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Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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konnte, ertönte der Warnruf eines Wächters. Er klang jedoch eher gelangweilt, denn zwei Frauen stellten selbst für ein kleines Bergdorf keine Gefahr dar, und es mochte sogar sein, dass die unbesonnenen Geschöpfe versklavt wurden, falls sie keinem befreundeten Stamm angehörten.
    Das war Maite bewusst, aber sie hatte genügend Freunde bei den benachbarten Stämmen und fühlte sich daher sicher. Ihrer Erfahrung nach konnten ihr eher die Burschen aus Askaiz gefährlich werden. Mehr als einer hatte bereits versucht, sie mit handgreiflicher Überredung in die Büsche zu zerren, um sie auf diese Weise an sich zu binden. Doch ihre Gewandtheit mit dem Dolch hatte bislang genügt, selbst den heißblütigsten Verehrer abzukühlen. Der eine oder andere wäre dem Stamm sogar als neuer Häuptling willkommen gewesen. Doch Maite wollte nur den Mann akzeptieren, der ihr gefiel, auch wenn das bedeutete, dass ihr Onkel noch ein paar Jahre länger als Anführer gelten würde.
    Mittlerweile hatte sie begriffen, dass sie Angst vor der Entscheidung hatte. Wählte sie den falschen Mann, setzte sie ihrenStamm einer Zerreißprobe aus, der er nicht gewachsen sein würde. Und selbst wenn sie einen für die große Mehrheit akzeptablen Ehemann wählte, würde sie mit Okin hart um das ringen müssen, was ihr nach Recht und Sitte zustand. Dabei ging es ja nicht nur um die Macht im Stamm, sondern auch um das Erbe ihres Vaters, das in die Hände ihres Onkels gewandert war, als er sie nach Ikers Tod bei sich aufgenommen hatte. Freiwillig würde er nichts davon herausrücken. Ihr Ehemann musste also nicht nur dem Stamm gefallen, sondern auch in der Lage sein, sich gegen Okin durchzusetzen.
    Während sie wieder einmal die Liste ihrer Bewerber durchging und keinen fand, der ihr geeignet erschien, näherten sie sich dem Dorf, das sich auf einem kleinen Plateau an einen steilen Berghang schmiegte. Der Weg zu dieser natürlichen Festung führte steil nach oben und war so angelegt, dass jeder Angreifer mit Steinen und Pfeilen bekämpft werden konnte. Eine aus Bruchsteinen aufgerichtete Mauer an der Plateaukante verstärkte den Schutzwall. Askaiz war weitaus schlechter zu verteidigen als dieses Dorf, und doch hatte ihr Stamm sich seine Freiheit bewahren können, während die Bewohner dieser Ansiedlung schon vor Jahren unter die Herrschaft des Grafen der asturischen Grenzmark geraten waren.
    Als Maite mit ihrer Gefangenen das aus Stangenholz zusammengefügte Tor erreichte, schwang dieses auf, und eine Horde halbwüchsiger Burschen stürmte mit Gebrüll auf sie zu. Sie hielten dünne Gerten in der Hand und schlugen damit auf die beiden Mädchen ein.
    Während Ermengilda die Hände vors Gesicht hob, um es zu schützen, riss Maite einem der Jungen die Rute aus der Hand und zog sie ihm zweimal kräftig über. »Verschwindet, oder ich mache ernst!«
    Die Burschen starrten sie verwundert an, sahen aber nicht soaus, als wollten sie sich von einem einzelnen weiblichen Wesen vertreiben lassen. Als sich Maites Hand jedoch um den Griff des Kurzschwerts legte, wichen sie zurück.
    Mehrere junge Männer, die den Kindern gefolgt waren, lachten über deren verblüffte Gesichter, und einer von ihnen machte eine Geste, als wolle er die Jungen wie Hühner verscheuchen. »Treibt eure Scherze mit anderen, nicht mit diesem Mädchen! Das hier ist Ikers Tochter Maite, die schon als Achtjährige mehr Mumm in den Knochen hatte, als ihr je haben werdet.«
    »Grüß dich, Unai! Ich freue mich, dich zu sehen.« Maite nickte dem Burschen fröhlich lachend zu und bedachte die Knaben, die jetzt deutlich Respekt zeigten, mit einem spöttischen Blick. »Na, ihr Helden? Gegen wehrlose Mädchen zeigt ihr ja Mut, doch wie sieht das später einmal aus, wenn ihr den Asturiern die Zähne zeigen sollt?«
    Unai grinste breit. »Das mit dem wehrlosen Mädchen soll wohl ein Witz sein! Ich glaube, du wärst imstande, mit jedem von ihnen fertig zu werden.«
    »So wie sie jetzt aussehen, wohl eher mit allen zusammen.« Maite erwiderte das Grinsen und stieß Ermengilda vorwärts. Unais Augenbrauen hoben sich, als er ihre Gefangene erkannte. »Roderichs Tochter! Bei Gott, welch eine Kühnheit, mit ihr durch die Grenzmark zu ziehen.«
    »Was sollte mir hier drohen? Die Asturier fürchte ich nicht, und ihr seid meine Freunde.« Maites Stimme klang unbeschwert, doch sie blieb auf der Hut. Auch hier mochte es Männer geben, die der Ansicht waren, man solle Ermengilda besser ihrem Vater zurückgeben.
    Unai

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