Die Rose von Asturien
mächtig geworden, als dass man ihn würde zwingen können, einem von ihr erwählten Ehemann den Platz zu räumen.
Um sich von diesen unangenehmen Gedanken abzulenken, wollte sie zur Sänfte hinausblicken, fand aber die Vorhänge festgebunden. Nur nach hinten gab es einen schmalen Spalt, der den Blick auf die Straße freigab. Zunächst sah sie niemanden, da Fadls Männer jeden wegscheuchten, der ihren Weg kreuzte. Dann aber entdeckte sie Konrad. Fadl hatte ihn erneut an den Schwanz seines Pferdes binden lassen, nur war der Strick diesmal nicht um den Hals geschlungen worden, sondern um die nach vorne gefesselten Hände. Außerdem steckte er in einem einfachen, sauberen Kittel, der ihm bis zu den Waden reichte. In Maites Augen sah er frischer aus, als sie befürchtet hatte, und sie hoffte, Fadls Zorn habe sich so weit gelegt, dass er Konrad in Zukunft wie jeden anderen Sklaven behandeln würde.
Als die Gruppe die Straße verließ und unter einem gemauerten Torbogen hindurch in Fadl Ibn al Nafzis Anwesen einbog,hielt Maite Ausschau nach ihren Landsleuten, die als Gäste bei dem Berber weilen mussten. Doch sie konnte nur einen gepflasterten Hof erkennen, auf dem ihre Eskorte zurückblieb, während die Träger ihre Sänfte in einen kleinen Innenhof trugen und sie dort absetzten. Danach verschwanden die Männer wieder. Statt ihrer erschienen ein in ein weites, langes Hemd gekleideter Eunuch und mehrere Sklavinnen in schlichten Kitteln.
Der Eunuch öffnete die Sänfte und forderte Maite mit einer Handbewegung auf auszusteigen.
Zögernd gehorchte sie. Ihre Ankunft hier hatte sie sich anders vorgestellt. Sie hatte fest damit gerechnet, ihre Landsleute hier anzutreffen. Denn auch wenn ihre Freundschaft zu Danel erkaltet war, hätte sie doch gerne mit ihm gesprochen, um zu erfahren, ob er Asiers Verlust verschmerzt hatte. Andererseits war sie froh, dass ihr der Anblick ihres Onkels erspart blieb.
Eine Berührung am Arm riss sie aus ihren Überlegungen, und sie folgte dem Eunuchen ins Haus. Es war schlichter eingerichtet als der Palast des Emirs. Auch erschienen ihr die Korridore viel schmaler, und die Kammer, in die sie gebracht wurde, war gerade groß genug für ein Bett, einen kleinen Tisch und mehrere Sitzkissen. Als sie sich umsah, entdeckte sie hinter einer Tür noch eine kleine Stube mit zwei Truhen sowie einen weiteren Raum mit einer hölzernen Wanne. In einem abgetrennten Teil gab es sogar einen Abtritt, dessen Öffnung mit einem großen Holzdeckel verschlossen werden konnte.
Insgesamt verfügte sie über weniger Platz als in dem Palastzimmer. Auch waren die Wände bis auf ein paar vereinzelte Wandteppiche kahl und der Boden nicht durchgehend mit weichen Teppichen bedeckt, so dass an vielen Stellen die gelblichen Steinplatten zum Vorschein kamen. Es war keine anheimelnde Umgebung, und sie tröstete sich, dass sie hier nur für kurze Zeit zu Gast sein würde.
Eine Dienerin brachte ihr zu trinken und einen kleinen Imbiss, wobei sie Maite durchdringend musterte. Ohne ein Wort verließ sie sie wieder. Wahrscheinlich war die Frau einfach nicht gewohnt, eine christliche Waskonin hier zu sehen, sagte sich Maite und aß mit gutem Appetit. Kurze Zeit später wurden die leeren Schüsseln wieder abgeholt. Da die Dienerin auch diesmal kein Wort sagte, versuchte Maite sie zum Sprechen zu bewegen.
»Es hat mir gut geschmeckt!«
Die andere nickte nur und verschwand, als sei sie in Eile.
»Seltsame Sitten«, murmelte Maite und ärgerte sich, weil sie anscheinend auch diesen Aufenthalt in völliger Abgeschiedenheit würde verbringen müssen. Da sie Durst hatte, schenkte sie sich einen Becher mit dem Fruchtsorbet ein und setzte sich ans Fenster. Es blickte ebenfalls in einen Garten, doch dieser war recht klein und so schmal, dass sie einen Olivenkern gegen die gegenüberliegende Wand hätte spucken können. Es wuchsen nur drei Bäume darin, ein paar Büsche und einige Blumen, die zum größten Teil bereits verblüht und zwischen wucherndem Unkraut fast verschwunden waren. Offensichtlich kümmerte sich niemand darum.
Noch während sie hinausstarrte, wurde die Tür geöffnet, und Fadl Ibn al Nafzi trat ein. Er trug ein weißes Hemd und einen bequemen Hausmantel sowie einen Gürtel, in dem ein krummer Dolch steckte.
Sein Erscheinen überraschte Maite. Noch mehr verwunderte sie sein musternder Blick. Sie versteifte sich und lehnte sich mit dem Rücken gegen die kahle Wand.
»Zieh dich aus!«, befahl er.
Maite glaubte, nicht
Weitere Kostenlose Bücher