Die Rose des Propheten 3 - Das Buch der Unsterblichen
erfanden neue Möglichkeiten der Gold- und Silbergewinnung, und Gerüchte besagten, daß sie sogar ein schwarzes Gestein entdeckt hätten, das man verbrennen konnte.
Obwohl die Mehrheit der Menschen von Bas an Uevin glaubte, hielten sie sich für aufgeklärt und ermunterten Anhänger anderer Götter dazu, sich in ihren Städten niederzulassen. (Es hieß, daß sie dies vornehmlich um der Streitereien willen taten, die dadurch entstanden.) In Bas lebten zahlreiche Anhänger sowohl des Kharman als auch des Benario, und gelegentlich fand sich hier und dort auch ein Tempel des Zhakrin, des Mimrim und des Quar. In Bas ließ sich gut leben. Die Menschen führten ihre Feldfrüchte, ihre technischen Geräte, ihre Erze und Metalle aus und waren recht wohlhabend. Ihr Glaube an Uevin war nie ins Schwanken geraten.
Bis jetzt.
Als er sich überlegte, wie seine Unsterblichen sowohl ihm selbst als auch seinen Anhängern am besten dienen könnten, verwarf Uevin die Vorstellung von Engeln und Dschinnen, wie sie von anderen Göttern und Göttinnen verwendet wurden. Er entwarf ein zeitgemäßeres System, das eine vollständige Kontrolle gewährleistete und nicht den wechselhaften Launen der Menschen ausgeliefert war. Er bezeichnete seine Unsterblichen als ›Untergottheiten‹ und unterstellte jedem von ihnen einen eigenen, bestimmten Bereich des menschlichen Lebens. Es gab einen Gott des Krieges, eine Göttin der Liebe, einen Gott der Gerechtigkeit, eine Göttin des Heims und der Familie, eine Göttin der Feldfrüchte und des Ackerbaus, einen Gott der Finanzen, und so weiter. Es wurden kleine Tempel errichtet, in denen jede dieser Untergottheiten und ihre menschlichen Priester und Priesterinnen lebten. Wann immer ein Mensch eine Sorge hatte, wußte er genau, an welche Gottheit er sich zu wenden hatte.
Das ging so lange gut, bis einer von Uevins Unsterblichen nach dem anderen verschwand.
Als erstes verschwand die Göttin der Feldfrüchte und des Ackerbaus. Als ihre Priesterinnen eines Tages zu ihr kamen, erhielten sie keine Antwort. Eine Dürre setzte ein. Die Brunnen trockneten aus. Das Wasser in den Seen und Teichen verdunstete. Auf den Feldern verdörrten die Ernten und verkümmerten. Uevin befahl dem Gott der Gerechtigkeit, die verzweifelte Lage zu retten, doch sein Gott der Gerechtigkeit war nirgendwo mehr aufzufinden. Das Regierungssystem brach auseinander. Korruption feierte Urständ, das Volk verlor das Vertrauen in seine Ratsherren und warf sie aus dem Amt. An diesem kritischen Punkt verlor Uevin seinen Kriegsgott. Soldaten desertierten oder randalierten auf den Straßen, verlangten höheren Sold und eine bessere Behandlung. Mit dem Kriegsgott zusammen verschwand auch die Göttin der Liebe. Ehen, brachen auseinander, Nachbarn kehrten sich gegen Nachbarn, ganze Familienverbände zersplitterten zu einander bekriegenden Fraktionen.
Da erhoben Quars Anhänger ihre Stimme. Blickt nach Norden, sagten sie. Blickt auf die Stadt Kich und seht, wie gut die Menschen dort leben. Blickt auf die reiche und mächtige Stadt Khandar. Seht ihren Kaiser und wie er den Menschen Frieden und Wohlstand bringt. Blickt auf den Emir von Quar, der euch vor den wilden Nomaden errettet hat. Laßt ab von eurem törichten Glauben, denn euer Gott hat euch verraten. Wendet euch Quar zu.
Viele von Uevins Anhängern taten das auch, und Quar sorgte dafür, daß jene, die zum Gottesdienst in seine Tempel strebten, in allen ihren Unternehmungen gesegnet wurden. Der Regen fiel auf ihre Felder. Ihre Kinder waren höflich und schnitten gut in der Schule ab. Ihre Goldminen gediehen. Ihre Maschinen funktionierten. Folglich wurden sie auch in den Rat gewählt. Sie begannen damit, die Kontrolle über die Streitkräfte zu übernehmen.
Uevin versuchte es mit Gegenwehr, doch ohne seine Unsterblichen verlor sein Volk den Glauben, wodurch er immer schwächer und schwächer wurde.
Der Emir wußte wenig über diesen himmlischen Kampf, noch scherte er sich darum. Das war das Gebiet des Imams. Qannadi kümmerte sich dagegen um die Berichte über einen General von Bas, der von disziplinlosen Soldaten ermordet worden war, über einen vom Rat abgesetzten Statthalter und eine Studentenrevolte. Qannadi hielt die Zeit für gekommen, gen Süden zu marschieren. Wie verfaultes Obst waren die Städte von Bas reif, ihm in die ausgestreckte Hand zu fallen.
Ein Klopfen an der Tür störte seinen Gedankengang.
Verärgert hob Qannadi den Blick von seiner Lektüre. »Ich hatte Befehl
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