Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten

Titel: Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
laß ich net arretiren, denn dazu hab’ ich net das mindest’ Recht, sondern ich werd’ denk’n, daß sie bei ihm besser aufgehob’n ist als beim Vater, der sie verschachern will. Das ›Gimpelpack‹ nehm ich mit Dank von Euch an, obgleich es net nach Bildung klingt; aber niemand kann ‘was geb’n, was er net hat. Lebt wohl, Herr Kantor!«
    Er ging. Der Schulmann machte eine Bewegung, als wolle er sich ihm nachstürzen, doch beherrschte er sich noch und suchte sich durch einen Gang durch das Zimmer abzukühlen. Dies aber schien ihm nicht zu gelingen, den nach einiger Zeit erscholl mit hörbar aufgeregter Stimme der Ruf:
    »Alwine.«
    Das Mädchen trat herein. Sie war zum Ausgehen angekleidet.
    »Wohin willst Du?«
    Sie nannte eine Freundin, zu der sie geladen sei.
    »Du bleibst zu Hause und sorgst für gute Bewirthung. Wir bekommen Besuch.«
    »Wer ist’s, Vater?«
    »Wen er schicken wird, das weiß ich noch nicht, aber es ist ein Bote des Teichhofbauers.«
    »Und für den soll ich zurichten?«
    »Ja, er kommt Deinetwegen.«
    »Dann mag er immer bleiben. Ich weiß, was er will.«
    »Wer hat es Dir gesagt?«
    »Der Balzer selbst, der mich gestern Abend noch im Garten angefallen hat.«
    »Nun, so brauch ich es nicht zu sagen. Ich werde ihm mein Jawort geben.«
    »Thu das nicht, Vater!«
    »Warum nicht?«
    »Ich kann den Balzer nicht leiden.«
    »Dem Heiner wegen, nicht wahr? Dem habe ich sagen lassen, daß er arretirt wird, wenn er sich noch einmal mit Dir sehen läßt; richte Dich darnach! Was den Balzer betrifft, so hat er seine Fehler, aber er wird sie ablegen, wenn die Frau es klug anfängt. Du nimmst ihn, und die Liebe kommt dann schon von selbst.«
    »Vater, ich mag ihn nicht.«
    »Schweig! Ich bin nicht in der Stimmung, große Reden und Erklärungen zu halten. Geh in die Küche und bring dann eine Flasche Wein mit herein!«
    »Laß Dich bitten, Vater! Es ist ganz unmöglich, daß – – –«
    »Gehst Du oder nicht!«
    Er trat mit einer so drohenden Miene auf sie zu, daß sie sofort den Ausgang suchte.
    Als nach einiger Zeit der Freiersmann kam, fand er den Kantor äußerlich ruhig und heiter. Es war ein Pathe des Teichhofbauers; er hatte sich festlich herausstaffirt und schien sich in einiger Verlegenheit zu befinden, dem Kantor gegenüber eine Rede halten zu müssen. Dieser empfing ihn in der leutseligsten Weise, nöthigte ihn zum Sitz und flößte ihm im Laufe der begonnenen Unterhaltung den nöthigen Muth ein. Endlich begann die erwartete Ansprache, die dann auch mit sichtlicher Anstrengung zu Ende gebracht wurde. Mehr des Herkommens wegen zögerte der Kantor mit der beabsichtigten Zusage.
    »Ich muß doch wohl erst das Mädchen selber fragen, Nachbar. Sie wird gleich kommen!«
    Er öffnete die Thür und rief ihren Namen. Es erfolgte keine Antwort. Nach einem zweiten und dritten ebenso vergeblichen Rufen ging er selbst zur Küche; er fand sie leer. Schon wollte er dem mühsam niedergerungenen und nun sich doppelt stark aufbäumenden Zorne in heftigen Worten Ausdruck geben, da vernahm er noch zur rechten Zeit Schritte, welche die Treppe heraufkamen. Es war der Pfarrer, welcher auf das ihm entgegengebrachte Willkommen mit ernstem Gruße nach dem Zimmer schritt. Als er den Gast bemerkte, nahm er das Wort:
    »Dieser Mann ist im Auftrage des Teichbauern hier, Herr Kantor?«
    »Ja.«
    »Lassen Sie ihn für jetzt nach Hause gehen! Ich habe in einer Angelegenheit mit Ihnen zu sprechen, welche keinen Aufschub duldet.«
    Der Bauer erhob sich bei diesen Worten und verabschiedete sich, gar nicht zufrieden damit, daß sein Auftrag die erwartete Erledigung nicht finden sollte. Da der Teichhof eine Strecke außerhalb des Dorfes lag, so schlug er einen Weg ein, welcher unweit des Schulhauses in das Freie führte. Er mußte hier an einem Feldstücke vorüber, welches Silbermann gehörte. Mitten auf demselben stand Heiner, auf die Hacke gestützt, und an seiner Seite Alwine. Der junge Mann lächelte, als er den Nahenden erblickte, und das Mädchen sah ihm mit trotziger Miene entgegen.
    »Grüß Gott, Silberheiner! Was hast’ zur Kirmeß auf dem Acker zu schaffen?«
    »Grüß Gott! Net viel von Bedeutung; aber es giebt so Dieses oder Jenes, was selbst dem Stillsten ‘mal in die Glieder fährt, und das wollt’ ich mir herausarbeit’n.«
    »Das machst’ recht! Es entsteht sonst allerlei schwerfällig’ Zeug daraus, welches nachher kaan Doktor und kaan Chirurgius wieder fortbringt. Grüß auch Dich, Alwin’!

Weitere Kostenlose Bücher