Die Rose von Ernstthal. Erzgebirgische Dorfgeschichten
Gott sei Dank so viel, daß ich mir ein Paar kaufen kann, und Euch könnte das Geld ja später fehlen, Nachbar. In dieser Beziehung sind wir leider sehr ungleich gestellt.«
»Ja, das ist wahr, Herr Kantor; aber das Geld zählt net allein. Es giebt aan Vermög’n, das net nach dem Thaler gemessen werd’n kann, und daran sind wir Beid’, der Heiner und ich, net arm. Der Aane hat’s auf diese Weis’, und der Andre auf jene, und wenn sie nachher gut zusammengreif’n, so fehlt’s auch nimmermehr am rechten Seg’n. Der Heiner zum Beispiel und die Alwin’, die sind immer beisammen gewes’n und – – –«
»Und werden nicht immer beisammen bleiben,« fiel ihm der Kantor in die Rede. »Ich errathe jetzt, weshalb Ihr kommt, Silbermann; aber macht Euch keine vergebliche Mühe. Meine Tochter ist schon so gut wie versprochen, und ich erwarte noch heut den Freiersmann.«
»Ich hab’s gehört; der Balzer wird ihn schick’n. Aber die Alwin’ mag nix von ihm wiss’n, und, nehmt mir’s net übel, Herr Kantor, ich mein, der Balzer ist kaan Mann für Eure Tochter.«
»Ob das Mädchen will oder nicht, das zählt wenig oder nichts in dieser Angelegenheit; ich bin Vater und werde für das Glück meines Kindes in der Weise sorgen, wie es mir mein Gewissen vorschreibt, auch dann, wenn sie sich dagegen sträubt. Und den Mann für sie werde ich wählen, ohne Euch oder Andere um ihre Meinung zu befragen, wie das sich ja von selbst versteht.«
»Ich bin auch gar net gekommen, Herr Kantor, um Euch gut’n Rath zu ertheil’n; aber die Gewalt des Vaters hat auch ihr End’, wo sie aufhört, und was könnt Ihr thun, wenn das Madel durchaus net will und sich Euch widersetzt?«
»Das wird sie nicht. Und wenn sie es thät, aus ihr und dem Heiner wird nie ein Paar; er mag nach Seinesgleichen greifen. Ich hab es gewußt, daß Undank der Welt Lohn ist. Meine Barmherzigkeit hat ihn hochmüthig gemacht; aber ich werde dafür zu sorgen wissen, daß er mir nicht in meinen häuslichen Frieden bricht.«
»Undank? Der Heiner? Herr Kantor, wenn mein Junge undankbar ist, so giebts weder Lieb’ noch Dankbarkeit mehr in der Welt. Thut was Ihr wollt’ aber den Heiner greift mir net an! Er ist mir grad so viel und auch noch mehr werth als Euch die Alwin’, die Euch net sehr ans Herz gewachs’n sein kann, da Ihr sie zum Balzer zwingen wollt; und wenn er Euch ‘was schuldet, so bitt’ ich um die Rechnung; wir werd’n zahlen, damit kaan Vorwurf weiter folgen kann!«
»Oho, Ihr sprecht ja heut in einem recht vornehmen Tone! Habt Ihr ihn etwa von Euren Gimpeln gelernt? Aber ich habe wirklich keine Lust, mich um Eures Burschen willen zu zanken. Nehmt Eure Tauben wieder mit und sagt ihm, er wär mir für die Alwine zu gering; sie ist zu gut für einen Vogelsteller; das konntet Ihr Euch denken!«
»Nein, das konnt’ ich mir net denk’n, vielmehr hab’ ich grad das Gegentheil gedacht, nämlich, daß der Heiner zu gut für Euer Madel ist; darum hab’ ich ihm gute Wort’ gegeben und ihm abgeredet, und grad weil er mir werther ist, als Euch die Alwin’, bin ich dennoch auf seine Bitt’ herbei gekommen, um ihm seinen Will’n zu thun, obgleich mir jede Andre lieber ist und ich auch gewußt hab’, daß Euch die Sach’ zuwider ist; denn der Hochmuth ist net dem Heiner sein Fehler, sondern der Eure. Aber er kommt zum Fall, und dann wird der ›Vogelsteller‹ net mehr niedriger sein als Ihr, zumal Ihr selber auch schon jetzt die ganze Stub’ voll Käfig’ hangen habt!«
Die Beleidigung seines Sohnes hatte den guten Silbermann so in Harnisch gebracht, daß ihm die Strafrede mit ungewöhnlicher Geläufigkeit von den Lippen floß. Der Kantor hörte ihn, staunend ob solcher Kühnheit des sonst so nachgiebigen Mannes, bis zu Ende. Dann aber brach er los:
»Fort, sage ich, fort, hinaus aus dem Zimmer! Und kommt mir ja nicht wieder in das Haus, sonst seid Ihr wieder draußen ehe Ihr es Euch verseht. Und wenn ich Euren Buben noch einmal bei meiner Tochter sehe, so lasse ich ihn sofort arretiren. Euch Gimpelpack muß man zeigen, wohin es gehört!«
»Gut, Herr Kantor, ich geh; aber in das Haus muß ich doch wiederkommen, und das werdet Ihr Euch fein hübsch gefallen lass’n. Ich bin beim Ortsvorstand’ und waaß recht gut, wem dies Haus gehört, Euch oder der Gemeind! Und wenn wir Sitzung hab’n, so bin ich auch mit hier in der Sammelstub, ohne daß Ihr drein zu red’n habt. Eure Tochter aber, wenn ich die ‘mal bei dem Heiner seh, die
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