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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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geht!«
    »Dann wärst’ ja blos der Wäsch’engel! Aber sag, warum legst’ sie hier auf die Wies’ und net in den Gart’n, wo es bequemer ist?«
    »Wir hab’n dort kein Wasser. Der eine Brunnen wird reparirt, und der andre, den der Vater ganz nur allein gegrab’n hat, giebt keinen Tropf’n, weil er in den Stoll’n gestoß’n ist, der unter dem Hof fortgeht. Wir dürf’n davon gar net red’n, sonst wird der Vater bös; er sagt, die Leut’ lach’n ihn aus, wenn sie hör’n, daß er Wasser gesucht hat da, wo keins zu find’n ist.«
    »Wie alt ist dieser Brunnen?«
    »So alt, als ich auf dem Feldhof bin. Er grub ihn gleich in der erst’n Zeit und nur bei Nacht.«
    »So weiß die Gemeind’ gar nix davon?«
    »Nein, weil’s zu viel’ Umständ’ macht. Nur die Mutter hat’s gewußt und ich. Die Mündung ist in der Hinterkammer neb’n der Scheun’, wozu er nie den Schlüssel herausgiebt. D’rum also muß ich auf die Wies’.«
    »Und das ist gut, Martha, sonst hätt’ ich Dich jetzt net gesehn!«
    »’Wirst mich auch heut am Abend sehn, wenn ich es möglich mach’n kann. Er geht wieder um Acht zur Ruh.«
    »Ja komm’, Martha! ‘Wirst große Freud’ anricht’n. Und sollt’ ich net sofort daheim sein, so komm’ ich sicher, noch eh Du wieder gehst. Leb’ wohl!«
    »Leb’ wohl, Frieder!«
    Sie blickte ihm nach, wie er dem Braunen die Sporen gab und in eleganter Sicherheit auf demselben über die breiten Gräben setzte. Wie war er doch so ganz anders als die Männer, welche sie bisher kennen gelernt hatte, besonders aber als der Vater! Sie durfte ihm gar nicht erzählen, wie dieser sie und die Mutter am Montag mißhandelt hatte. Es war noch viel ärger gewesen als sie angedeutet hatte, und wenn sie auch den eigentlichen Grund nicht kannte, der den Feldbauer über den nächtlichen Gang Frieders in solche Wuth versetzt hatte, sie wußte doch, daß diese Zornesergüsse wiederkehren würden, da es nicht in ihrer Absicht lag, dem wilden Manne das jung emporsprossende Glück ihres Innern zu opfern.
    Frieder kam nach Hause. Er mußte darüber lächeln, daß seit seinem Hiersein ihn der Waldkönig fast mehr in Anspruch nahm als das Bachgut. Er war abermals gezwungen, den Feldbauer zu belauschen und zwar ohne Verzug, und konnte daher den Eltern nur kurze Auskunft ertheilen.
    »Nun, wie war’s auf dem Amt’?« frug der Vater.
    »Ganz wie ich’s gedacht hab’. Sie wollt’n Alles wiss’n’, ich hab’ ihnen aber blos gesagt, daß ich mich weg’n dem König vermaskir’. Dann mußt’ ich von Euch erzähl’n und bekam darauf die Erlaubniß, zu thun, was ich für gut halt’.«
    »Ja, warum sagst’ doch net, was Dir arrivirt ist im Wald? Wenigstens uns kannst’s doch erzähl’n. Wir sind gar sehr erschrock’n, als wir hört’n, daß Du es machst wie der Franz; ‘wirst uns wohl auch so ein Herzeleid bringen wie er. Was soll d’raus werd’n?«
    »Nix Anders als daß ich den König fang’, Vater; d’rauf kannst’ Dich verlass’n!«
    »Ja, grad so wie der Franz und ich! Dann wirst eines Tag’s am Baum gefund’n oder Du kommst eines Morgens heim ohne Aug’ und Licht.«
    »Vater, sorg’ Dich net! Ich bin groß und alt genug, um zu wiss’n, ob ich sicher geh –«
    »Ich war’s auch!«
    »Und grad jetzt nun weiß ich ganz genau, daß er mir nix schaden kann. Er ist schon fest in meiner Hand.«
    »Fest – in Deiner Hand –?« Der Blinde sprang auf, und auch die Mutter trat hinzu. Sie hatte das Wort noch nicht ergriffen, weil der Vater ja auch ihre Gedanken aussprach. »Ist’s wahr, Frieder, sag’ schnell, ist’s wirklich wahr?«
    »So wahr als ich vor Euch steh!«
    »So red’, wer ist’s? Schaff’ ihn mir zur Stell’, rasch, jetzt gleich, damit mein täglich Gebet Erhörung find’ und ich ihn unter mir zerdrück’, wie der Funk’ zerstiebt unter dem Hammer, der Eis’n zermalmt. Sag’ ihn, bring’ ihn; ich will ihn hab’n, ich muß ihn hab’n, sofort und ohn’ Verzug!«
    Ein einziger Augenblick hatte den alten Mann in eine Aufregung versetzt, die ihn alles Andre vergessen ließ. Frieder versuchte, ihn zu besänftigen:
    »Du sollst ihn hab’n, Vater, aber jetzt noch net. Es ist noch net die recht’ Zeit dazu!«
    »Die recht’ Zeit ist stets, ist immer, ist sofort! Oder weißt noch net, wer’s ist?«
    »Ich weiß es; aber eh’ ich den Namen nenn’, muß der Beweis vollständig sein und ohne Lück’. Drum hab’ noch eine kleine Zeit Geduld! Du bist der Erst’, der

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