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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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betrat hinter ihm das Atelier und schaute zögernd zu dem Eichentisch hinüber, auf dem das Porträt der Dame im kirschroten Kleid neben den bereits bekannten übrigen Malutensilien und Kopien lag.
    „Ich wusste die ganze Zeit, dass irgendetwas auf dem Porträt nicht stimmen kann. Jetzt weiß ich es.“
    „Nämlich?“ Oh Gott! Warum spannte er sie nur so auf die Folter! Was für ein unmöglicher Mensch!
    „Das Herz.“
    „Wie bitte?“
    „Diese Dame hat eine Spange mit einem Herzen am Handgelenk, wie Ihr eines um den Hals tragt. Und das ist unmöglich.“
    „Wieso?“
    „Weil das Bild angeblich um 1305 gemalt worden ist.“
    „Das ist mir bekannt. Und weiter?“
    „Das Herz in dieser Form wurde erst gegen Mitte oder Ende des 14. Jahrhunderts als Symbol verwendet. Bis dahin kannten zwar ein paar mutige Mediziner die Form dieses Organs, aber kein Künstler jener Zeit hätte menschliche Innereien als Objekt seiner Arbeit auch nur in Betracht gezogen.“
    Marie hatte sich auf einem Stuhl niedergelassen und betrachtete noch immer sprachlos das Porträt auf dem Tisch.
    „Er kannte es ganz einfach überhaupt nicht.“
    Sie griff nach dem Schmuckstück, welches sie an einer feinen Goldkette um den Hals trug.
    „Aber es existiert ja. Hier.“
    Er schüttelte lächelnd den Kopf.
    „Das besagt noch gar nichts.“
    „Das sehe ich anders!“
    „So? Zugegeben, es gab recht skrupellose Mediziner, die trotz der Verbote Leichen sezierten und das, was sich ihnen darbot, abzeichneten. Jedoch benützten sie diese Darstellungen lediglich zu Lehr-und Anschauungszwecken, nicht für die Kunst. Und auch das erst Mitte des 14. Jahrhunderts und keinesfalls überall.“
    „Das alles bedeutet demnach, dieses Porträt und vielleicht auch mein Anhänger sind Fälschungen und unsere Vermutungen vollkommen aus der Luft gegriffen?“
    Sie stellte überrascht fest, dass dieser Gedanke sie von einem Gefühl innerer Anspannung befreite und ertappte sich dabei, dass sie aufatmete.
    „Nein.“
    „Nein?“
    „Ich wollte soeben Vorbereitungen dafür treffen, die erwähnten Symbole auf durchscheinendes Pergament zu übertragen, das ich über Euer Original legen wollte, um die möglichen Verbindungen sehen zu können, als mein Blick auf das goldene Herz fiel. Ihr erinnert Euch daran, dass wir zwei Sternbilder auf dem Bild entdeckt haben?“
    Marie nickte.
    „Ich musste nicht nachmessen um zu wissen, dass Spika genau über dem Schmuckstück liegen würde.“
    „Spika?“
    „Der Hauptstern im Sternbild der Jungfrau.“
    „Oh! Wie kommt Ihr denn darauf?“
    „Die Signatur, Demoiselle.“ Er deutete auf die inzwischen freiliegende Signatur des Künstlers auf der rechten unteren Seite des Gemäldes. „Außerdem kenne ich mich mit Sternbildern sehr gut aus.“
    Marie winkte ab. Sie hatte keine Lust auch noch zu ergründen, woher er diese Kenntnisse hatte.
    „Daraus ergeben sich eine ganze Menge Spekulationen, die ich jedoch nicht weiter zu verfolgen wage, Demoiselle.“
    „Warum nicht?” Sie sah ihn erstaunt an. Was sollte das? Jetzt, da sie dem Geheimnis dieses Bildes so nahe waren, wollte er nicht weitermachen?
    „Weil es zu riskant ist.“
    „Was soll daran denn so riskant sein, die Botschaften eines jahrhundertealten Gemäldes zu entschlüsseln!“
    „Wenn sie bedeuten, was ich vermute, ist die Entdeckung des Geheimnisses nicht nur riskant, sie ist geradezu gefährlich.“
    „Ihr denkt an die Herren, die Euch in Tours ausgefragt haben?“
    „Zum Beispiel. Es scheint sich keinesfalls um etwas zu handeln, was vor fünfhundert Jahren abgeschlossen wurde, sondern um etwas, das sich bis in die heutige Zeit fortsetzt. Etwas, von dem genug Leute wissen, dass es existiert. Ich bin mir fast sicher, dass es zumindest einigen davon damals wie heute auch einen Mord wert wäre.“
    „Mord!“
    „Dafür halte ich Hexenverbrennungen nun mal, ja. Auch das Verschwinden meines Vaters erscheint plötzlich in einem anderen Licht.“
    „Warum?“
    „Ich hatte bislang geglaubt, sie hätten ihn beschuldigt, in einer dubiosen Situation das Land verlassen zu haben. Sie könnten aber auch angedeutet haben, dass er …“
    „… ermordet wurde und Ihr auf Euch achtgeben sollt?“
    Julien nickte. Um jedoch von seinen düsteren Gedanken abzulenken, fuhr er fort:
    „Die Verurteilung Roses sehe ich zumindest als geplanten, gut vertuschten Mord.“
    „Schweigt still, Monsieur. Es steht außer Zweifel, dass alle diese Autodafés Morde waren. Sie liegen

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