Die Rose des Propheten 5 - Das Buch der Nomaden
»Du hast recht. Das hatte ich vergessen.« Dann meinte er mit trauriger Stimme: »Ich glaube nicht, daß irgendeine Hoffnung besteht.«
»Aber du solltest mit ihr reden!« drängte Pukah.
»Das werde ich«, gestand Pukah hastig zu, »aber ich muß jetzt sofort an die Arbeit gehen, also halte bitte den Mund.«
Der innere Pukah verstummte sofort, und der äußere Pukah verneigte sich anmutig vor dem Ifrit.
»Wahrhaftig, Kaug der Glorreiche, da ich dich erst jetzt in deiner wahren Herrlichkeit und Majestät schaue, bedaure ich es zutiefst, daß ich den bösartigen Drohungen des tierhaften Sond nachgegeben und ihm gestattet habe, mich dazu zu zwingen, von deiner Seite zu weichen.«
Erstaunt und erzürnt drehte der Dschinn sich um und musterte Pukah wütend. Sond wollte sich gerade zornig auf ihn stürzen, als ihn die gebieterische Stimme des Ifrit daran hinderte.
»Halt! Niemand rührt ihn an. Ich finde ihn… erheiternd.« Als er sich niederkauerte, warf seine hochaufragende Gestalt einen Schatten auf den Garten, der so finster war wie die Nacht; sein Atem warf Bäume um, als Kaug sich an Pukah wandte. »Du möchtest also wieder in meinen Dienst zurückkehren, ja, Kleiner Pukah? Besser als das Reich der Toten, wie?«
Der Ifrit warf einen bedeutungsvollen Blick auf alle Dschinnen und Dschinnias, die oben durch die Fenster spähten, und er hatte das Vergnügen mitanzusehen, wie sie alle erbleichten und zusammenzuckten. Kaug grinste. »Ja, das Reich der Toten. Ihr erinnert euch daran, nicht wahr? Keine menschlichen Körper mehr, keine menschlichen Freuden und Gefühle, keine Streifzüge auf der Erde, keine Schlachten und Kriege mehr, kein menschliches Essen und Trinken…« Aus einem der Blumenbeete ertönte ein gedämpftes Stöhnen. »Keine Dschinnen und Dschinnias mehr. Namenlose, gestaltlose Diener des Todes, das werdet ihr sein, wenn ich erst einmal mit euch fertig bin. Wenn ihr ihre Gebete nicht mehr beantwortet, werden die Menschen, denen ihr dient, glauben, daß sie von ihrem Gott im Stich gelassen wurden. Sie werden sich Quar zuwenden, einem Gott, der ihnen zuhört, und mir – einem Diener, der sich genau darauf versteht, für jedes ihrer Bedürfnisse und Verlangen zu sorgen, wie…«
»… wie ein guter Herr eben für seine Sklaven sorgt«, ergänzte Pukah.
Kaug sah ihn wütend an, denn das war nicht das schmeichelhafteste aller Bilder. Doch Pukahs Miene war ausdruckslos und unschuldig; er klang bewundernd, als er fortfuhr: »Mir scheint, o Kaug, daß dies für dich eine gewaltige Arbeit bedeuten wird, und wenn ich auch nicht daran zweifle, daß deine Schultern groß genug sind, um diese Last zu tragen, kann sie dir doch nur die Zeit rauben für… äh… welche Vergnügungen auch immer dir behagen mögen.« Pukah geriet kurz ins Stocken, er hatte nicht die leiseste Vorstellung davon, was das für Vergnügungen sein mochten, ganz gewiß aber legte er keinen Wert darauf, allzu genau darüber nachzudenken.
»Mein Vergnügen ist es, Quar zu dienen!« brüllte Kaug und richtete sich zu voller Größe auf, wobei er mit dem Kopf ein Loch in den sternenübersäten Himmel stieß.
»O ja, das muß es natürlich sein!« stammelte Pukah, den der Atemstoß von den Beinen riß. »Aber«, fuhr er gerissen fort, während er wieder aufstand, »du wirst dann ja gar nicht Quar dienen, nicht wahr? Du wirst den Menschen dienen! Ihren Launen gehorchen. ›Sorge dafür, daß meine zwölf Töchter reiche Ehemänner bekommen!‹ ›Bring mir eine Truhe voll Gold und zwei Körbe voller Edelsteine!‹ ›Mach mein Heim so groß wie das meines Nachbarn! ‹ ›Beschaffe…‹«
»Genug!« murrte Kaug. Die zornige Miene des Ifrit machte deutlich, daß Pukah einen empfindlichen Punkt getroffen hatte. Kaug, der doch einen Krieg im Himmel führen wollte und versuchte, Hader und Zwietracht unter den verschiedenen Fraktionen der Unsterblichen zu säen, war ständig dazu gezwungen, sein wichtiges Werk zu vernachlässigen, um ebenjene entwürdigenden Aufgaben zu erfüllen, die Pukah soeben erwähnt hatte. So hatte er erst vor wenigen Tagen eine vorbereitete Schlacht mit den Wischen und Dämonen des Astafas im Stich lassen müssen, um auf die Erde zurückzukehren und die Houri, Meryem, zu einer Audienz beim Imam zu bringen.
»Was das doch für eine Vergeudung bedeutet«, fügte Pukah traurig hinzu, »uns alle dazu abzustellen, die Toten zu bewachen, die doch eigentlich gar nicht soviel Bewachung benötigen. Ganz zu schweigen davon,
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