Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
ungewöhnlich. Aber...«, Beatrice hob die Schultern, »aber die Umstände ließen nichts anderes zu. So schien es uns jedenfalls.«
»Hatten Sie keine Angst, schwanger zu werden?«
»Natürlich. Ständig. Wir versuchten aufzupassen, so gut wir konnten. Letzten Endes hatten wir wohl einfach Glück. All die Jahre passierte nichts.«
»Und die Wyatts bekamen nicht das geringste mit?«
»Sie waren es ja schon gewöhnt, daß ich stundenlang oben bei ihm war. Dr. Wyatt war sowieso selten daheim. Und die Bodenklappe war geschlossen, die Leiter eingezogen. Das mußte aus Sicherheitsgründen immer der Fall sein, es hätte ja plötzlich eine Razzia stattfinden können. Wenn also Mae oder ihre Mutter etwas von uns wollten, mußten sie sich bemerkbar machen, und wir öffneten ihnen dann und ließen die Leiter hinunter. Es gab keine Überraschungsbesuche. «
»Trotzdem wäre es nur natürlich gewesen, wenn Mrs. Wyatt mißtrauisch geworden wäre. Ein junger Mann und ein junges Mädchen... so viele Stunden immer wieder allein... «
»Mrs. Wyatt war halb verrückt vor Angst wegen Julien. Sie sah sich und ihre Familie ständig in Gefahr. Ich glaube, ihre Kraft reichte nicht aus, sich auch noch um meine Unschuld Gedanken zu machen. Ich habe sie vor zwei Jahren in ihrem Altersheim bei London besucht, und wir sprachen über die Zeit damals - sie hatte ganz offensichtlich immer noch nicht den geringsten Verdacht. Insgeheim war sie vielleicht auch ganz froh, daß Julien durch mich ein wenig Gesellschaft hatte, daß er abgelenkt war und nicht ständig grübelte. Und nicht dauernd Pläne schmiedete, wie er abhauen könnte. Zwar hätte sie ihn gern am anderen Ende der Welt gesehen, aber sie war zugleich überzeugt, daß er bei einer Flucht geschnappt
werden und sie alle dann verraten würde. Sie war sehr blaß und immerzu niedergeschlagen.«
»Und Mae...«
»Mit Mae war es schon schwieriger. Sie argwöhnte, daß sich etwas abspielte, aber sie fand keine Bestätigung für ihren Verdacht. Unsere Freundschaft geriet in eine ernste Krise, aber das war wirklich meine Schuld. Ich kümmerte mich kaum noch um Mae. Sie muß sich sehr verletzt gefühlt haben.«
Franca griff nach der Rotweinflasche, schenkte sich nach. Sie hatte schon zuviel getrunken, fühlte sich angenehm leicht und hatte den Eindruck, es sei vielleicht besser, nicht weiterzumachen. Aber diesmal hatte sie kein schlechtes Gewissen bei dem Gedanken, möglicherweise zuviel zu erwischen. Sie trank nicht so, wie sie in den letzten Wochen abends allein daheim vor dem Fernseher getrunken hatte: frustriert, traurig, darum bemüht, sich zu betäuben, und dabei wissend, daß sie sich am nächsten Morgen kalt und elend fühlen und heftige Kopfschmerzen haben würde.
Heute trank sie, weil es ihr gutging, weil ihr der Wein schmeckte. Sie fühlte sich geborgen, warm und zufrieden in der gemütlichen Küche. Das anheimelnde Geräusch des gleichmäßig rauschenden Regens beruhigte sie. Irgendwo in ihr breitete sich, noch halb unbewußt, die Ahnung aus, daß das Leben schön sein konnte.
»Wirklich mißtrauisch war übrigens Helene«, fuhr Beatrice fort. Sie hatte sich die zwanzigste Zigarette an diesem Abend angezündet, rauchte sie so genießerisch, als sei es die erste. »Dabei wußte sie nun am allerwenigsten. Aber sie sagte ständig, ich käme ihr verändert vor, meine Aura sei eine andere geworden. Ich strahlte wohl etwas aus, das sie beunruhigte.«
»Weiß sie inzwischen davon?« fragte Franca.
Beatrice nickte. »Sie hat später davon erfahren. Nach dem Krieg. Aber da konnte sie nichts mehr tun.«
Sie hatten Helene zweieinhalb Stunden zuvor nach Hause kommen hören. Kevin hatte sich an der Tür mit einem geheimnisvollen Flüstern von ihr verabschiedet, was ihr das Gefühl gegeben haben mußte, ein junges Mädchen zu sein, das von seinem Verehrer etwas verspätet heimgebracht wird und aufpassen muß, seine Eltern nicht aufzuwecken.
»Er weiß ganz gut, wie er es anstellen muß«, hatte Beatrice mit einem sarkastischen Lächeln kommentiert.
Helene hatte kurz zur Küche hereingeschaut, mit einer wirbelnden Bewegung, die den Rock ihres weißen Kleides fliegen ließ. »Seid ihr immer noch wach?« Ihre Augen leuchteten. Sie war tatsächlich unpassend jugendlich angezogen, aber in ihrem Gesicht erkannte Franca etwas von der Attraktivität, die sie einmal besessen haben mußte. »Es war ein herrlicher Abend! Kevin hat einfach göttlich für mich gekocht. Ich glaube, ich platze
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