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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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wieder gesagt?
    „Euer Vater hat dieses Bild übermalt. Er muss gewusst haben, um wen es sich bei dem Porträt handelte, egal, ob es ein Original oder eine Fälschung ist. Vielleicht kannte er die Protokolle ja doch.“
    „Ihr sagtet vorhin: ‘Die Verbindung’. Was meintet Ihr damit?“, fragte Julien nachdenklich.
    „War Euer Vater nicht unterwegs zu irgendeinem arabischen Land, als das Schiff unterging, auf dem er sich befand?“
    „Darin seht Ihr eine Verbindung?“
    „Überlegt doch! Arabien! Es ist schon merkwürdig, dass er ein so schönes, und dabei auch noch ausgesprochen wertvolles Bild übermalt hat, wenn es stimmt, dass zum Zeitpunkt seiner Entstehung diese Art des Malens noch gar nicht weit verbreitet war. Er wusste ganz bestimmt um die arabischen Ursprünge und den Wert dieser Malerei. Sagtet Ihr nicht selbst, Euer Vater hätte schon früher Arabien bereist? Zumindest ich erinnere mich an seine abenteuerlichen Geschichten, die er meinem Vater während seiner Sitzungen für sein Porträt erzählt hat!“
    Julien nickte zögernd.
    „War ihm bekannt, wo der Künstler Anfang des 14. Jahrhunderts seine Technik erlernt haben könnte, war ihm auch der Wert des Originals bekannt. Ganz bestimmt jedoch war ihm bewusst, was er tat, als er das Porträt übermalte.“
    „Und was, wenn mein Vater auch das Porträt gemalt hat, bevor er es später übermalte?“
    „Eine doppelte Fälschung?“ Marie schmunzelte bei dem Gedanken vor sich hin. „Das glaube ich nicht. Das Porträt hat er meiner Meinung nach gebraucht, um zusammen mit dem Landschaftsbild etwas zu erklären, was wir nicht sehen können.“
    „Meint Ihr?“
    „Habt Ihr eine bessere Erklärung für das alles?“
    „Vielleicht steckt überhaupt nichts Geheimnisvolles dahinter, und ich habe mir etwas vollkommen Unsinniges ausgedacht.“
    „Das glaube ich auch nicht.“
    „Wenn wir nur wüssten, wie gut sich Euer und mein Vater gekannt haben“, überlegte Julien. „Dann könnten wir uns wenigstens die Frage sparen, wer von den beiden eine verschlüsselte Botschaft hinterlassen wollte, falls es eine gibt. Die Frage um das Warum löst sich hoffentlich, wenn wir den Inhalt der Botschaft kennen.“
    „Ihr geht demnach davon aus, dass mein Vater die Übermalung in Auftrag gegeben hat?“, fragte Marie, und die kleine steile Falte erschien wieder auf ihrer Stirn.
    „Also mein Vater hat unmöglich ohne das Wissen des Euren ein altes Familienporträt übermalt!“, protestierte Julien.
    „Nun, ich erinnere mich daran, dass sie sich sehr gut verstanden haben. Sie sprachen viel miteinander, während mein Vater Modell saß. Auch über Tours.“
    „Über Tours?“
    „Ja! Habt Ihr vergessen, dass ich Euch davon erzählte?“, fragte Marie plötzlich aufgeregt. „Sie müssen sich wohl schon früher begegnet sein, möglicherweise in Tours, denn Tours war eines ihrer Lieblingsthemen. Jetzt erinnere ich mich daran, dass die beiden Männer über diese Stadt sprachen, als kennten sie sie beide sehr genau. Dabei wusste ich nicht einmal, dass mein Vater überhaupt jemals dort gewesen ist.“ Sie schwieg einen Augenblick lang. „Warum auch nicht? Es ist nicht sehr weit von hier und er musste mir nicht über jeden seiner Schritte Rechenschaft geben.“
    Marie ließ erschöpft ihren Kopf an seine Brust sinken. Er ließ es geschehen ohne sich zu rühren.
    „Wisst Ihr was?“, fragte sie ihn schließlich. „Als Rose starb, war sie ungefähr so alt wie ich. Großer Gott.“
    Sie hob den Kopf und sah ihm für einen verwirrenden Moment in die Augen. Dann wandte sie sich um und ging hinüber zu dem großen Eichentisch, auf dem das Bild lag.
    Ehrfürchtig strich sie über seine raue Oberfläche, die, mit den restlichen, rissigen Farbstellen der Landschaft überzogen, das Gesicht der jungen Frau freigegeben hatte, die ihr so sehr ähnelte. Ihre Haare waren fast ganz durch eine helle Haube verdeckt, die unter einem hellen Samtband über der feinen, hohen Stirn endete. Ein paar vorwitzige Löckchen stahlen sich jedoch neckisch seitlich unter der Kopfbedeckung hervor, und zwei oder drei lugten auch unter dem Stirnband heraus.
    Die junge Frau hatte lebhafte grünbraune Augen, die den Betrachter amüsiert zu beobachten schienen. Ihre Wangen waren leicht gerötet, und ihre zu einem angedeuteten Lächeln geschlossenen, roten Lippen kokettierten mit der Farbe ihres Kleides.
    Rose hatte unter einem dunkelgrünen Surcot ein kirschrotes Samtkleid getragen, dessen Falten der

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