darauf. »Ich meinte, weshalb der General das hier tut. Daß du… über mich gewacht hast. Mich hierherzubringen. Mein Leben zu
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