Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
inzwischen verheiratet.«
    Suzanne lächelte erneut. Sie verströmte einen überwältigenden Charme. »Wie schön, Sie kennenzulernen, Beatrice. Ich bin so neugierig auf alle Menschen, die in jener Zeit auf irgendeine Weise zum Leben meines Mannes gehört haben. Würden Sie mir den Gefallen tun, heute abend mit uns zu essen?«
    Beatrice sah sofort, daß Julien keineswegs begeistert war von dieser Idee, aber er konnte ihr natürlich nicht widersprechen, und so nickte er mit einer forcierten Freude. »Natürlich. Das wäre schön. Falls du Zeit hast, Beatrice... «
    Ein Instinkt sagte ihr, daß es besser wäre, die Einladung nicht anzunehmen. Gleichzeitig wußte sie, daß sie zu neugierig war, zu frappiert von der Zufälligkeit ihres Zusammentreffens, als daß sie hätte verzichten können. Etwas Altes, Vergrabenes, Verschüttetes flackerte auf, etwas von der Wildheit, dem Leichtsinn, der Risikobereitschaft aus vergangenen Zeiten brachte eine Saite zum Klingen, die schon sehr lange verstummt war. Sie würde es tun. Sie wollte das Klingen der Saite noch einmal spüren.
     
    Sie erfuhr an dem Abend, daß Julien und Suzanne seit vier Jahren verheiratet waren und einander ein halbes Jahr länger kannten. Suzanne arbeitete als Fotomodell, und sie hatten einander an der Côte d’Azur getroffen, wo Julien Urlaub und Suzanne Modeaufnahmen gemacht hatte.

    Julien sprach die ganze Zeit über wenig, dafür plauderte, plapperte und lachte Suzanne um so mehr.
    Sie hatte ein wenig Make-up aufgelegt, ein weißes Kostüm angezogen und sah umwerfend elegant aus. Immer wieder warf sie die schwarzen, schulterlangen Haare zurück und zeigte ihr strahlend weißes Gebiß. Beatrice kam sich von Minute zu Minute bedeutungsloser vor.
    Sie hatte eine halbe Ewigkeit vor dem Spiegel verbracht, hatte versucht, ihre widerspenstigen Haare zu einer Art Frisur zu bändigen, aber als sie auf dem Weg zum Restaurant an einer Schaufensterscheibe vorbeigekommen war und sich zumindest in Umrissen hatte sehen können, hatte sie frustriert bemerkt, daß ihre verhaßten Locken bereits wieder um den Kopf herumflogen, wie es ihnen gerade paßte. Und natürlich war ihr Kostüm nicht halb so elegant wie das von Suzanne, der Stoff war dicker und zu warm für den Abend, und auf einmal kam ihr auch die Farbe, ein kühles Grün, von dem Frederic behauptet hatte, es stehe ihr sehr gut, unmöglich vor.
    Ich sehe aus wie ein Stück weißer Käse, dachte sie zutiefst verunsichert.
    Suzanne hatte ein Fischrestaurant in St. Peter Port vorgeschlagen. Sie saßen mit Blick auf den Hafen und aßen Seezunge, aber Beatrice hätte sich auch in einer dunklen Kneipe bei einer Portion »Fisch and Chips« befinden können, es hätte keinen Unterschied gemacht. Sie registrierte kaum, was sie aß, registrierte nicht das zauberhafte Abendlicht, das über dem Hafen lag. Sie sah Julien an und fragte sich, was er dachte, wenn er sie ansah.
    Sie konnte mit Suzanne nicht mithalten, und natürlich mußte auch Julien das sehen. Sie hatte nicht ihre Schönheit, ihre Eleganz, ihren Esprit.
    Sie war eine graue Maus aus Cambridge.
    Das Schreckliche war, daß sie es tatsächlich so empfand: eine graue Maus aus Cambridge. Wobei das Etikett Cambridge, das ihr plötzlich klebrig und wie festgewachsen vorkam, ihre Unscheinbarkeit noch vertiefte. Cambridge - das waren stille Tage, ein gleichmäßiger Ablauf der Ereignisse, ein ruhiges Aufeinanderfolgen von Geschehnissen, die niemals unerwartet eintrafen.
Cambridge, das waren lange Gespräche mit Frederic, neblige Abende vor dem Kamin, hochintelligente Diskussionen, die von den Universitäten veranstaltet wurden, Wochenenden, an denen gearbeitet wurde und man irgendwann zusammen etwas kochte oder ein Glas Wein trank und sich gegenseitig aus der Zeitung vorlas... Cambridge war Frederic. Sie dachte an seine klugen, warmen Augen. Sie schaute in die brennend schwarzen Augen Juliens und wußte, sie hätte nicht fühlen dürfen, was sie tatsächlich fühlte. Nicht diese eigenartige Spannung und nicht den Schmerz, mit dem sie auf einmal dachte, das Leben gehe an ihr vorüber.
    Julien lebte in Paris und arbeitete bei einer Zeitung als politischer Redakteur. Er war viel unterwegs, lernte ungeheuer interessante Menschen kennen, führte ein hektisches, aufregendes Leben, dessen Strapazen er mit vielen Litern schwarzem Kaffee und Unmengen an Zigaretten überstand. Suzanne machte Aufnahmen in ganz Europa, lernte ebenfalls faszinierende Menschen kennen, vor allem

Weitere Kostenlose Bücher