Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
Gibt es denn nichts , einfach gar nichts , was du jemals richtig machst?«
Irgendwo in ihrem Körper begann ein Nerv zu vibrieren. Es war wie eine eigentümliche Art von Schmerz, jedoch nicht lokalisierbar und nicht beschreibbar. Es war, als sei dort eine Stelle über Jahre hinweg wundgerieben worden und sende nun bei der geringsten Berührung quälende Strahlen aus.
»Ich weiß nicht, ob es sein kann «, sagte sie, »aber es ist jedenfalls so. Hier ist kein Zimmer für mich gebucht.«
»Dann muß es ein Versehen sein«, meinte Michael, »ich hatte Sonia jedenfalls Bescheid gesagt.« Sonia war seine Sekretärin, und im allgemeinen erledigte sie jeden Auftrag mit größter Gewissenhaftigkeit.
»Was soll ich denn jetzt machen?« fragte Franca verzagt.
Michael seufzte erneut. »Du wirst doch wohl in der Lage sein,
dir ein anderes Hotel zu suchen und dort ein Zimmer zu mieten! Lieber Gott, was soll ich denn von hier aus für dich tun?«
»Michael, ich habe Angst. Ich würde am liebsten wieder zurückfliegen. Ich ... « Sie zögerte, ihr Mißgeschick einzugestehen, brachte die Worte dann aber doch über die Lippen: »Ich habe keine Tabletten. Ich hatte nur noch eine, und die habe ich im Flugzeug nehmen müssen. Nun weiß ich nicht...«
»Das darf doch wohl nicht wahr sein!« Wer Michael hörte, hätte meinen können, er habe es mit einer Schwachsinnigen zu tun, die ihn mehr und mehr entnervte. »Ich schicke dich nach Guernsey. Ich bezahle den Flug. Ich bitte dich einmal um etwas. Und ... «
»Ich bin schon oft für dich hier gewesen.«
»Es ist aber tatsächlich auch das einzige, was von dir verlangt wird. Es gibt sonst weiß Gott nichts, worum ich dich bitte. Die minimalsten Erwartungen und Ansprüche, die ein Mann haben kann, habe ich ja schon zurückgeschraubt. Nur um diesen einen Gefallen bitte ich dich noch – zweimal im Jahr! Und das ist jetzt auch schon zuviel? Das empfindest du jetzt auch schon als Zumutung? Dafür bist du jetzt auch schon zu fein, zu zart, zu sensibel?«
»Das habe ich doch gar nicht gesagt.« Der leise Vibrationsschmerz wurde stärker. Noch hielt die Wirkung des Medikaments an, aber Franca wußte, wenn sie das Gespräch nicht bald beendete, würde es nicht sechs Stunden dauern, bis der Zustand der Ruhe in sich zusammenbrach.
»Du wirst den Aufenthalt auf Guernsey jetzt nicht beenden! Hörst du? Du wirst morgen zur Bank gehen und erst danach zurückkommen. Wenn du nicht bis Samstag warten willst, dann versuche, einen Flug für morgen abend zu bekommen. Aber du gehst zur Bank! Haben wir uns verstanden?«
»Ja«, hauchte sie. Sie hatte wie immer das Gefühl, unter seiner Stimme buchstäblich kleiner zu werden. So, als verliere sie tatsächlich an Zentimetern, schrumpfe in sich zusammen. Irgendwann würde sie so klein sein, daß niemand mehr sie sah. Oder sich einfach auflösen.
Michael klang nun ein wenig freundlicher. Er schien sich zu erinnern, daß ihre Paniken heftig sein konnten, und womöglich kam es ihm in den Sinn, daß es besser sein könnte, Franca ein wenig zu
stabilisieren, anstatt ihr den letzten Rest Selbstvertrauen zu rauben.
»Du wirst das schon hinkriegen. Du gehst jetzt los und suchst dir eine Übernachtungsmöglichkeit. Vielleicht kann Mr. Karim dir behilflich sein. Ruf mich heute abend an und sage mir Bescheid, ob alles geklappt hat!« Damit beendete er das Gespräch, und Franca, die noch etwas hatte sagen wollen, verschluckte ihre Worte und legte ebenfalls auf.
»Können Sie mir helfen, ein Zimmer zu finden? « wandte sie sich an Karim.
Der kratzte sich am Kopf. »Das wird schwierig. Verdammt schwierig. Die Insel dürfte weitgehend ausgebucht sein.«
Alan Shaye kam sich völlig lächerlich vor, wie er hier gegenüber dem Haus parkte, in dem Maja wohnte, und Tür und Fenster anstarrte, als erwarte er dort jeden Moment etwas Besonderes zu sehen.
Ein mieser, kleiner Schnüffler, sagte er sich. Wenn Maja mich entdeckt, lacht sie sich tot!
Hin und wieder kamen Autos vorbei, die es auf der steilen, engen Straße schwerhatten, ihn ohne Probleme zu passieren. Manche tippten sich an die Stirn oder schüttelten demonstrativ den Kopf über ihn. Er ignorierte sie. Er schaute hinauf zum zweiten Stock und fragte sich, was dort wohl gerade passierte.
Obwohl er es im Grunde ganz genau wußte. Er kannte Maja gut genug, vielleicht besser als sich selbst. Sie verschwand nicht mit einem Mann in ihrer Wohnung, um mit ihm Tee zu trinken und zu plaudern. Maja hatte eine sehr
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