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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Beobachterposition eingenommen und merkte, daß Kevin nervös und ungewöhnlich blaß war und daß Helene eigenen Gedanken nachhing. Franca erinnerte sich, daß der I. Mai Erichs Todestag war. Vermutlich durchlebte Helene in ihrer Erinnerung noch einmal jene dramatischen Stunden, die nun fünfundfünfzig Jahre zurücklagen. Darüber hinaus flogen ständig feine Giftpfeile zwischen Mae und Beatrice hin und her. Im Grunde, dachte Franca, ist dies hier keineswegs die Idylle, als die sie sich auf den ersten Blick darstellt.
    Sie hatten bis Mitternacht alle etwas zuviel Alkohol erwischt, und Beatrice bot Kevin und Mae an, die Nacht in ihrem Haus zu verbringen. Mae lehnte sofort ab, sie könne nur in ihrem Bett schlafen, sagte sie, und sie brauche ihre Sachen um sich herum.
    »Aber du bleibst, Kevin«, bat Beatrice, doch auch Kevin lehnte das Angebot ab. »Nein, ich muß nach Hause«, sagte er hastig.
    Er hat abgenommen, dachte Franca, er hat sehr schmale Wangen bekommen.
    Irgendwie sah er auch ungepflegter aus, nicht mehr so gestylt und perfekt wie früher. Seine Haare waren eine Spur zu lang, so als schiebe er einen überfälligen Friseurbesuch vor sich her, und er schwitzte stark. Es ging ihm ganz offensichtlich nicht gut, aber es war nicht ersichtlich, ob er sich mit einem psychischen Problem herumschlug oder sich körperlich unwohl fühlte. Er machte keinerlei Anstalten, über das, was in ihm vorging, zu sprechen, und verabschiedete sich statt dessen hastig.
    »Wenn ihn die Polizei kontrolliert, ist er seinen Führerschein los«, meinte Beatrice unruhig. »So leichtsinnig kenne ich ihn gar nicht. Zudem schien er mir äußerst nervös. Ich wüßte gern, was ihn derart beschäftigt.«
    Am nächsten Morgen schliefen sie alle lange. Es war noch völlig
still im Haus, als Franca erwachte. Sie blinzelte ins helle Sonnenlicht, setzte sich auf und konnte einen Schmerzenslaut kaum unterdrücken. Ihr Kopf brummte, ihre Augen brannten.
    »O Gott«, murmelte sie, »ich habe zuviel Alkohol erwischt.«
    Vorsichtig stieg sie aus dem Bett, tappte zum Fenster und sah hinaus. Strahlend sonnig, frisch und von seltener Klarheit lag der Maitag vor ihr. In der Ferne konnte sie das Meer glitzern und funkeln sehen. Für gewöhnlich lagen um diese Zeit feine Nebelschleier über dem Wasser, aber selbst diese hatten sich bereits aufgelöst.
    Ein vollkommener Tag, dachte Franca.
    Sie zog ihren Bademantel an und schlich, so leise sie konnte, nach unten. Ihr Mund brannte, sie brauchte unbedingt ein Glas Wasser.
    Auf dem Eßtisch standen noch die Gläser und Teller vom Vorabend. In dem großen Krug schimmerte in leuchtendem Erdbeerrot die Bowle. Franca schlurfte in die Küche hinüber. Jede Erschütterung spürte sie im Kopf.
    Ich wünschte, ich wüßte, wo es hier ein Aspirin gibt, dachte sie.
    Während sie in der Küche an die Spüle gelehnt stand und in kleinen Schlucken ihr Wasser trank, vernahm sie Schritte von draußen. Jemand schien um das Haus herumzugehen. Gleich darauf tauchte Kevins Gesicht hinter dem Fensterglas in der Verandatür auf. Franca erschrak so heftig, daß sie fast ihr Glas hätte fallen lassen.
    »Himmel, es ist nur Kevin«, sagte sie streng zu sich selbst und öffnete ihm die Tür.
    Er kam sofort herein, offensichtlich erleichtert, einen Menschen angetroffen zu haben, der wach war.
    »Ach, Franca, wie schön, Sie zu sehen«, sagte er. »Ich weiß, es ist noch ziemlich früh am Morgen, aber... «
    Er ließ den Satz unfertig in der Luft hängen, wußte wohl selbst nicht zu erklären, weshalb es ihn schon so früh aus dem Bett getrieben hatte. Wenn er überhaupt im Bett gewesen war. Franca bezweifelte es. Kevin sah aus, als habe er kein Auge zugetan und sei kaum in die Nähe eines Bettes gekommen.
    »Ich wollte Sie fragen, ob Sie Lust hätten, heute abend zu mir
zu kommen«, fuhr er hastig fort, »ich meine, Sie alle. Helene und Beatrice. Heute ist der Todestag von Helenes Mann, das ist immer sehr schwierig für sie. Ich dachte, ich könnte etwas kochen, und wir könnten sie ein bißchen auf andere Gedanken bringen.«
    »Oh - das ist eine nette Idee«, sagte Franca überrascht. »Ich komme gern. Beatrice und Helene schlafen noch, aber ich bin sicher, sie freuen sich auch.«
    »Ja, also, vielleicht könnten Sie mich anrufen, wenn alles geklärt ist«, sagte Kevin. Er trat von einem Fuß auf den anderen, wirkte unschlüssig, übernervös, angespannt. Es schien ihn zu beunruhigen, Helene und Beatrice nicht angetroffen zu haben,

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