Die Rose von Asturien
hindern sollen. Ich hätte den Kerl erwischt.«
»… und wärst dafür zu Tode geschunden worden! Nein, Philibert, das lasse ich nicht zu. Wir sind Waffenbrüder.«
Philibert blickte Konrad sinnend an und war gerührt, als er dessen treuherzigen Gesichtsausdruck sah. Er fragte sich, ob er selbst eingegriffen und Konrad vor einer Dummheit bewahrt hätte, wenn die Positionen vertauscht gewesen wären. Zudem begriff er, dass Graf Ewards Tod von dritter Hand ihmebenfalls nichts genützt hätte, denn der König würde die junge Dame unverzüglich einem anderen hohen Herrn im Frankenreich anvermählen. So oder so gab es keine Hoffnung für ihn, dieses wunderbare Wesen sein Eigen nennen zu dürfen.
Als Philibert sich in seiner Schwäche an Konrad festhielt, erinnerte Roland sich, dass der Mann verwundet war, und rief mit lauter Stimme einen Wundarzt. Ein älterer Mann in einem wallenden blauen Gewand und mit einer randlosen Kappe aus Filz auf dem Kopf kam so gemessenen Schrittes herbei, dass kein Härchen seines langen, ins Graue übergehenden Bartes aufstob.
»Meister Simon, kümmert Euch um Herrn Philibert.«
Simon verneigte sich und gab einigen Knechten die Anweisung, Philibert in sein Zelt zu bringen.
Dieser stieß ein ärgerliches Knurren aus. »Ich kann auf meinen eigenen Beinen stehen!«
Um seine Worte zu beweisen, löste er sich aus Konrads Griff, stolperte aber schon beim zweiten Schritt und war froh, dass Konrad und der Wundarzt ihn packten, bevor er im Staub lag.
2.
N
achdem Meister Simon und dessen Gehilfe Philibert fortgeführt hatten, wandte Konrad sich an Roland. »Weshalb lagert Ihr ein ganzes Stück von Pamplona entfernt? Ich dachte, Graf Eneko habe sich König Karl unterworfen.«
»Mit dem Maul hat er es getan, doch seine Taten verraten seine Doppelzüngigkeit. Der verdammte Waskone hält die Tore seiner Stadt vor uns geschlossen und versorgt uns weder mit Nahrungsmitteln, wie er es versprochen hat, noch unterstellt er seine Krieger meinem Kommando.« Rolands Stimme zittertevor Wut, und Konrad ahnte, dass sich einige hässliche Szenen abgespielt haben mussten.
Der Markgraf konnte mit noch mehr schlechten Nachrichten aufwarten. »Auch warten wir bislang vergebens auf den Heerbann aus Asturien, der sich uns hier anschließen wollte. König Silo hat sich durch Boten entschuldigen lassen, weil er einen Aufstand in Galizien niederwerfen müsse.«
Ein düsterer Blick streifte Ramiro, der als einziger Asturier von Bedeutung im Lager weilte. Dieser achtete jedoch nicht auf Roland, denn er war überglücklich, die Tochter seines Herrn gesund und unversehrt vor sich zu sehen. Am liebsten hätte er sie umarmt und wie ein kleines Kind an sich gedrückt. Um Herr seiner Gefühle zu werden, fasste er nach ihrer Hand und stammelte immer wieder, wie froh er sei, sie in Sicherheit zu wissen.
Für Ermengilda war er ein Teil ihrer Heimat, die sie verloren geglaubt hatte, und sie stellte Fragen über Fragen, um zu erfahren, wie es ihrer Familie erging. Ramiro senkte betrübt den Kopf. »Eure Mutter hat das Kind verloren, das sie trug. Gott sei es geklagt! Es wäre ein Knabe geworden, und sie ist untröstlich darüber. Natürlich ist sie auch krank vor Sorge um Euch! Euer Vater hätte Euch sicher gesucht, doch er weilt auf König Silos Befehl in Galizien, um einen weiteren Aufstand von Mauregato niederzukämpfen. Eure Magd und die meisten Männer aus Eurer Begleitung sind wieder frei. Nur der Franke Gospert ist nicht mehr am Leben. Zwar ist er den Waskonen glücklich entkommen, doch er muss einer maurischen Streifschar in die Arme gelaufen sein. Man hat ihn von Pfeilen gespickt jenseits der Grenze gefunden.«
Obwohl Ermengilda Gospert nur flüchtig gekannt hatte, bedauerte sie dessen Tod und sprach ein kurzes Gebet für ihn. Danach wandte sie sich Eward zu, der zu ihrer Verwunderung keinerlei Anstalten machte, sich ihr zu nähern, und fröstelteplötzlich. Er richtete seine Blicke überallhin, nur nicht auf sie, seine Braut, und wenn er sie doch einmal ansah, so glaubte sie, in seiner Miene Widerwillen und Abscheu zu lesen. Galt das wirklich ihr oder nur dem zerrissenen, schmutzigen Kittel, in dem sie steckte, und ihrem verfilzten Haar? Er schien sie abzulehnen. Das verunsicherte sie, denn Ramiro hatte ihr erklärt, dass diese Ehe so rasch wie möglich geschlossen werden sollte, um die Franken zu Verbündeten zu machen.
Nachdem König Karl die Bayern und Langobarden unterworfen und Aquitanien samt der
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