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Die Rose von Angelâme (German Edition)

Die Rose von Angelâme (German Edition)

Titel: Die Rose von Angelâme (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Mayer
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war es kurz vor acht Uhr geworden, und eine kleine, verschlafene Gestalt erschien in der Tür.
    „Marie!“ Christina streckte beide Arme nach dem Kind aus, das strahlend auf sie zu lief, und drückte es an sich. „Ausgeschlafen?“
    „Ausgeschlafen!“, bestätigte die Kleine und gähnte herzhaft dazu. Sie warf einen neugierigen Blick auf den Besucher, lächelte verlegen, rutschte auf Christinas Knie und kuschelte sich in deren Arme, wo sie sofort wieder einschlief.
    „Was haben Sie herausgefunden?“, fragte Simon leise.
    „Dass mein Mailpartner ganz wild darauf ist, das Bild der Dame im roten Samt im Original zu sehen“, antwortete Christina ebenso leise.
    „Warum haben Sie ihn überhaupt angerufen?“
    „Es geht mir wie Ihnen: Alles ist so vage, so vordergründig, unzusammenhängend, und trotzdem denke ich, da steckt etwas Großes dahinter. Ich möchte da anfangen, wo es konkrete Hinweise geben könnte: bei diesem Bild. Also hab ich ihn gefragt, ob wir uns persönlich drüber unterhalten könnten, weil ich mehr darüber wissen möchte.“
    „Sie wollen zu ihm fahren? Wollen Sie das Bild mitnehmen?“
    Christina schüttelte den Kopf.
    „Ich werde ein paar Fotos davon machen und auf Originalmaße vergrößern lassen, das ist mir lieber. Wer auch immer Interesse an dieser Sache hat, wird hoffentlich nicht auf die Idee kommen, ich könnte des Bildes wegen wegfahren. Immerhin war ich wegen des Gemäldes im Internet unterwegs wie Roger.“
    Simon verstand und bekam eine Gänsehaut.
    „Wann fliegen wir?“ Er hob seine Lederjacke auf, die noch immer auf dem Boden lag.
    „Wir?“
    „Sie kümmern sich um die Kleine, ich besorge die Tickets. Es ist unauffälliger, wenn ich sie über die ASIC buchen lasse.“ Dabei dachte er an Linda, die fraglos alles Nötige in die Wege leiten würde, ohne dass Leute wie Daniel es zwangsläufig mitbekommen mussten. Daniel hatte gottseidank nichts mit der internen Abrechnungsstelle zu tun.
    „Warum wollen Sie mitkommen?“
    „Ich mache nur meinen Job. Und Sie?“
    „Ein paar Ratten haben meine Freunde umgebracht.“
     
    Als er schließlich mit Christina und der Kleinen in der Warteschlange vor dem Schalter der ALITALIA stand, war er sich völlig im Klaren: Er hatte sich in ein abstruses Hirngespinst verrannt. Wenn er über den Typ in Italien keine plausible Erklärung dafür fand, warum jemand für ein sechshundert Jahre altes Bild zwei oder vielleicht gar drei Morde beging und ein Goldherzchen klaute, würde er seinem Chef eine ziemlich gute Geschichte dazu erzählen müssen, weshalb er auf Firmenkosten nach Italien geflogen war – zusammen mit einer Frau und einemKind …

Zweites Buch

Südfrankreich, Frühherbst im Jahre des Herrn 1304
    Pierre de Mézeray wurde unruhig. Er sah hinüber zu den Reitern, die sich zwischen einigen kahlen Sträuchern zu seiner Rechten niedergelassen hatten, und winkte nach einem von ihnen. Ein Bursche, der wohl knapp zehn Lenze zählte, löste sich aus der Gruppe, um dem Befehl des Adlatus Folge zu leisten.
    „Kümmere dich darum, dass die Pferde bereitstehen“, sagte Pierre leise, als er vor ihm stand.
    „Die Pferde stehen doch längst bereit“, antwortete der Junge mit gedämpfter Stimme und einem Kopfnicken in Richtung der beiden Männer am Rande einer kleinen Baumgruppe, die in der schnell aufziehenden Dämmerung kaum noch auszumachen waren. Das Gehöft, welches sich daran anschloss, lag bis auf den matten Lichtschein hinter den hölzernen Verschlägen zweier Fenster bereits im Dunkeln.
    „Gut“, sagte Pierre und bedeutete dem Jungen, sich wieder zu entfernen. Er wusste, die Männer bei den Pferden würden den Kopf schütteln über seinen dummen Eifer. Er stand noch nicht lange in den Diensten des Königs und machte sich in seinem angestrengten Bemühen um gute Arbeit immer wieder lächerlich.
    Pierre drehte sich um und sah zu den beiden Männern hinüber, die sich außer Hörweite angeregt unterhielten.
    Lasst euch nicht mehr allzu lange Zeit, bat er sie im Geiste und beobachtete aufmerksam den Himmel. Nicht ein Stern war zu sehen. Das Firmament hatte sich innerhalb kurzer Zeit mit schwarzen Wolken zugezogen. Irgendwo in der Ferne grollte der Donner. Ab und zu flimmerte ein Wetterleuchten über den Wipfeln der Bäume, die den Horizont säumten.
    Pierre bekreuzigte sich. Ein Gewitter zu dieser vorgerückten Jahreszeit bedeutete nichts Gutes, brachte meistens verheerende Regenfälle und die Gefahr mit sich, dass ganze Landstriche

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