Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Rose von Asturien

Titel: Die Rose von Asturien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
Vom Netzwerk:
erreichte, schüttelte Maite verwundert den Kopf, denn dort wimmelte es von Menschen. Eine Frau entdeckte sie, winkte andere laut rufend herbei, und innerhalb weniger Augenblicke drehten sich alle nach ihr um.
    Mit einer Mischung aus Wut und Trotz trat Maite auf das Haus ihres Onkels zu. Noch bevor sie es erreichte, schwang die Tür auf, und Okin trat mit angespannter, aber auch selbstzufriedener Miene heraus. Seine Frau und Zigor folgten ihm auf dem Fuß. Während Estinne kaum ihre Genugtuung verbergen konnte, wirkte Enekos Gefolgsmann eher besorgt.
    Okin baute sich vor Maite auf. »Da bist du ja! Wo hast du die Asturierin gelassen?«
    »Vielleicht habe ich ihr die Kehle durchgeschnitten und sie in eine Schlucht geworfen!«
    Ihr Onkel starrte sie an, als wolle er die Gedanken hinter ihrer Stirn lesen. Ganz offensichtlich hatte er Angst, dass sie die Gefangene tatsächlich getötet hatte.
    Mit hochrotem Gesicht brüllte er los: »Sag jetzt, was mit Ermengilda ist, oder ich lasse dich bis aufs Blut schlagen!«
    Maites Hand klatschte gegen den Griff ihres Kurzschwerts. »Versuche es, und ich werde dich aufspießen wie einen fetten Wurm!«
    Okin stampfte wütend auf. Wie er seine Nichte kannte, würde sie selbst dann nicht reden, wenn man sie halb totschlug. Zudem würde es sein Ansehen im Stamm gefährden, wenn er sie verprügeln ließ. Allzu viele Stammesmitglieder erinnerten sich noch daran, wie geschunden und zerschlagen das Mädchen nach seiner Flucht aus Roderichs Burg hier angekommen war, und sie hatten nicht vergessen, dass diese Misshandlung ebenso wenig gerächt worden war wie Ikers Tod.
    Mit einem unwirschen Schnauben wandte er sich an Zigor: »Wenn Maite Ermengilda umgebracht hat, so werden dieWölfe und Bären das Fleisch der Asturierin fressen und niemand mehr in der Lage sein, eine Spur von ihr zu finden. Lebt sie jedoch noch, werden meine Männer sie aufspüren.«
    Maite stellte empört fest, dass ausgerechnet Asier und einige ihrer alten Freunde bei diesen Worten am eifrigsten nickten. Das aber würde sich ändern, sobald sie selbst mit Eneko den Preis für Ermengildas Freilassung aushandeln konnte. Aus diesem Grund versuchte sie Zigor klarzumachen, dass sie allein mit ihm sprechen wolle.
    Zunächst hatte Zigor Maites Bemerkung über den Tod der Asturierin ernst genommen, aber ihre Reaktion verriet ihm, dass Ermengilda noch lebte und Okins Nichte ihm den Preis für deren Freilassung diktieren wollte. Er hatte sich jedoch schon zu stark mit Okin eingelassen, um auf die Forderungen eines jungen Mädchens eingehen zu können. Daher sah er über sie hinweg und sprach stattdessen Okin an.
    »Es wird Zeit, dass ich nach Iruñea zurückkehre. Graf Eneko muss erfahren, dass er deinen Stamm auf seiner Seite weiß. Wenn ich wiederkomme, sollte die Rose von Asturien hier sein, und zwar lebend und unversehrt! Anders vermag Eneko euch nicht vor der Rache der Franken zu schützen.«
    »Aber was ist mit …«, Okin zögerte, denn er fürchtete, zu weit zu gehen und alles Errungene zu gefährden, »… mit der Geisel, die wir stellen sollen?«
    »Was sagst du da? Wir sollen Geiseln stellen?« Einer seiner Gefolgsleute spie vor ihm aus.
    Bevor Okin die passende Antwort fand, ergriff Zigor das Wort: »Freunde, es geht leider nicht anders. Der Franke Karl fordert nun einmal Geiseln für unser Wohlverhalten. Selbst Graf Eneko ist davon nicht ausgenommen. Er wird dem König seinen ältesten Sohn übergeben. Euer Häuptling«, er betonte das Wort in einer Weise, die Maite insgeheim kochen ließ, »hat mir angeboten, mir seinen Sohn als Geisel mitzugeben. AberLukan ist noch ein Knabe und außerdem nur Ikers Neffe, während Maite seine Tochter und Erbin ist. Der Franke fordert Geiseln von höchstem Rang. Daher schlage ich vor, dass Ikers Tochter als Geisel mitgeht.«
    In ihrer Erregung hätte Maite den Mann am liebsten für wahnsinnig erklärt. Dann aber begriff sie, dass er ihr damit die Möglichkeit bot, ungefährdet nach Iruñea zu kommen, um mit Eneko persönlich zu sprechen. Sollte dieser selbsternannte Graf sie wirklich zwingen, zu den Franken zu gehen, würden diese sie nicht lange halten können, das schwor sie sich. Dennoch schmerzte es sie, dass die Leute aus Askaiz diesem Vorschlag offensichtlich erleichtert zustimmten. Asier, den sie bis zu diesem Tag für einen Freund gehalten hatte, schien beinahe versessen darauf, sie wegzuschicken, während sein Bruder schamvoll das Gesicht abwandte, als sie ihn

Weitere Kostenlose Bücher