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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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Landschaft.“
    „Und was bedeutet das?“
    „Es ist seltsam, dass mein Vater eine perfekte Fälschung malt, und dass ihm dann ein so gravierender Fehler unterläuft. Es scheint eher, als habe jemand gewollt, dass irgendein Betrachter auf etwas aufmerksam wird.“
    „Möglich. Aber worauf? Welcher Betrachter?“
    Julien lächelte über ihren Eifer, der ihre bislang vor Müdigkeit blassen Wangen gerötet hatte.
    „Das Bild unter dem Original ist das Porträt einer Dame“, sagte er mit ernsthafter Miene, als sie ihn ansah.
    Marie war zu müde für Fragen und nickte ihm nur schweigend zu.
    „Der Richtplatz hat mich auf etwas gebracht, Demoiselle. Eine der gemalten Holzplanken trägt die kaum erkennbaren Buchstaben RCA.“ Er zeigte auf das Goldherzchen, welches Marie an einer dünnen Kette um den Hals trug. „Genau dieselben.“
    Marie griff unwillkürlich nach dem alten, abgegriffenen Anhänger.
    „Und?“
    „Was bedeuten sie?“
    „Das sind die Initialen von Rose, Comtesse von Angelâme, die angebliche Hexe aus den Protokollen“, erklärte sie ihm zögernd. „Die Frauen des Hauses Angelâme tragen dieses Herz seit vielen Generationen. Es wurde traditionsgemäß von der Mutter an die älteste Tochter weitervererbt.“
    „Jedoch nur eine von ihnen hat ihre Initialen in den Schmuck gravieren lassen“, sagte er. „Das ist doch seltsam, oder?“
    „Stimmt.“
    „Rose, Comtesse von Angelâme“, wiederholte er. „Die Frau, die diesen Protokollen zufolge vor fünfhundert Jahren auf einem Scheiterhaufen starb …“
    „… starb nicht auf diesem Richtplatz in Angelâme, sondern …“
    „… in Tours.“
    „Gütiger Gott im Himmel.“
    „Ich hole das Bild!“
    Julien war bereits an der Tür.
    Als er kurz darauf zurückkam, hatte er das Landschaftsbild dabei und legte es vorsichtig auf einen Tisch, den er etwas weiter in die Mitte des Raumes zog. Dann rückte er einen Leuchter näher heran und beugte sich über das Gemälde.
    „Hier, seht Ihr?” Er zeigte auf die gemalten Bretter des Richtplatzes. „Das gesamte Bild wurde von meinem Vater in der Art gemalt, wie die einfachen Künstler des frühen 14. Jahrhunderts es gestaltet hätten. Ein bisschen flächig und stilisiert, wenig auf die wirklichen Gegebenheiten achtend. Aber bei den Brettern des Richtplatzes kann man sogar die Maserung erkennen. Das ist eine auffallende Abweichung von der übrigen Maltechnik, die mich überrascht und neugierig gemacht hat.“
    Marie nickte. Sie war wieder hellwach.
    „Hier, genau unter dem Rand der abgeplatzten Stelle sind die drei Initialen zu erkennen, die aussehen sollen, als hätte jemand sie in das Holz geschnitten.“
    Er tippte vorsichtig darauf.
    „Niemand schnitt vor fünfhundert Jahren Initialen in das Holz einer Richtstätte, und kein Maler war und ist so verrückt, so etwas darzustellen“, erklärte er. „Deshalb dachte ich mir, dass mein Vater einen Hinweis geben wollte. Vielleicht liegt dieser Hinweis unter dem gemalten Richtplatz hier.“
    „Das lässt sich leider nicht feststellen“, sagte Marie.
    „Wenn Ihr mir eine Bemerkung erlaubt, Demoiselle: Das Landschaftsbild ist nichts wert. Wir können nicht einmal sicher sein, dass die Darstellung der ehemaligen Burg auch nur andeutungsweise der Wirklichkeit entspricht. Wenn Ihr wollt, löse ich die obere Schicht sorgfältig ab, damit wir sehen, was darunter ist.“ Er hielt einen Augenblick lang inne und fuhr dann fort: „Es scheint, als habe mein Vater oder sein Auftraggeber gewollt, dass dieses Porträt eines Tages wieder zum Vorschein kommt. Die Frage ist nur: warum?“
    „Das ist sogar eine sehr gute Frage“, antwortete Marie und erhob sich. „Aber mit deren Lösung beginnen wir erst morgen, Julien, ich muss schlafen, es ist schon sehr spät.“
    Gähnend schob sie ihre Unterlagen zusammen und legte sie in die Schublade ihres Sekretärs zurück.
    „Vielleicht interessiert es Euch, dass ich noch einige andere Ungereimtheiten auf dem Bild entdeckt habe, die mich an meinen alten Lehrer in Paris erinnerten.“ Julien schien sie gar nicht gehört zu haben.
    „Aha?“
    Sie schloss die Schublade behutsam ab und klappte die Schreibplatte hoch, um sie ebenfalls abzusperren.
    „Zu allen Zeiten haben Künstler verschlüsselte Botschaften in ihre Werke gelegt. Maler in ihre Bilder, Bildhauer in ihre Statuen und Schriftsteller zwischen ihre Zeilen.“
    „Ich verstehe kein Wort. Wie kann man verschlüsselte Botschaften in ein Bild legen?“
    „Die

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