Die Rose des Propheten 4 - Das Buch der Akhran
sich um ihn kümmern. Mach dir keine Sorgen, Blumenblüte«, hatte Auda zu ihm gesagt. »Er wird nicht sterben. Sei aber nicht überrascht, wenn er es dir nicht danken sollte. Du hast ihm keinen guten Dienst erwiesen, ihm das Leben zu retten.«
Mathew überlegte mißmutig, daß er keinem von ihnen durch sein törichtes Tun einen Dienst erwiesen hatte, zweifellos hatte er ihre Schwierigkeiten sogar noch vergrößert. Ibn Jad erkannte in ihm eine Bedrohung. Schlimmer noch, Zohra sah ihn als Helden. Trotz der Tatsache, daß sie in getrennten Booten fuhren – nachdem man Zohra der Obhut Kibers überantwortet hatte –, spürte Mathew, daß sich die Augen der Frau auf ihn geheftet hatten und ihn bewundernd anblickten. Diese neue Wertschätzung vergrößerte Mathews Unglück nur noch. Jetzt erwartete sie von ihm, daß er sie alle rettete, doch er wußte, daß das unmöglich war. Einmal mehr fand er sich wieder, wie er mit einer Lüge leben mußte, dazu verdammt, etwas vorzugeben, was er gar nicht war, während ihm der Tod als Strafe für den kleinsten Fehler gewiß war.
Vielleicht war der Tod aber auch die Belohnung. Mathew wußte es nicht mehr. Er hatte schon so lange mit der Furcht gelebt, und so sah er im Tod immer mehr die glückselige Ruhe. Nur der unvernünftige Zorn brannte weiterhin in ihm – Zorn auf Khardan und Zohra, weil sie ihn dazu brachten, sich ihretwegen Sorgen zu machen.
Die Ritter und Gume trugen Khardan an Land. Wie Mathew neben ihm durch das Wasser watete, blickte er auf den schmerzgepeinigten Körper hinab und versuchte etwas Mitleid zu empfinden. Doch in seinem Inneren war alles nur Finsternis, kalte, leere Dunkelheit. Er sah zu, wie sie Khardan auf eine improvisierte Trage legten und ihn langsam die in den Fels gehauenen Stufen hinauftrugen, die zur Burg emporführten. Zohra stolperte durchs Wasser, Kiber hielt dabei ihren Arm. Mit erhobenem Haupt blickte sie ihrem Ehemann nach. Furcht um ihn und Mitleid funkelten in ihren dunklen Augen. Da begriff Mathew erst, daß Zohras Haß auf Khardan in Wirklichkeit eine Art von Fürsorge verschleierte – vielleicht keine Liebe, aber wenigstens Zuneigung. Und Mathew, der Khardan schon länger liebte, als er sich selbst gern eingestand, war zu verängstigt, um irgend etwas zu empfinden.
Die Leere machte ihn nur noch zorniger. Er meinte, irgendwo den Wisch lachen zu hören, und wandte sich von Zohra ab. Mathew war fast dankbar, als Auda ibn Jad dem jungen Mann bedeutete, er solle zu ihm kommen. Er kehrte Zohra, die nun naß, hochmütig und zerzaust im schwarzen Sand stand, den Rücken zu und schritt zu der Stelle hinüber, wo ibn Jad warmherzige Begrüßungen mit seinen Ritterkameraden austauschte.
»Was ist das für eine furchtbare Bruderschaft?« sagte Mathew bei sich, froh, etwas zu haben, womit er seine Gedanken ablenken konnte. »Dieser Mann hat Menschen in die Sklaverei verkauft, ohne sich die leisesten Gedanken zu machen, als wären es nur Ziegen gewesen. Er hat ein unschuldiges Mädchen ermordet, ihr beiläufig ein Messer in den Leib geschoben, als hätte es sich um eine Puppe gehandelt. Er hat Menschen den Ghulen zum Fraß vorgeworfen und ihrem schrecklichen Leiden ungerührt zugesehen. Und in den Mienen dieser Männer, die ihn umgeben, sehe ich nichts als die gleiche kalte, leidenschaftslose Grausamkeit! Und doch schimmern Tränen in ihren Augen, wenn sie sich umarmen.«
»Aber wo ist Catalus, mein Bundesbruder?« Auda sah sich fragend im Kreis der ihm umgebenden Ritter um. »Weshalb wurde er nicht gerufen, um sich in dieser, unserer größten Stunde zu uns zu gesellen?«
»Er wurde gerufen, Auda«, sagte der Gebieter mit sanfter Stimme, »und es ist eine traurige Nachricht, die ich dir berichten muß, mein Freund. Catalus befand sich in der Stadt Meda, wo er die Priester in unserem neuen Tempel ausbildete, als die Stadt von den Truppen des Kaisers von Tara-kan angegriffen wurde. Feiglinge, die sie nun einmal sind, haben sich die Medaner ergeben und bis auf den letzten Mann Quar die Treue geschworen!«
»Also hat der Krieg im Bas begonnen«, sagte ibn Jad mit gerunzelter Stirn, und die grausamen Augen verdunkelten sich. »Ich habe Gerüchte darüber gehört, als ich durchs Land kam. Und Catalus?«
»Da er wußte, daß das Volk unsere Anhänger den Truppen des Emirs ausliefern würde, befahl er den Priestern den Freitod, bevor sie Quar geopfert werden konnten. Als die Soldaten eintrafen, fanden sie den Tempelboden überschwemmt von Blut vor.
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