Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
Allmählich müsstest du wissen, wie es um deine Gefühle steht.« Edith seufzte. Ihrer Ansicht nach hatten die jungen Leute heutzutage viel zu ausführlich die Gelegenheit, einander unverbindlich zu testen. Sie verlernten völlig, sich einmal wirklich festzulegen. »Alan Shaye ist ein sehr sensibler Mann«, fuhr sie fort, »ein Mensch, mit dem man rücksichtsvoll umgehen sollte.«
    »Du kennst ihn doch kaum!«
    »Er hat mich und deinen Urgroßvater manchmal besucht. Und hier war er auch schon ein paarmal. Er ist sehr treu, er vergißt Menschen nicht, nur weil sie alt und krank sind und ihm nichts mehr einbringen.«

    Maja war überrascht. Alan hatte ihr nicht erzählt, daß er Urgroßmutter Wyatt hin und wieder besuchte.
    Typisch Alan, dachte sie und wußte selbst nicht, weshalb sie sich über ihn ärgerte, er ist einfach so grundgut.
    »Nun ja«, sagte Edith, »ich hoffe, es wird alles schön zwischen euch. Erzähle mir von Beatrice. Und von Helene. Wie geht es den beiden? «
    Maja interessierte sich weder für Beatrice noch für Helene, und im Grunde wußte sie auch über beide nichts zu berichten.
    »Ich weiß nicht«, sagte sie unlustig, »ich glaube, es geht ihnen beiden wie immer. «
    »Mein Gott, ich sehe sie noch vor mir, als sie jung waren«, sagte Edith mit lebhaft blitzenden Augen, und Maja dachte: Nein, nun geht es los mit den alten Zeiten und dem Krieg!
    »Damals, im Mai 1945, fast um diese Zeit vor über fünfzig Jahren... weißt du, daß ich jedes Jahr im Mai an die Tage der Befreiung denken muß? Die Bilder steigen immer wieder vor meinem inneren Auge auf. «
    Das ist ja genau das Elend mit euch alten Menschen, dachte Maja genervt.
    »Beatrice war sechzehn, so zart und jung«, fuhr Edith fort, »unterernährt, hungrig wie wir alle, fiebernd, was geschehen würde... und Helene war nur noch ein Schatten ihrer selbst, sie hatte Angst. Das Dritte Reich fiel zusammen, und sie wußte nicht, was aus ihr und ihrem Mann werden würde. Die Inseln wurden noch gehalten, aber die Zeit lief ab, und man fragte sich, wie das Ende aussehen würde. Wir hielten noch immer diesen französischen Kriegsgefangenen, Julien, bei uns versteckt, und wir waren nervös wie nie zuvor. Es war eine Art abergläubische Furcht, die uns beherrschte, die Angst, es werde auf dem letzten Wegstück noch etwas passieren, gerade weil wir bis dahin mit einem blauen Auge davongekommen waren.«
    Maja seufzte. Sie hatte es schon so oft gehört!
    »Die Ereignisse überschlugen sich in jenen letzten Tagen«, fuhr Edith fort, »es wurden immer noch Todesurteile verhängt und vollstreckt von den Deutschen, wußtest du das? Oh, was zitterten wir! In solchen Zeiten verbreiten sich ja auch die Gerüchte mit
rasender Geschwindigkeit. Manche behaupteten, die Deutschen würden die Inseln in die Luft sprengen oder alle Bewohner erschießen ... Das war natürlich Unsinn.«
    »Natürlich«, stimmte Maja gelangweilt zu.
    »Aber die Besatzer wurden nervös«, fuhr Edith fort, »und nervöse Menschen sind besonders gefährlich. Am schlimmsten war Erich Feldmann. Wir fanden ja später heraus, daß er sich seit Jahren schon mit Psychopharmaka vollstopfte, und in jenen Tagen brauchte er wohl mehr denn je davon. Aber er bekam nichts mehr. Die Versorgungslage war katastrophal. Bei Medikamenten, die überhaupt noch aufzutreiben waren, handelte es sich um eine Grundausstattung für Verletzte und ein bißchen Penizillin und Ähnliches... aber Psychodrogen gab es natürlich keine, und Erich geriet immer mehr in Panik. Er war abhängig von dem Zeug.«
    Maja seufzte erneut, diesmal ein wenig lauter. Erich Feldmann und seine Probleme interessierten sie nicht im mindesten.
    »Er hat Thomas bedroht«, sagte Edith, »deinen Urgroßvater. Habe ich dir das eigentlich schon einmal erzählt? Am Morgen des Tages, an dem er starb, Erich, meine ich. Er erschien in aller Herrgottsfrühe in der Praxis. Er sah fürchterlich aus. Grau im Gesicht, mit blutunterlaufenen Augen. Er verlangte Aufputschmittel, schrie herum, Thomas als Arzt müsse etwas vorrätig haben, es gebe sicher noch geheime Quellen... Tommy hatte wirklich nichts, aber Erich glaubte ihm nicht. Er hielt eine Waffe in der Hand, und Thomas mußte ihm jeden Schrank, jede Schublade öffnen, nicht nur in der Praxis, sondern auch im Haus. Erich führte sich auf wie ein Berserker. Wir waren halb verrückt vor Angst, denn oben auf dem Dachboden saß Julien, und es gab die Klappe nach oben, sie war deutlich sichtbar. Jeden

Weitere Kostenlose Bücher