Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
sowieso kaum gesehen«, hatte sie gesagt. »Du in London, ich hier... die paar Mal im Jahr, die du da bist... aber du wolltest es ja nicht anders!«
»Ich wollte dich in London haben!«
»Ja, aber zu deinen Bedingungen. Du wolltest, daß ich eine Ausbildung mache, daß ich arbeite, daß ich...«
»Daß du vor allem erst einmal einen Schulabschluß machst, ja. Wir hätten aber unterdessen zusammenleben können. Ich hätte für dich gesorgt. Das weißt du.«
»Du bist ein richtiger kleiner Moralapostel, Alan. Ich muß erst das angemessene Wohlverhalten an den Tag legen, dann werde ich von dir belohnt. Aber du kannst mich nicht wie ein kleines Mädchen behandeln. Ich bin eine erwachsene Frau.«
»Dann verhalte dich auch so. Bring irgendeine Struktur in dein Leben. So, wie du es dir vorstellst, funktioniert es nicht. Du lebst in den Tag hinein, verschläfst den halben Vormittag, verbummelst die Nachmittage und tanzt und trinkst in den Nächten. Du läßt dich von deiner Großmutter finanzieren und scheinst zu meinen, daß das irgendwie immer so weitergehen wird!«
»Es wird so weitergehen. Warum soll ich mir jetzt Gedanken machen, was in zehn Jahren ist? Es wird sich etwas finden!«
»Mae wird nicht ewig leben.«
»Dann wird jemand anderer da sein.«
»Du meinst - ein Mann?«
»Ja. Irgendein Mann wird immer da sein.«
Er hatte sie nachdenklich betrachtet, ihren sorglos lachenden Mund, ihre funkelnden Augen. »Du wirst nicht immer zwanzig sein, Maja. Du wirst nicht immer so attraktiv sein wie jetzt. Verstehst du? Es werden sich nicht dein Leben lang die Männer darum reißen, dich auszuhalten.«
»Immer mußt du unken, Alan. Immer schwarzmalen! Du kannst so schrecklich fade und langweilig sein! Man wird ganz trübsinnig in deiner Gegenwart.« Sie hatte dabei gelacht, war weit von jeder Art Trübsinn entfernt gewesen.
Als er an diesem Tag am Flughafen von St. Martin aus der Londoner Maschine gestiegen war, hatte er daran gedacht, daß er es kaum würde vermeiden können, Maja zu begegnen. Zum Geburtstag seiner Mutter am Sonntag würde sie wahrscheinlich auch kommen. Er ärgerte sich, daß er überhaupt einen Gedanken daran verschwendete, aber er hatte Angst vor der Begegnung. Angst, sein Gesicht könnte die Gefühle verraten, die er für sie hegte und die er seit Jahren ebenso erbittert wie erfolglos bekämpfte. Er fragte sich, warum es ihm nicht gelang, sich Maja ein für allemal aus dem Herzen
zu reißen. Weshalb war sie stets präsent? In seiner Londoner Wohnung, in seinem Büro. Wenn er sich mit Freunden traf und sogar, wenn er mit anderen Frauen zusammen war. Er wurde Maja nicht los.
Welch ein Armutszeugnis, dachte er manchmal.
Er hatte am Flughafen einen Wagen gemietet, und anstatt gleich zu seiner Mutter nach Le Variouf zu fahren - wozu er ohnehin keine Lust hatte und was noch früh genug geschehen würde -, hatte er den Weg nach St. Peter Port genommen und war die Straße hinaufgefahren, in der Majas Haus stand. Sie bewohnte dort eine sehr hübsche Zwei-Zimmer-Wohnung, die ihre Großmutter Mae bezahlte. Von den rückwärtigen Fenstern hatte sie einen herrlichen Blick auf das Meer und auf Castle Cornet, der Festung im Hafen der Stadt.
Er hatte gerade aus dem Auto steigen wollen, da hatte er Maja plötzlich entdeckt. Sie kam die steile Straße herauf, sehr langsam, der Hitze des Tages angemessen. Sie trug einen kurzen, engen Rock und ein weißes T-Shirt, das knapp oberhalb der Taille endete und ihren Bauchnabel freiließ. Ihre langen Beine waren braungebrannt. Sie hatte Turnschuhe an und wirkte wie immer sehr unbekümmert.
Den Mann, der sie begleitete, fand Alan mehr als suspekt. Ein südländischer Typ mit einer Menge Gel im schwarzen Haar und einer verspiegelten Sonnenbrille vor den Augen. Er war mager, aber sehnig und sicher kräftig. Er sah schlichtweg aus wie ein Vorstadt-Zuhälter.
Und vielleicht, dachte Alan, ist er das auch.
Natürlich blieb er sitzen und hoffte, daß Maja ihn nicht entdeckte. Das Auto konnte sie nicht identifizieren, und ansonsten würde sie wohl nicht so genau hinsehen. Sie strahlte den Kerl neben sich an, aber der erwiderte ihr Lächeln nicht. Er folgte ihr ins Haus, und die Tür fiel hinter ihnen zu. Alan sagte sich, daß es das beste wäre, jetzt Gas zu geben und davonzufahren. Alles andere war purer Masochismus, und warum sollte er sich die Qual antun, hier zu sitzen und zu warten, bis die beiden da drinnen in der Wohnung ihr Treiben beendet hatten? Aber irgend etwas
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