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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sprang hinaus. Offen lassen durfte er ihn auf keinen Fall, und nur nach langer Mühe gelang ihm der Verschluß. An der Berglehne traf er ganz unerwartet mit dem Buschwebel zusammen, welcher von weiter oben aus dem Walde kam und so eilig zu haben schien, daß er beinahe von ihm umgerannt worden wäre.
    »Was läufst’ hier im Weg herum!« polterte er mit hochgeröthetem Gesicht, welches sich höhnisch verzog. »’Bist ja mehr im Wald als zu Haus’; aber ich werd’ Dir gar bald das Spazier’ngehn verleid’n!«
    Frieder sah ihn groß an. War der Mann verrückt, daß er nach den Erfahrungen der letzten Zeit noch in diesem Tone sprechen konnte?
    »Feldwebel, mach’n Sie kalte Umschläg’; die Hundstag’ sind vor der Thür!«
    »Ja, die Tag’, wo man die Hund’ an die Kett’ legt und ihnen den Beißkorb giebt. ‘Wirst auch einen bekommen für Dein Herumstreich’n. Und das gar bald; ich sorg’ dafür!«
    Er eilte weiter, geraden Weges auf den Feldhof zu. Vom Flur desselben aus erblickte er den Bauer, welcher eben den Schlüssel an die Brunnenstube steckte.
    »Halt, Bauer, komm her!«
    »Was soll’s?«
    »Eine Neuigkeit, eine wichtige. Komm herauf in meine Stub’, denn hier ist net der Ort dazu!«
    Er schritt voran. Der Bauer folgte ihm halb erwartungsvoll, halb mißmuthig. Er war von ihm in der dringendsten Beschäftigung gestört worden.
    »Nun, Buschwebel, was giebts, daß ich hierher geschleppt werd’?«
    »Ich hab’ ihn; ich hab ihn fest!« antwortete der Gefragte, mit einer Miene im Zimmer hin-und herstolzirend, als habe er eine Schlacht gewonnen.
    »Wen denn?«
    »Ihn und seine ganze Sippschaft!«
    »So sag doch’ wen!«
    »Den Waldkönig!«
    »Bist wohl net bei Trost?« frug der Bauer, die Spannung seiner Züge so viel wie möglich beherrschend.
    »Sogar sehr, ganz ungeheuer bin ich bei Trost! Hab ich Dir’s net gesagt, Feldbauer, daß ich ihn fangen werd’? O, man weiß schon, warum man grad mich herbeigeschickt hat! Und kaum bin ich hier, so ist er auch schon in die Fall’ gerath’n. Der Lieutenant ist mir sicher, und mit der Marthe – hm, hübsch ist sie, und bekommen thut sie auch Etwas mit; aber ein Offizier muß auch Ambition halt’n. Wenn sie einen Andern will, so bekomm’ ich Zehn dafür!«
    »Aber so red’ doch kein solch dummes Zeug, Webel, sondern sprich von der Leber weg! Du hast den Waldkönig? Wo denn?«
    »Beim alten Stoll’n!«
    Der Bauer schrak beinahe sichtbar zusammen.
    »Beim alten Stoll’n! Hast’ ihn wohl schon dort?«
    »Ja, wenigstens so gut, als hätt’ ich ihn schon! Dir kann ich’s erzähl’n, denn Du bist der Letzt’, der ihn warnt. Aber halt’ den Mund, das sag’ ich Dir! Also, ich geh heut in den Wald. Ich hatt’ Etwas viel gespeist und die große Hitze, so daß ich müd zu werd’n begann und es für’s Best’ hielt, mich ein wenig in das Moos zu leg’n. Das war dort auf der Höh’, wo die Stein’ auf der kleinen Lichtung lieg’n. Da kriech’ ich unter die Zweig’, streck’ mich aus und schlaf’ auch richtig ein. Ich weiß net, wie lang ich so geleg’n bin, da wach’ ich auf einmal auf: es raschelt in dem Laub. Rasch blick ich durch die Zweig’, und was seh’ ich? Rath einmal!«
    »Nun!«
    »Ein Mann steht bei dem Gestein, hebt einen Block in die Höh’, blickt darunter, läßt ihn wieder fall’n und geht dann fort!«
    »Was ist’s weiter!« meinte der Zuhörer so gleichgültig wie möglich.
    »Was es weiter ist, das wirst’ gleich hör’n! Ich bin noch net fertig, mir die Sach’ zurecht zu leg’n, da kommt noch Einer, der dasselbe thut, nach zehn Minuten wieder Einer, und so geht es fort, bis ich endlich mich vor Neugierd’ net mehr zu halt’n vermag. Ich nehm’ also die Zwischenzeit gut wahr, spring hin, seh nach, und was hab ich gefund’n, he?«
    »Nur heraus damit; ich bin doch net allwissend!«
    »Unter dem Stein liegt ein Zettel, und darauf steht: Beim alten Stollen, um 10. Was sagst’ dazu?«
    »Das ist ja ganz absonderlich!«
    »Absonderlich blos? Nein, noch viel mehr! Der Waldkönig giebt am Stein seine Bestellung auf; seine Leut’ kommen heut’ an den alt’n Stoll’n; ich hol’ unsere ganze Mannschaft zusammen und fang’ sie all’ mit ‘nander. Weißt’, was das ist?«
    »Glück, ungeheures Glück, und noch dazu im Schlaf, grad’ wie’s im Buch steht! Aber, Buschwebel, nimm’s auch in Acht, daß Dir’s net wieder davonläuft!«
    »Mir net, drauf kannst getrost Gift nehmen!«
    »Hast’ den Zettel

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