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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Dasein angenehmer zu gestalten.
    Abends lud er sie stets zum Essen ein, das mußte sie zugeben, und er war, wenn sie später in seinem Wohnzimmer noch zusammensaßen, höchst freigiebig mit teuren Weinen und Champagner. Aber frühmorgens verschwand er in seine Kanzlei, und dort blieb er bis zum Abend.
    Was denkt er, was ich tue die ganze Zeit? überlegte sie erbost.
    Am zweiten Tag ihres Aufenthalts war sie mittags überraschend in seinem Büro aufgekreuzt und hatte ihn zum Essen abholen wollen. Er war im Gespräch mit zwei Mandanten gewesen, war aber herausgekommen, nachdem ihm seine Sekretärin Maja gemeldet hatte. Maja hatte sich ungeheuer schick angezogen und aufwendig zurechtgemacht, und sie sah ihm an, daß er sie sehr attraktiv fand.
    »Schatz, es geht nicht«, sagte er bedauernd, »ich muß mit meinen Mandanten zum Essen gehen. Das ist seit langem verabredet.«
    Sie zog einen Schmollmund, warf die langen Haare zurück. Ihre Ohrringe klirrten leise und aufreizend. »Und morgen?«
    »Morgen ist es das gleiche. Es tut mir leid. Wir gehen heute abend essen, ja?«
    Er strich ihr vorsichtig mit dem Finger über die Wange. »Wir gehen jeden Abend essen. Aber tagsüber kann ich leider nicht.«
    »Warum kann ich nicht mit?«

    »Weil diese Leute Dinge mit mir zu besprechen haben, die wirklich nur für meine Ohren bestimmt sind. Sie würden nie reden, wenn eine weitere Person dabei ist. Ich kann das unmöglich machen. «
    Sie war abgezogen und hatte sich für den Rest des Tages entsetzlich gelangweilt, und erwartungsgemäß hatte Alan am Abend davon angefangen, wie sie sich ihr Dasein denn nun vorstelle, was sie tun wolle, welche Aufgabe sie sich zu suchen vorhabe.
    »Es kann dich schließlich nicht befriedigen, den ganzen Tag in der Wohnung zu sitzen oder in der Stadt umherzustreifen«, hatte er hinzugefügt.
    Sie hatte schon gefürchtet, daß er irgendwann damit anfangen würde, hatte jedoch gehofft, es werde erst später dazu kommen.
    Sie hatte versucht, ihn möglichst treuherzig und aufrichtig anzublicken. »Natürlich. Du hast recht, Alan«, sagte sie, »aber laß mir noch ein bißchen Zeit, ja? Für mich ist das alles so neu hier, so fremd. Ich muß mich eingewöhnen... irgendwie... Vertrauen finden zu dieser Stadt.«
    »Wenn du einer geregelten Tätigkeit nachgingest, würdest du neue Menschen kennenlernen«, gab Alan zu bedenken, »auch das hilft beim Eingewöhnen.«
    »Laß mir Zeit«, bat sie erneut. »Alles ist so ungewohnt und verwirrend. Aber ich werde mich hier bald wie zu Hause fühlen.«
    Er kam, wie sie gehofft hatte, zunächst auf das Thema nicht zurück. Natürlich würde er es irgendwann erneut anschneiden, aber sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, daß sie eine ganze Weile Ruhe haben würde. Alan war zu sensibel, um einen anderen Menschen zu bedrängen.
    Und wenn er wieder anfängt, dann muß ich eben weitersehen, dachte sie.
    Mae hatte zweimal angerufen und gefragt, ob sie schon Urgroßmutter Wyatt besucht habe. Sie war sehr ärgerlich geworden, als sie gehört hatte, daß Maja sich noch nicht dort hatte blicken lassen.
    »Wirklich, Maja, ich bin enttäuscht! Du hattest es mir so fest versprochen. Warum kannst du mir nicht diesen einen Gefallen
tun? Ich habe Mum gesagt, daß du in London bist, und sie ist wirklich traurig, weil du sie nicht einmal anrufst.«
    Als ob ich Lust hätte, einen ganzen Tag im Altenheim zu vertrödeln, dachte Maja mißmutig.
    An diesem Tag nun, dem zehnten nach ihrer Ankunft, dachte sie ein wenig anders darüber. Von »vertrödeln« konnte sie kaum mehr sprechen, da sie ohnehin nichts anderes tat, als die Zeit totzuschlagen mit sinnlosen Aktivitäten, die nicht einmal wirklich als solche zu bezeichnen waren. Anstatt sich in Geschäften herumzutreiben, deren Angebote sie sich nicht leisten konnte, und darüber in immer tiefere Frustration zu fallen, konnte sie auch Urgroßmutter Wyatt aufsuchen und sich einen Tag zwischen alten Knackern um die Ohren schlagen. Sie winkte dem Kellner des Bistros, in dem sie saß und etwas gebutterten Toast aß, bezahlte und überquerte die Straße, auf deren anderer Seite sie eine Telefonzelle entdeckt hatte. Sie trat ein und wählte die Nummer ihrer Urgroßmutter.
     
    Edith Wyatt lebte, wie viele alte Menschen, nur noch in der Vergangenheit, und am liebsten beschwor sie Geschichten herauf, die mit dem Krieg zusammenhingen. Stundenlang konnte sie über die Besatzung auf Guernsey sprechen. So war es immer gewesen, wie sich Maja erinnerte.

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