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Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ihn von mir empfängt, das will ich Dir versprech’n!«
    Er ging.
    Hinter dem Dorfe, da, wo der Wald sich von der Höhe hernieder zu neigen begann, hatte man einst nach Erz gegraben. Der Ertrag war in der ersten Zeit lohnend gewesen, nach und nach aber so gesunken, daß man den Bau aufgegeben hatte. Noch heut trat die Taubgesteinshalde weit aus dem Berge hervor, um deren Rand sich eine rohe, hölzerne Umzäunung zog zum Zeichen, daß der Zugang für den Unberufenen verboten sei. Der Platz gehörte jetzt zum Areal des Feldhofes, und der jetzige Bauer hatte an Stelle des kleinen, verwitterten Häuschens, welches das Mundloch des noch immer offenen Schachtes bedeckte, eine Scheune errichtet, angeblich um sich bei der Heu-und Grummeternte am Berge die Mühe des Heimbringens zu ersparen. Der Ort wurde noch heut »die Zeche« genannt, und Niemand kam hinauf, um den Argwohn des gefürchteten Feldbauern nicht zu erregen.
    Frieder richtete es ein, daß er von der Forstseite aus die Halde erreichte und an die hintere Wand der Scheune gelangte, wo man ihn vom Thale aus nicht bemerken konnte. Die Thür war verschlossen, das wußte er; doch kostete es ihm keine große Anstrengung, mit dem Messer einen Laden zu öffnen. Er stieg durch diesen in das Innere und verschloß ihn dann wieder. In einer Ecke der Scheune stieg der Schacht in die Tiefe; seine Mündung war mit Brettern belegt. Der übrige Raum war zur Hälfte mit Heu bis unter das Dach angefüllt. Er stieg hinauf und wühlte sich so zwischen die duftigen Bündel hinein, daß er vor Entdeckung sicher sein und doch Alles überblicken konnte.
    Der Feldbauer hatte bald nach Friedern die Schenke verlassen; die Räder seines Wagens knarrten, er öffnete die beiden Flügel des Thores und schob das ungelenkte Fuhrwerk rücklings in die Scheune. Die Pferde blieben unter dem Eingange halten, der eine so geringe Breite besaß, daß Niemand an ihnen vorüber Zutritt nehmen konnte. Nachdem er die Läden einer raschen Besichtigung unterworfen hatte, legte er Jacke und Mütze ab, entfernte die Bretter von dem Mundloche und zog unter dem Heu eine umfangreiche Seilrolle und einen Gegenstand hervor, dessen Zweck Frieder völlig unbekannt war. Er sollte nicht lange über denselben im Unklaren bleiben.
    Nachdem einige Bündel Heu vom Wagen genommen waren, zeigte sich, daß sie nur bestimmt gewesen waren, die eigentliche Ladung dem Auge zu entziehen. Diese bestand in Paketen, kleinen Fässern und Kisten, welche der Bauer mit einer Schnelligkeit ablud, die man seinem massiven Körperbau gar nicht zugetraut hätte. Dann zog er den räthselhaften Gegenstand herbei, welcher aus vier oben in einem Gelenk vereinigten, unten aber sich ankerartig auseinanderbiegenden Eisenstäben bestand, befestigte ihn an das Seil, belud ihn mit einem Theile seiner Fracht und ließ ihn dann in den Schacht hinab.
    Frieder mußte im Stillen die Klugheit seines Gegners anerkennen, welcher eine Vorrichtung erfunden hatte, die das Abladen überflüssig und jede anderweite Hülfe entbehrlich machte. Denn war die Ladung unten angekommen, so stießen die Ankerarme auf den Boden, legten sich auseinander und warfen ihre Last von selber ab; wurde die Vorrichtung dann wieder emporgezogen, so nahm sie ihre vorherige Gestalt an.
    Auf diese Weise waren die Güter bald in dem Schachte verschwunden; der Feldbauer versteckte die beiden Gegenstände unter das Heu, bedeckte das Mundloch wieder, warf das noch vorhandene Futter vom Wagen und fuhr davon, nachdem er das Thor verschlossen hatte.
    »Jetzt nun kenn’ ich das ganz’ Geschäft!« athmete Frieder tief auf. »Hier hält er die Einfuhr’, ohne daß ein Mensch ein Wort davon erfährt oder mit einer Silb’ daran denkt; am Stoll’n ist die Ausfuhr’ durch die Pascher, die gar net wiss’n, woher die Päck’ und Kist’n kommen, und dazwisch’n ist der Brunnen, durch den er den Auf-und Abstieg nimmt, wenn man im Feldhof denkt, er schläft. Dort muß er auch die Niederlag’ hab’n, und in der Mauer, die ich betrachtet hab’, ist ein Loch, durch das er geht, obgleich ich’s net zu find’n vermocht’. Aber ich werd’s noch entdeck’n und zwar heut. Er geht wieder um Acht zum Schlaf, wie Martha sagt’, und wenn ich auch net beim Stein gewes’n bin, so weiß ich also dennoch, daß seine Leut’ bestellt sind; er hat den Zettel dazu wohl gleich in der Früh besorgt, und jetzt, jetzt steigt er durch den Brunnen, um die Güter parat zu mach’n.«
    Er öffnete den Laden und

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