Die Rose von Byzanz
„Ich schlafe jede Nacht neben dir.“
„Ja“, erwiderte sie heftig. „Aber du schläfst nicht mit mir. Wir teilen das Lager, doch rührst du mich nicht an. Und wenn, dann zuckst du zusammen, als hätte ich eine ansteckende Krankheit. Als wäre ich eine Aussätzige.“
Er schwieg betroffen.
„Ich dachte, es wäre dir nicht recht“, sagte er schließlich leise. „Ich habe geglaubt …“
Nichts wäre mir lieber, als in deinen Armen endlich zu vergessen. In deinen Armen zu spüren, dass ich geliebt werde. Dass wir geliebt werden.
Sie sagte es. Blickte ihn von der Seite an, fragend. Es dauerte ein paar Augenblicke, ehe die Worte in ihrer Bedeutung zu ihm durchdrangen; dauerte, bis er verstand, was sie andeutete.
Seine Hand nahm ihre. „Ist das wahr?“
Sie nickte. Die Anzeichen waren allzu deutlich: ihre Brüste geschwollen und empfindlich, die ausbleibende Blutung. Und inzwischen glaubte sie zu spüren, wie ihr Bauch sich wölbte. Nicht mehr lange, dann würde sie das zarte Flattern des Ungeborenen spüren, das um sich trat.
„Warum hast du mir das nicht gesagt?“
Weil in den letzten Monaten zu vieles hier gesagt wurde. Weil zu viel passiert ist. Weil Hallgrim sich noch immer an das Leben klammert und manchmal seinen besten Freund nicht erkennt im Fieberschmerz.
Stattdessen sagte sie nur: „Wenn es ein Junge wird, soll er Hallgrim heißen.“
Eirik umarmte sie; sein Mund vergrub sich in ihrem Haar. Kurz nur flackerte das Bild eines anderen Mannes vor ihrem inneren Auge auf, der sie maliziös anlächelte. Der ihr Haar mit gierigem Blick betrachtete, weil er sich vorstellte, wie es in Flammen aufging.
Wie schon viele andere Bilder konnte sie auch dieses schnell wieder dorthin verbannen, wo es hingehörte: in ein Meer des Vergessens.
Sie sanken hintenüber aufs Bett. Eirik schmiegte sich an ihren Rücken, seine Hände umfingen ihre Taille, strichen über ihren Bauch. Seine Lippen liebkosten ihren Hals, er drängte sich an sie. „Das ist das Schönste, was du mir hast schenken können.“
Sie lächelte. Ihre Hände legten sich auf seine, sie ließ sich in seinen Armen wiegen.
Danach war es nicht mehr schwer. Sie brauchten keine Worte, sondern ließen ihre Körper sprechen. Eirik half ihr aus dem Kleid, warf es ebenso beiseite wie seinen Kittel, seine Hose und die Stiefel. Ihre Schuhe klapperten auf dem Dielenboden. Seine Hände fuhren heiß unter ihr Hemd, ihr Körper war kalt, und er deckte fürsorglich Felle und Decken über sie. In dieser Höhle schmiegten sie sich nackt aneinander und warteten, bis ihre Körperwärme das kleine Nest aufheizte. Erst dann begannen seine Hände, nicht bloß ihren Bauch und ihre Hüften zu liebkosen und ihre Brüste zu umfassen. Er ließ seine Finger in ihre Nässe tauchen, rieb seine Hand an ihrer Klitoris. Sie seufzte, drückte sich an seinen harten Schwanz und wünschte, es möge ewig so sein.
Er war besonders behutsam, vorsichtig und zärtlich, als fürchtete er, sie könnte in seinen starken Armen zerbrechen. Und als sie ihre Schreie im Kissen verbiss, legte sein Mund sich an ihr Ohr. Er sagte nichts.
Aber das brauchte er auch nicht. Sie wusste ohne Worte, dass dieser Moment sich ihnen einbrannte als ein Neuanfang. Dieser Moment, dieser Höhepunkt prägte sich ihr ein, löschte die letzten schrecklichen Erinnerungen aus und ließ verblassen, was ihr einst den Verstand geraubt hatte.
Als sie kam, schrie sie seinen Namen.
Eirik ließ seinen Blick über die glatte Fläche des Sees schweifen.
Sie waren fast zu Hause.
Es war Frühling geworden, und nördlich von Uppsala wurden die Wiesen grün, erste Kräuter verbreiteten ihren würzigen Duft. Der Himmel war hell und weit, die Tage streckten sich, bis sie um Mittsommer kein Ende nahmen und keinen Anfang.
Das kleine Boot, das sie über den See brachte, war voll beladen. Neben dem halben Dutzend Schafe und zwei Truhen mit Johannas Aussteuer waren auch zwei Männer bei ihnen, die auf Eiriks Hof Arbeit suchten. Sie ruderten mit festem, gleichmäßigem Schlag, während Johanna im Bug hockte, zwischen all den Schafen, und ihren geschwollenen Leib mit beiden Händen umspannte. Sie hatte darauf bestanden, die Reise gen Norden trotz ihrer Schwangerschaft anzutreten, und Eirik hatte über ihre Unvernunft gelacht, doch dann alles in seiner Macht Stehende getan, damit sie vor der Geburt des Kindes Svea erreichten.
Es schien geglückt; bis zum Hof seiner Eltern lag nur noch wenig Weg vor ihnen. Heute Abend schon
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