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Die Rosen von Montevideo

Die Rosen von Montevideo

Titel: Die Rosen von Montevideo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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wieder in dicken Flocken zu schneien begonnen hatte und die Wege steil und vereist waren. Mehrmals kamen die Pferde kaum weiter, die Kutsche schwankte.
    »Verflucht!«, schimpfte Albert ein ums andere Mal.
    Nicolas sagte gar nichts mehr.
    Ehe sie die letzte Wegstrecke bezwingen konnten, blieb die Kutsche endgültig im Schnee stecken. »Ich schaffe es nicht mehr weiter«, erklärte Moritz.
    Rosa sprang aus dem Wagen. »Dann müssen wir eben zu Fuß gehen.«
    Schon nach wenigen Schritten versank sie knöcheltief im Schnee. Kälte und Nässe drangen durch die dünnen Stiefel, und sie keuchte schwer. Albert hatte zu ihr aufgeschlossen und schien wieder sagen zu wollen, dass sie besser hierbleiben und warten sollte, doch ihm entging die Entschlossenheit ihrer Miene nicht, und er reichte ihr stattdessen schweigend die Hand. Sie nahm sie, drückte sie kurz, dann stapften sie weiter.
    Obwohl sie hinter Bäumen verborgen war, sahen sie die Jagdhütte schon von weitem. Der Kamin war beheizt, und der warme Lichtschein wirkte inmitten der verschneiten Einöde tröstlich.
    Rosa hatte sich nicht oft in jenem hübschen, aber einfachen Gebäude aufgehalten, wusste jedoch, dass es im Erdgeschoss eine Stube und die Küche gab und sich unter dem Dach einige niedrige Schlafräume befanden.
    Nicolas stürzte auf eines der winzigen Fenster zu, um hineinzuspähen, aber die Scheiben waren beschlagen.
    »Was sehen Sie?«, rief Albert.
    »Nicht so laut!«, gab er flüsternd zurück.
    Rosa blickte sich nach Spuren im Schnee um, doch es war zu dunkel, um welche zu erkennen.
    »Los, hinein!«, rief Albert, ohne seine Stimme zu drosseln.
    Rosa war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war, aber auch sie konnte ihre Ungeduld nicht länger bezähmen. Als Albert die Tür öffnete, stürzte sie hinter ihm in die Stube. Nicht weit vom Kamin entfernt stand ein Stuhl, und darauf saß ihre Enkeltochter.
    »Tabitha!«
    Das Mädchen sah auf. Sie wirkte blass und angespannt. Bei dem Anblick ihrer Großeltern hellte sich zwar kurz ihre Miene auf, doch dann weiteten sich angstvoll ihre Augen, und sie schüttelte den Kopf.
    Jetzt erst bemerkte Rosa, dass sie nicht einfach nur auf dem Stuhl saß, sondern daran gefesselt war.
    »Tabitha …«
    Ihre Stimme erstarb zu einem Krächzen. Aus der Ecke trat ein Mann, der Fabien bis aufs Haar glich und eine Pistole in der Hand hielt.
    »Guten Abend, Herr und Frau Gothmann. Sie kommen früher, als ich erwartet hatte.«
     
    Carlota wusste, eigentlich sollte sie vor Angst vergehen – Angst um ihr Leben und um das der Großeltern. Tatsächlich war sie auch zutiefst erschrocken gewesen, als plötzlich dieser fremde Mann in der Jagdhütte aufgetaucht war, ihren Großvater des Mords bezichtigte und wild von Rache faselte. Doch nun, als sie in Nicolas’ Gesicht die Wahrheit lesen konnte, überwog die Enttäuschung. Ja, er war tatsächlich der Sohn des Verrückten, wie dieser behauptete. Und ja, er hatte von Anfang an gemeinsame Sache mit ihm gemacht, sich den Platz in ihrem Herzen hinterhältig erschlichen und ihr seine Liebe nur vorgeheuchelt.
    Sie schloss die Augen – in der Hoffnung, dass all das nicht wirklich war, dass sie nur träumte. Doch als sie sie wieder öffnete, fuchtelte der Fremde immer noch mit seiner Pistole vor ihrem Gesicht herum, und Nicolas flüsterte: »Vater …«
    Es half kein Leugnen. Die beiden gehörten zusammen. Carlota biss sich auf die Lippen, konnte einen Schrei des Entsetzens jedoch nicht unterdrücken.
    »Ich habe es dir doch schon vorher gesagt – halt dich da raus«, herrschte Laurent Ledoux seinen Sohn an. »Geh einfach!«
    Nicolas rührte sich nicht. »Vater, du begehst einen großen Fehler.«
    Während Laurent Nicolas fixierte, machte ihr Großvater einen Schritt auf sie zu. Prompt fuhr Laurent herum und richtete die Pistole auf ihn. »Keinen Schritt weiter!«
    Carlota konnte nicht umhin, ihren Großvater für seinen Mut zu bewundern. Er wirkte besorgt, doch nicht eingeschüchtert. Auch Rosa Gothmann hatte es geschafft, ihre Fassung zu wahren. Sie war zwar bleich, stand aber aufrecht an der Seite ihres Mannes.
    »Ich weiß, was Sie antreibt«, erklärte Albert ruhig. »Und Sie haben recht. Ich … ich habe tatsächlich Ihren Vater auf dem Gewissen. Ich schwöre Ihnen, es war damals ein Unfall, ich wollte ihn nicht töten. Womöglich werden Sie mir nicht glauben, und selbst wenn, wird es keinen Unterschied für Sie machen, aber Sie sollten trotzdem wissen …«
    Wieder hatte

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