Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
gleich, soviel habe ich gegessen. Wir haben Musik gehört, und als es langsam dunkel wurde, zündete Kevin alle Kerzen im Zimmer an. Ach, ich werde jetzt gut schlafen! « Sie warf ihnen eine Kußhand zu. »Gute Nacht! Träumt etwas Schönes!« Schon war sie wieder verschwunden und eilte mit einer für ihr Alter bemerkenswerten Leichtfüßigkeit die Treppe hinauf.
»Es geht ihr gut«, hatte Franca gesagt, »und das ist die Hauptsache. «
»Kevin geht es sicher auch gut«, hatte Beatrice bitter erwidert, »denn sie wird bereit sein, eine Menge Geld zu bezahlen, um einen weiteren solchen Abend zu erleben.«
Nun meinte sie gedankenverloren: »Ich glaube, daß Helene mich in jener Zeit regelrecht haßte. Ihr war klar, daß irgend etwas vor sich ging, und sie begriff, daß ich nicht vorhatte, sie zu meiner Vertrauten zu machen. In ihrer Not wandte sie sich schließlich an Erich. Sie erzählte ihm, daß ich mich ständig herumtriebe und daß sie Angst habe, ich könnte in schlechte Gesellschaft geraten. Erich war außer sich. Er war so oft weg, daß er kaum etwas mitbekommen hatte, und nun fühlte er sich wohl hintergangen und verraten. Ausgegrenzt. Er schrie herum, wollte wissen, wo und mit wem ich soviel Zeit verbrächte. Ich sagte, daß ich oft mit Mae zusammen sei - was zwar gefährlich war, da sich dort ja Julien versteckt hielt, aber noch auffälliger hätte ich mich verhalten, hätte ich abgestritten, Mae zu sehen. Denn das wußte er sowieso. Ich berichtete aber auch von langen, einsamen Spaziergängen, erklärte ihm, wie sehr ich litte unter der Trennung von meinen Eltern, und daß ich in einer Phase sei, in der ich die Einsamkeit suchte. Irgendwie nahm er mir das nicht wirklich ab. Er musterte mich aus scharfen Augen
und meinte, ich sei verändert. Ich erwiderte, das komme daher, daß er mich lange nicht gesehen habe, ich sei einfach älter geworden.
›Nein, nein, das allein ist es nicht‹, sagte er stirnrunzelnd, ›du hast etwas an dir ... mir gefällt das nicht! Mir gefällt das ganz und gar nicht!‹
Nun, jedenfalls verlangte er, ich solle in Zukunft von der Schule direkt nach Hause kommen und den Rest des Tages und den Abend daheim verbringen. Helene beauftragte er, darauf zu achten, daß ich den Befehl befolgte. Ich hoffte, Helene austricksen zu können, wenn Erich erst wieder fort wäre, aber das erwies sich als schwierig. Helene hatte ein ausgeprägtes eigenes Interesse daran, mich daheim zu halten. Sie konnte nicht allein sein, und es hatte sie halb verrückt gemacht, mich nie bei sich zu haben.«
»Es wurde also sehr schwierig, Julien zu treffen«, mutmaßte Franca.
Beatrice nickte langsam. »Was nicht heißt, daß es unmöglich geworden wäre. Aber wir sahen uns bei weitem nicht mehr so häufig, und das Risiko für alle Beteiligten erhöhte sich. Denn wenn ich mich nun heimlich davonstahl, bestand immer die Gefahr, daß Helene mir folgte oder daß sie in ihrer Hysterie Suchmannschaften hinter mir herhetzte. Das hätte Juliens Ende bedeuten können - und den Wyatts hätte es das Verhängnis gebracht. Ich glaube, in dieser Zeit fing ich wirklich an, Helene zu hassen. Sie war mir immer schon auf die Nerven gegangen, aber eigentlich hatte sie mir leid getan, und ich hatte nie eine echte Abneigung gegen sie gehegt. Doch nun lernte ich sie von ihrer unangenehmen Seite kennen. Ich begriff, wie egoistisch sie war und welch eiserne Härte sich hinter ihrem mädchenhaften Äußeren verbarg. Sie war rücksichtslos, wenn es um die Durchsetzung ihrer Interessen und Wünsche ging. Das begriff ich damals, und später bestätigte sie dieses Bild immer wieder. Irgendwann verachtete ich sie nur noch.«
Franca zögerte. »Aber trotzdem«, sagte sie schließlich, »sind Sie dann ein Leben lang zusammengeblieben.«
Beatrice starrte sie an. Mit einer aggressiven Bewegung drückte sie ihre Zigarette aus. »Ja, man sollte es nicht glauben, stimmt’s? Das hat sie tatsächlich geschafft. Dieses zerbrechliche Wesen mit
den blauen Kulleraugen hat es in der Tat geschafft, mich bis heute zu terrorisieren. Das ist eine Leistung, finden Sie nicht? Manchem, der viel stabiler aussieht als sie, wäre das nicht geglückt.«
Franca hatte den Eindruck, etwas Falsches gesagt zu haben. »Es tut mir leid, wenn ich... «, begann sie, aber Beatrice winkte ab.
»Es muß Ihnen nichts leid tun, Franca. Ihre Bemerkung war ganz normal. Aber wir sollten jetzt schlafen gehen. Es ist gleich ein Uhr, und morgen ist auch noch ein Tag.«
Sie
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