Die Rose des Propheten 5 - Das Buch der Nomaden
daß wir dann der Todin dienen. Die trägt doch nicht halb soviel Verantwortung, wie du es tust, o Kaug der Überlastete.«
Pukah sprach leiser, als er ein nachdenkliches Zucken in den Augen des Ifrit bemerkte. »Vielleicht zerreißt dieser angestrengte geistige Vorgang ja irgend etwas in ihm«, murmelte der Dschinn hoffnungsfroh. Ein Runzeln bildete sich auf der Stirn des Ifrit, und er beeilte sich, seinem nächsten erwarteten Einwand zuvorzukommen. »Ich bin sicher, daß Quar, nachdem er seinen eigenen Vorrat an Unsterblichen aufgebraucht hat, außerordentlich über deinen Einfallsreichtum und deine Klugheit erfreut sein wird, deinem Großen Gott zusätzliche Hilfe zu beschaffen, um die Welt zu leiten.«
Zerstreut entwurzelte Kaug ein paar Bäume, als er über diesen jüngsten Vorschlag nachdachte. Sond nutzte diese Ablenkung des Ifrits, um näher an Pukah heranzutreten und ihm aus dem Mundwinkel zuzuzischen: »Bist du jetzt völlig verrückt geworden?«
»Kannst du einen Kampf gegen ihn gewinnen?« fragte Pukah flüsternd.
»Nein«, gestand Sond zähneknirschend.
»Willst du das Reich der Toten bewachen?«
»Nein!«
»Dann halt den Mund und laß mich…«
Kaug fixierte Pukah mit einem stählernen Blick, und der Dschinn war sofort wieder ganz Höflichkeit und respektvolle Aufmerksamkeit.
»Du sagst, Kleiner Pukah, daß du und deine Brüder für mich arbeiten sollten anstelle der Todin?«
Pukah verneigte sich, die Hände wie zum Gebet gefaltet. »Wir würden uns geehrt fühlen…«
»Verdammt würden wir sein!« wollte Sond losbrüllen, doch Pukahs Ellenbogen im Sonnengeflecht Sonds raubte dem Dschinn gleichzeitig den Atem, die Stimme und den Trotz. Zweifellos hätten die anderen Dschinnen auch ihren Widerstand kundgetan, hätte sich nicht das unheilvolle Auge des Ifrits ihnen zugewandt, um jeden von ihnen drohend anzustarren.
Geschmeidig glitt Pukah vor den keuchenden Sond und blickte den Ifrit an.
»Höchst Großzügiger Kaug, meine Brüder sind, wie du sehen kannst, von dieser Möglichkeit schier überwältigt. Sie sind benommen und können ihrem Dank keinen angemessenen Ausdruck verleihen.«
»Dank wofür? Ich habe noch kein Angebot gemacht!«
»Ah«, sagte Pukah und musterte Kaug aus dem Augenwinkel, »du wagst es nicht, etwas zu unternehmen, ohne dich zuvor mit Quar beraten zu haben. Das verstehe ich.«
»Ich tue, was mir gefällt!« brüllte der Ifrit, und sein Atemstoß zerschmetterte sämtliche Glasscheiben auf der unsterblichen Ebene der Dschinnen.
»Dennoch wollen wir nichts überstürzen. Gib meinen Brüdern und mir zweiundsiebzig Menschenstunden Zeit, um über deine Bedingungen nachzudenken und zu entscheiden, ob wir sie annehmen oder nicht.«
Kaugs große Augen blinzelten. Der Ifrit war etwas verwirrt. Das war zwar ein ungewöhnliches Gefühl für den im allgemeinen recht scharfsinnigen Kaug, andererseits hatte er in letzter Zeit sehr viel um die Ohren. Er konnte sich nicht daran erinnern, Bedingungen gestellt zu haben. Oder hatte er es doch getan? Der Ifrit wußte, daß er irgendwie die Kontrolle über die Situation verloren hatte, und das erzürnte ihn. Er überlegte sich, den Garten und diese irritierenden Dschinnen mit einem einzigen Atemstoß dem Erdboden gleichzumachen, um danach ihre unsterblichen Geister aus den Schalen ihrer Leiber zu pflücken und sie der Todin zu schicken. Doch in diesem Augenblick vernahm Kaug das dreimalige Tönen eines Gongs.
Quar rief nach ihm. Zweifellos mußte sich wieder irgendein Mensch seinen Esel striegeln lassen.
»Du kannst ja immer noch zurückkehren und uns später zerquetschen, wenn es das sein sollte, wozu du dich entscheidest«, schlug Pukah in respektvollstem Tonfall vor. »Es ist unwahrscheinlich, daß wir uns irgendwo anders hinbegeben werden.« Nur, um unseren Gebieter vom Sonnenamboß zu erretten, fügte der Dschinn bei sich hinzu und frohlockte über seine eigene Schläue.
Zweiundsiebzig Stunden. Kaug überlegte. Ja, er könnte immer noch später wiederkehren und sie zermalmen. Und bis dahin würden zweiundsiebzig Stunden genügen, um einen Stachel in Quars Fleisch zu entfernen.
»Schlauer Kleiner Pukah«, sagte Kaug bei sich, »du sollst deine zweiundsiebzig Stunden haben, um den Plan auszubrüten, der sich aus der Schale deines Geists zu befreien sucht. Zweiundsiebzig Stunden, die den Tod des Kalifen und schon bald den Tod – oder die Versklavung – von euch allen bedeuten werden.«
»Zweiundsiebzig Stunden«, erklärte Kaug
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