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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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an Zufälle.
    Ganz abgesehen davon wurde das alles noch weitaus merkwürdiger, wenn man seinen Vater kannte. Er hätte niemals grundlos in dieser flächigen, unproportionalen, ja naiven Art gemalt, wie sie auf dem Landschaftsbild zu sehen war. Eine Malweise, die sich vollkommen vom Stil des Künstlers unterschied, wie er ihn kannte. Der immerhin in den zwanziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts von hervorragenden Lehrern ausgebildet worden war. Ein Kunstgriff offensichtlich, und dazu hin noch ein recht plumper, um dem ganzen Werk den Anschein zu geben, es sei wesentlich älter als es in Wirklichkeit war.
    Aber weshalb hatte sein Vater dann seine Initialen eingefügt?
    Was hatte ihn nur dazu bewogen, eine so leicht durchschaubare Betrügerei zu begehen?
    Ein lukrativer Auftrag?
    Ein mehr oder minder harmloser Schwindel? Wer hatte das gewollt?
    Sein Vater?
    Nichts davon passte zu diesem korrekten Mann, den Julien bis dahin so gut zu kennen geglaubt hatte.
    Es sei denn …
    Es sei denn, für seinen Vater hätte ein wirklich triftiger Grund vorgelegen, so etwas zu tun. Etwas für ihn Lebensnotwendiges, Ungeheuerliches.
    Julien konnte sich nicht erklären, ob der Sinn eines möglichen Schwindels im Original oder in dessen Übermalung steckte, und hatte zunächst auch keinen Anhaltspunkt in der Arbeit seines Vaters dafür gefunden, welches der beiden Gemälde nun das zur Lösung dieses Geheimnisses wichtigere war.
    Oder ergaben beide zusammen einen Sinn?
    Oder gab es gar kein Geheimnis?
    Wenn es sich bei der ganzen Geschichte jedoch um Betrug handeln sollte: Wer wollte mit dieser Übermalung wen täuschen und warum?
    Angenommen, sein Vater hatte den Grafen mit dem Bild betrügen wollen? Julien dachte nach. Nein, unmöglich. Maries Vater hatte sein ganzes Haus mit sorgfältig ausgesuchten Schätzen ausgestattet. Sollte einem Mann, der offensichtlich genau wusste, was er kaufte und womit er sich umgab, wirklich nicht aufgefallen sein, was er sich da in sein Arbeitszimmer hängte? Dazu hin noch mit der Signatur eines Malers in der rechten unteren Bildecke, den er persönlich kannte!
    Denn Julien hatte auch sofort die Signatur seines Vaters auf dem Porträt des verstorbenen Schlossherrn erkannt, als er zum ersten Mal sein Arbeitszimmer betrat. Allerdings waren auf diesem Gemälde seine Initialen deutlich sichtbar angebracht worden.
    Hatte sein Vater die offensichtliche Fälschung gar im Auftrag des alten Grafen angefertigt? dachte er entrüstet.
    Julien fiel jedoch schnell ein, dass er selber vor ein paar Wochen noch eine Kopie angefertigt hatte, die seiner Meinung nach für einen Betrug bestimmt war. Aber Julien war nicht sein Vater. Sein Vater hatte niemals unter Geldknappheit gelitten.
    Mit dieser fadendünnen Entschuldigung seiner eigenen Verfehlung entschied er, sich auf etwas anderes zu konzentrieren.
    Er versuchte sich daran zu erinnern, was er auf dem kleinen, kaum zwei, drei Quadratzentimeter großen Stückchen hatte erkennen können, das unter der oberen Farbschicht zum Vorschein gekommen war. Etwas Rotes, das war sicher. Dann ein kleines Stückchen rosiger Haut mit etwas, was nach einer goldenen Armspange aussah. Aus der Position dieses winzigen Fragmentes und den Unebenheiten, die unter den oberen Farbschichten zu erkennen waren, konnte er schließen, dass es sich bei dem Original um das Dreiviertel-Porträt einer Dame handelte. Sie trug ein rotes Kleid, dessen Ärmel just dort endete, wo die Farbe abgeblättert war.
    Aber warum zum Teufel hatte sein Vater dieses Porträt übermalt? Wenn es im Auftrag des Grafen geschah, hätte dieser ihm bestimmt das Geld für eine Leinwand gegeben, und das Porträt der Dame im roten Kleid einfach auf den Speicher gestellt, wenn es ihm nicht gefallen hatte.
    Da war nämlich noch etwas, das ihn stutzig gemacht hatte: Das Original war auf Holz gemalt worden, ein Umstand, der darauf schließen ließ, dass es sehr alt war. Aber zur damaligen Zeit malte niemand einfach nur zum Spaß Porträts, und schon gar nicht in Dreiviertel-Ansicht. Diese Art der Malerei gab es erst sehr viel später.
    Eine Fälschung auf einer Fälschung?
    Julien schüttelte den Kopf. Zuviel Ungereimtes, das ihn vermutlich überhaupt nichts anging.
    Noch ein Gedanke ging ihm durch den Kopf: Wusste sein unbekannter Vermittler um dies alles? Wollte er ihn vielleicht auf diese Weise darauf stoßen, was für ein Mensch sein Vater gewesen sein musste?
    In seinem Kopf drehte sich alles.
    Denn da waren auch noch diese

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