Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
Vom Netzwerk:
Künstler so liebevoll weich herausgearbeitet hatte, dass man glaubte, die warme Oberfläche des Stoffes spüren zu können, wenn man über die Tempera strich. Um den schlanken, langen Hals lag eine Kette erlesener Perlen, um ihr Handgelenk eine Spange mit Herzanhänger und ihren Initialen RCA.
    „Als die beiden Gemälde sich noch gegenüber hingen“, sagte sie leise, „hat dieser Albert genau auf die Stelle geschaut, an der sich das Herzchen unter der Übermalung befand.“ Sie schaute über die Schulter zu Julien. „Aber nur, wenn man auf dem Stuhl meines Vaters hinter dem Schreibtisch saß.“
    Julien hörte ihr aufmerksam zu.
    „Ihr habt die Symbole kopiert, von denen Ihr spracht?“, fragte Marie unvermittelt.
    Julien zeigte auf seine Leinwand und den Papierbogen, auf denen einige wie zufällig darauf verteilte Punkte zu sehen waren, die Marie nicht das Geringste sagten.
    „Ja, seht hier: Außer den Initialen auf den Brettern der Richtstätte habe ich einen Bären in einem Wappen gefunden, welches den Schlussstein eines Bogenfensters im Turm der Burg zierte. Aber ich habe in Eurem Schloss nirgends den Hinweis auf ein solches Wappentier gefunden.“
    „Auch mir ist der Bär als Wappentier meiner Familie nicht bekannt“, antwortete Marie. „Vielleicht gehört er zu Eurer Familie?“
    „Nein, sicherlich nicht.“ Er warf ihr einen schnellen Blick zu, den Marie jedoch geflissentlich übersah. Sie wollte nicht wieder über Standesunterschiede mit ihm diskutieren.
    „Wofür steht der Bär?“ Sie legte unbewusst die Hand auf das Goldherz, welches sie an einer Kette um den Hals trug.
    „Das weiß ich leider nicht“, gestand Julien. „Aber ich werde es herausfinden.“ Er zeigte auf ein weiteres Symbol, das er gefunden hatte. „Eine Rose. Diese Blume taucht mehrmals auf. Seht Ihr?“
    Maries Blick folgte dem Zeigefinger, mit dem Julien die gemalten Blumen berührte.
    „Was ist denn so bemerkenswert an einer Rose?“, wollte Marie wissen.
    „Sie symbolisiert unter anderem die wehrhafte Jungfrau“, erklärte er schmunzelnd und warf ihr einen schnellen Blick zu. „Wenn sie jedoch rot ist -“, er unterbrach sich und zeigte auf eine andere Stelle, um von diesem Thema abzulenken. „Hier seht Ihr eine Krone auf dem Tor der Stallungen, und genau darunter wächst eine Lilie, die der Bourbonen-Lilie verblüffend ähnlich sieht. Warum sollte jemand eine Krone auf eine Stalltür malen, und weshalb sollte eine Lilie direkt davor wachsen?“
    „Ich hätte die Blumen niemals bewusst gesehen“, sagte Marie und sah gebannt auf die Leinwand mit den verschieden farbig gemalten Punkten darauf. „Von Weitem sieht das alles aus wie ein blasser Sternenhimmel mit weißen, blauen und roten Sternen.“
    „Voilà!“ Julien schlug sich mit der Hand an die Stirn. „Das ist es! Der Sternenhimmel! Seht nur, hier ist er wieder, der Große Bär! Und da das Sternbild der Jungfrau! Gütiger Himmel, dieses Gemälde ist nicht nur ein Hinweis auf etwas , es ist ein ganzes Buch! Jedes Symbol ist so angeordnet, dass es zusammen mit den übrigen nicht nur einen Ausschnitt aus dem nördlichen Sternenhimmel darstellt, es scheint auch, als stünden die einzelnen Symbole wiederum in Verbindung mit dem Sternzeichen, von dem sie einen Teil bilden!“
    „Das klingt sehr kompliziert und ist Hinweis worauf?“
    „Das ist bislang das Geheimnis meines Vaters. Aber ich bin sein Sohn, und ich werde herausfinden, was er mit diesem seltsamen Bild sagen wollte.“
    „Und wem.“
    „Das ist die nächste Frage, ja. Aber ich denke mir, es ist ohnehin nur für den von Bedeutung, der es entschlüsseln kann.“
    „Oder umgekehrt: Nur der, für den es von Bedeutung ist, kann das Geheimnis lüften. Wer sagt denn, dass wir etwas damit zu tun haben?“ Marie erinnerte sich schaudernd einiger Passagen des Gerichtsprotokolls, in dem ähnliche Zitate gestanden hatten. „Vielleicht sind diese Hinweise gar nicht für uns bestimmt? Vielleicht bedeuten sie überhaupt nichts und Ihr habt Euch mit Eurer Vermutung geirrt?“
    Marie klapperte vor leisem Entsetzen mit den Zähnen. Sie fror mit einem Mal erbärmlich. Was auch immer hinter diesen ganzen Geheimnissen stecken mochte machte ihr Angst. Schnell steckte sie ihre kalten Hände in die Taschen ihres Kleides.
    „Seht Ihr? Jetzt seid Ihr es, die zweifelt!“. mutmaßte Julien.
    „Nun ja?“
    „Sollen wir es einfach dabei belassen?“ Er hatte ihre Angst gesehen und verstand, was in ihr vorging.
    „Nein, auf

Weitere Kostenlose Bücher