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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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bislang wusste ich auch nichts davon, warum mein Vater vor jemand oder etwas geflohen sein soll. Außerdem hatte ich nicht die Absicht, das Land zu verlassen. Warum auch?”
    „In einer ähnlichen Situation“, wiederholte Marie, was er ihr gesagt hatte. „Was haben Euer Vater, mein Bild und die Dokumente miteinander zu tun?“
    „Das weiß ich nicht. Mein Vater sprach zwar perfekt arabisch, aber kein Wort Latein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er die lateinischen Dokumente übersetzt hat, bevor sie in Euer Haus kamen, sollte er sie gekannt haben.“
    „Und wenn? Dann wusste er bestenfalls, was vor fünfhundert Jahren mit einer Frau geschehen ist, die vermutlich meine Vorfahrin war. Mehr nicht.“
    „Außerdem war mein Vater Maler, nicht Geschichtsforscher.“
    „Euer Vater war Maler! Ein Maler aus Tours – wie der Mann, der damals meinen Vater porträtiert hat!“, rief sie. Marie war aufgesprungen und zur Tür gelaufen. Plötzlich blieb sie stehen.
    „Wenn Euer Vater oft auf Reisen war, wie es den Anschein hat, hat er sehr viel Ähnlichkeit mit dem Herrn, der hier bei uns war.“
    Um ganz sicher zu sein, beschrieb sie ihm den Maler ihres Vaters, so gut sie sich an ihn erinnern konnte. Eine Zeit lang schwiegen sie beide.
    „Demoiselle, ich muss Euch etwas erklären“, begann Julien nach reiflicher Überlegung, ihr seine Gedanken darzulegen, die er sich bereits über das übermalte Bild gemacht hatte. Marie hörte ihm fassungslos zu. Er ließ sie auch wissen, dass er bereits seit dem ersten Tag über die Bekanntschaft ihrer beider Väter Bescheid gewusst hatte.
    „Dann haben sich mein und Euer Vater also sehr gut gekannt“, mutmaßte sie, als er geendet hatte. „Das hättet Ihr mir doch sagen können!“
    „Dazu fühlte ich mich bisher in keiner Weise veranlasst“, antwortete er und verzichtete auf eine anschließende Erklärung.
    „Seltsamer Zufall, dass Ihr ausgerechnet zu der Zeit hier auftauchtet, als ich nach ihm suchen ließ.“
    Julien sah sie überrascht an.
    „Ihr habt nach meinem Vater suchen lassen?“
    „Nicht direkt nach Eurem Vater, als vielmehr nach dem Mann, der meinen Vater damals porträtiert hat. Er war der einzige Maler, den ich kannte.“
    Julien strich sich die Haare aus der Stirn.
    „So war das also. Dann hat mich jemand in Eurem Auftrag hierher geholt.“
    „Nein.“
    „Nein?“
    „Davon weiß ich nichts. Der erste Maler, der hier herkam, wurde mir von meinem Anwalt empfohlen, der ihn wiederum von einem seiner Klienten kannte. Ihr seid doch aber zufällig hier vorbeigekommen?“
    Julien schüttelte den Kopf. Langsam kam ihm der Verdacht, es könne ein undurchschaubarer Plan hinter der ganzen Geschichte stecken. Aber das sprach er nicht aus. Er wollte erst in Ruhe darüber nachdenken.
    „Dieses Bild also“, nahm Marie den ursprünglichen Gedanken wieder auf. „Dieses Bild und die Protokolle. Es scheint, als wäre der Schlüssel zu allem darin zu suchen. Was steht in diesen Protokollen, das jemanden in Tours heute noch interessieren könnte?“, überlegte sie laut. „Ihr Vater hat zwar das bei dem Brand in meinem Arbeitszimmer verloren gegangene Porträt meines Vaters gemalt, aber musste er deshalb zwangsläufig auch die Protokolle kennen? Wir wissen ja nicht einmal, seit wann die hier im Hause sind.“
    „Das ist richtig. Aber nachdem die Herren in Tours von meinem Vater, dem Bild und den Protokollen sozusagen in einem Atemzug gesprochen haben, scheint es zumindest für sie eine Verbindung zu geben. Existieren diese Protokolle denn noch, oder sind sie beim Brand vernichtet worden?“
    „Nun“, sagte Marie. „Die Originale sind während des Brandes - sagen wir mal: verschwunden . Die Übersetzung nicht.“
    „Verschwunden? Was heißt das?“ Julien wurde mit einem Schlag lebhaft.
    „Ich habe in den Trümmern nach etwas noch Brauchbarem gesucht und festgestellt, dass der völlig verkohlte Schreibtisch vermutlich vor dem Brand geöffnet worden sein muss. Allerdings konnte ich unter den verbrannten und vom Wasser zu einem nassen Klumpen verbackenen Papieren nicht feststellen, was es im Einzelnen gewesen ist, welches noch in den Schubladen lag. Eines ist allerdings sicher: Die Schubladen standen offen, und ich hatte sie fest verschlossen.“
    „Das ist ja interessant. Habt Ihr das der Polizei gemeldet? Das lässt doch auf einen Einbruch schließen!“
    „Das habe ich sehr wohl getan, aber die Theorie von der brennenden Kerze schien den Herren weitaus

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