Die Rose von Asturien
sah selbst, dass dieser Kriegszug nicht nach Karls Wünschen verlief. Sowohl Eneko von Pamplona wie auch Silo von Asturien hatten ihm die versprochene Unterstützung verweigert, und aus der Gascogne waren weitaus weniger Krieger erschienen, als der König erwartet hatte. Dazu kam, dass die maurischen Fürsten, die laut Suleiman Ibn al Arabi angeblich nur darauf warteten, sich König Karls Herrschaft zu unterwerfen, noch nicht einmal einen Boten gesandt hatten.
»Bis jetzt ist alles schiefgelaufen«, murmelte Roland.
Damit irritierte er nicht nur Bruder Turpinius, der den Faden verlor und mit dem Trausegen noch einmal von vorne begann, sondern auch Konrad. »Wie meint Ihr das, Herr?«
Roland durchbohrte ihn mit seinem Blick. »Vergiss, was ich gesagt habe! Sag mir lieber, wer die andere Dame ist, die du mitgebracht hast.«
»Sie heißt Maite und soll die Tochter eines waskonischen Anführers sein. Ich fand sie bei Ermengilda.« Konrad wusste selbst nicht, weshalb er verschwieg, dass Maite die junge Asturierin gefangen gehalten hatte.
Rolands Augenbrauen wanderten ein Stück nach oben. »Maite von Askaiz? Von der habe ich schon reden hören. Sie gehört zu den Geiseln, die Eneko stellen sollte. Ich werde ihn daran erinnern müssen. Du aber sorgst jetzt dafür, dass Maite ihrem Rang gemäß behandelt und untergebracht wird.«
Wäre Konrad befohlen worden, sich um Ermengildas Wohlergehen zu kümmern, hätte er es mit Freuden getan. Maite aber war im Vergleich zu der lieblichen Rose von Asturien nur eine Distel und rechthaberisch dazu, und er wäre ihr am liebsten aus dem Weg gegangen. Doch er wagte es nicht, sich dem Willen seines Feldherrn zu widersetzen, und trat auf die Waskonin zu.
»Komm mit!«
»Wohin?«
»Ich lasse dir ein Quartier anweisen. Wer führt die Aufsicht hier im Lager?« Der letzte Satz galt einem Knecht, der gerade an ihnen vorbeiging.
Statt seiner antwortete Roland. »Das macht Herr Anselm, der dort hinten kommt.« Er winkte den Mann zu sich, und kurz darauf standen Konrad und Maite in einem größeren Zelt, das seiner Ausstattung nach für weibliche Bewohner vorgesehen war.
Maite begriff, dass hier die Mädchen hätten schlafen sollen, dieEneko von Iruñea – oder Pamplona, wie die Asturier und Franken sagten – als Geiseln hätte stellen müssen. Das Wiedersehen mit den Gänsen, die sie vor ihrer Flucht aus Enekos Palast hatte ertragen müssen, war ihr so lieb wie die Krätze, und sie nahm sich vor, sich so bald wie möglich eine andere Unterkunft zu verschaffen, um nicht mit diesen hirnlosen Geschöpfen in einen Topf geworfen und wie eine Gefangene behandelt zu werden. Als sie jedoch den Kopf zum Zelteingang hinausstreckte, sah sie, dass Wachen davor aufgezogen waren, und sie begriff, dass sie den Franken nicht so leicht würde entkommen können wie Enekos Leuten.
Missmutig wandte sie sich an Konrad. »Ich brauche Wasser zum Waschen und saubere Kleider.«
»Ich werde mich darum kümmern.« Konrad war froh, das Zelt verlassen zu können, und machte sich auf die Suche nach Anselm von Worringen, um diesem Maites Wünsche zu überbringen und ihn zu fragen, wo er und seine beiden Begleiter unterkommen konnten. Es wäre zwar Hildigers Aufgabe gewesen, ihm einen Platz zuzuweisen, doch er würde sich eher die Zunge abbeißen, als Ewards Stellvertreter um irgendetwas zu bitten.
3.
S
ie war keine Gefangene mehr. Aber dies war das einzig Gute, das Ermengilda ihrer neuen Situation abzugewinnen vermochte. Ansonsten missfiel ihr alles um sie herum, angefangen von den fränkischen Weibern, die man ihr als Dienerinnen zur Verfügung gestellt hatte und die nur den rauhen, ihr unverständlichen Dialekt des fränkischen Nordens sprachen, bis hin zu dem Badewasser, das sie als viel zu heiß empfand. Auch die Seifen, Salben und Duftwässer, die die Mägde herbeischleppten,wirkten auf sie sehr fränkisch. Kein asturisches Mädchen, das etwas auf sich hielt, hätte so ein Zeug verwendet.
Ermengildas unverständliches Nörgeln und ihre abwertenden Gesten rief bei den Dienerinnen verständnisloses Kopfschütteln hervor. Schließlich tippte eine von ihnen sich hinter ihrem Rücken an die Stirn. »Erst hat man die Dame in einem alten, stinkenden Kittel ins Lager gebracht, und nun stellt sie sich an, als wäre sie die Braut unseres Königs«, raunte sie ihrer Freundin zu.
Diese schüttelte den Kopf. »Im letzten Jahr durfte ich Frau Hildegard bei dem Feldzug gegen die Sachsen und später auch auf dem
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