Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
lass’n, dürf’n in das Wirthshaus gehn; Andre aber sollt’ man durch die Polizei fortweis’n!«
»Was ist’s denn mit der Larv’?« frug der Wirth.
»Nix weiter, als daß man die kleinen Spitzbub’n hängt, die groß’n aber lauf’n läßt. Der Buschwebel hat Einen gefangen, der die Mask’ und den Revolver getrag’n hat. Er gehört ganz sicher zum Waldkönig, hat sich aber gut herausgelog’n und wagt’s auch noch, bei Männern zu sitz’n, die keine Mörder und Blender sind!«
»Wer ist’s denn?«
»Ja, da fragst’ mich zu viel. Schau Dich darnach um!«
»Ach so! Warst’ in der Stadt?« forschte der Wirth ablenkend.
»Ja. Das Heu ist mir heuer verregnet, so daß ich mit meiner Ernt net reich’; da es nun jetzt billig ist, will ich mir einen Vorrath hol’n.«
Frieder trank sein Bier, bezahlte und ging. Die Niederträchtigkeit seines Feindes war so ungeheuerlich, daß er sie kaum zu fassen vermochte. Als er an dem Wagen vorüberlenkte, durchzuckte ihn ein Gedanke.
»Ist dem Feldbauer wirklich das Heu vernäßt, so daß er sich welches kauf’n muß? Seine Wies’n trag’n ja grad so gut wie die unsern, und der Bachhof hat doppelt so viel Futter als er verbrauch’n kann! Und warum fährt er selber? Da steckt ‘was dahinter, und er traktirt die Soldat’n net umsonst, so viel ist gewiß. Ich muß ihn auf der Zech belausch’n, wenn er das Heu ablädt!«
Er nahm den Braunen scharf in die Zügel und sah bald das Dorf vor sich liegen. Vor demselben und zwischen der Straße und dem Feldhof erblickte er Martha, welche am Ufer des Baches Wäsche netzte. Er konnte sich diese Gelegenheit, einige Worte mit ihr zu wechseln, unmöglich entgehen lassen und lenkte zu ihr hin.
»Gut’ Arbeit, Martha! ‘Hast große Wäsch’?«
»Ja, da giebt’s zu thun, Frieder. Aber welch ein Glück, daß der Vater net zu Haus’ ist!«
»Weshalb?«
»Es ist uns am Montag gar bös ergangen, Frieder, und so schlimm wie da ist er noch gar nie gewes’n.«
»Weg’n dem Tanz?«
»O nein. Von dem hat er kein Wort gesagt. Aber von weg’n Dem, daß Du dann im Wald gewes’n bist mit dem Revolver und verlarvt.«
»Das weißt’ auch schon?«
»Der Buschwebel hat’s ihm gleich in der Früh’ erzählt, und dann brach das Gewitter los. Frieder, das war schauderhaft! Der Vater hat gesagt, ich sei in Dich – – –«
»Du sei’st – – was denn, Martha?«
»Ich kann’s net sag’n! Dann hat er mich beim Haar ergriff’n und ebenso die Mutter, die mir mit Flehn zu Hülf’ kommen wollt’. Nachher – – –«
»Halt, Martha, erzähl’ net weiter, sonst reit’ ich wieder zurück und zertret’ ihn zu Staub und Brei, wo ich ihn find’! Ich weiß jetzt All’s; das Maß läuft immer voller, und ist der letzt’ Tropf’n hinein, so kommt die Fluth, in der er untergeht!«
»Frieder, ich bitt’ gar schön, thu’s net! Du bist ihm über, das wiss’n All’, aber es kann nix d’raus werd’n als Kummer, Sorg’ und Unheil!«
»Bedauerst’ ihn vielleicht?«
»Er ist ja doch der Vater! Die Mutter wär’ schon längst von ihm, wenn net die Schand’ dabei zu fürcht’n wär’. Sie hat ihn niemals lieb gehabt und wohl auch nimmer acht’n können, und ich, ich zittre, wenn ich ihn nur seh. Aber der Zorn bringt schlimme Frucht, Frieder.«
»Wer sie sä’t, der wird sie ernt’n, Martha; das ist ein göttlich’ Gesetz, daran Niemand das Geringst’ zu ändern vermag. Ich bin ihn auch heut, erst vorhin wieder geflohn, als er mit mir beginnen wollt’, doch wo er mir das Herz antastet, da soll er net auf Nachsicht rechnen. Lieber laß’ ich mir den Hof wegbrennen als Den beleid’gen, den meine Lieb’ umfangen hält! Was hast gedacht bei meinem Gang zum Wald?«
»Der Vater sagt, Du seist der Waldkönig; ich aber hab’ gleich das Richt’ge vernommen: Du hilfst dem Förster. Net wahr?«
»Der hat es mir bezeugt. Jetzt komm’ ich vom Gericht und hab’ den Freipaß für den Wald bei Tag und Nacht.«
»Und wirst auch hinausgehn.«
»Warum sollt’ ich net?«
»Frieder, thu’s net! Es ist jetzt gar viel Gefahr im Wald, und selbst der Tapferst’ kann net sag’n, ob er gut daraus hervorgeht. Es giebt ja Leut’, um deretwill’n Du Dich schonen mußt!«
»’Hast Recht, Martha! Aber es giebt auch einen Engel, der mich beschützt bei jedem Weg, den ich thu.«
»Welcher ist das?«
»Du selbst!«
»Ich? Wo denkst’ hin! Meinst wohl, weil ich bei der Wäsch bin, wo man weiß und sauber
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