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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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seine Aufzeichnungen geblickt. »Der Taxifahrer gab an, Helene Feldmann habe auf ihn einen verstörten Eindruck gemacht. Am Telefon habe sie so leise gesprochen, daß er sie kaum habe verstehen können. Sprach Mrs. Feldmann beim Telefonieren generell sehr leise?«
    »Nein. Sie sprach nie besonders laut, aber man konnte sie immer gut verstehen.«
    »Zudem stand sie bereits an der Straßenecke, als der Fahrer kam. Sie hat nicht im Haus gewartet. Das scheint mir ebenfalls nicht das typische Verhalten einer alten Dame zu sein!«
    Sie hatte keine Erklärung gewußt. »Ich habe keine Ahnung, was
mit ihr los war. Ich kann nur sagen, daß sie den Tag über ganz normal war. Bedrückt, ja. Aber das war sie immer am I. Mai. An diesem Tag vor fünfundfünfzig Jahren ist ihr Mann gestorben.«
    »Könnte es sein, daß sie abends — nachdem sie ja auch ein wenig Alkohol getrunken hatte — deswegen in eine sentimentale oder sogar depressive Stimmung fiel? Daß sie deswegen so leise sprach und die Ankunft des Taxis nicht erwarten konnte?«
    »Das wäre möglich. Helene ist über den Tod ihres Mannes nie wirklich hinweggekommen.«
    »Der Taxifahrer sagt, ihm sei ein anderer Wagen gefolgt. Er sei ihm ziemlich dicht aufgefahren — was ihn, den Fahrer, wohl auch verleitete, die weiter vorn gelegene Wendemöglichkeit zu nutzen und Mrs. Feldmann unterhalb des Hauses hinauszulassen. In dem Wagen könnte ein wichtiger Zeuge sitzen, und es wäre sehr nützlich, ihn ausfindig zu machen. Natürlich hat der Taxifahrer die Nummer nicht erkannt, und er weiß nicht einmal, um welchen Wagentyp es sich handelte. Wir haben in Presse und Radio dazu aufgerufen, daß der Fahrer dieses Autos sich bei uns meldet, aber bislang hat sich nichts getan.« Der Beamte stand auf und schob seinen Notizblock in die Tasche. »Das war es im wesentlichen, was ich wissen wollte. Nur eine Frage noch.« Er hatte sie angesehen, sehr aufmerksam, wie es ihr schien. »Wie war Ihr Verhältnis zu Helene Feldmann? «
    Sie dachte später noch über ihre Antwort nach, während sie durch das Haus ging und sich auf der Suche befand nach einem Menschen, der nicht mehr da war.
    »Wir kannten einander seit fast sechzig Jahren.«
    Erwartungsgemäß hatte er darauf gesagt: »Das ist keine Antwort auf meine Frage.«
    Sie hatte nicht die geringste Neigung verspürt, dem Beamten Einzelheiten über die komplizierte Beziehung zwischen ihr und Helene anzuvertrauen. »Wir lebten seit fast sechzig Jahren miteinander unter einem Dach. Das ist durchaus eine Antwort auf Ihre Frage. Wir waren eine Art Familie geworden. Die Mitglieder seiner Familie sucht man sich nicht aus, und man hinterfragt nicht ständig das Verhältnis, das man zu ihnen hat. Man kann ja doch nichts ändern. Man gehört zwangsläufig zusammen.«

    Er hatte noch nicht lockergelassen.
    »Gab es häufig Streit zwischen Ihnen?«
    »Nein. Wir stritten sehr selten.«
    »Gab es Vorbehalte von Ihrer Seite aus? Ursprünglich war Mrs. Feldmann schließlich als Frau eines Besatzers in Ihr Haus gekommen. «
    »O Gott, ich war ein Kind damals! Das hat keine Rolle mehr gespielt, schon lange nicht mehr.«
    »Was hat denn eine Rolle gespielt zwischen Ihnen und Mrs. Feldmann? «
    »Wir respektierten einander. Und wir hatten uns aneinander gewöhnt. «
    Er hatte geseufzt. Ganz offensichtlich wußte er wenig mit diesen Informationen anzufangen.
    Dabei, dachte Beatrice nun, habe ich ihm wahrscheinlich wirklich die einzig richtige Antwort gegeben. Respekt und Gewohnheit. Das ist es gewesen in den letzten Jahren.
    Tatsächlich? Sie stieg die Treppe hinauf, öffnete die Tür zu Helenes Zimmer, blieb dort stehen. Der Raum sah unverändert aus, so als werde seine Bewohnerin jeden Moment zurückkehren. Er roch auch noch nach Helene, nach ihrem Parfüm und nach dem Talkumpuder, den sie zu benutzen pflegte. Auf dem zierlichen Sekretär neben dem Fenster stapelten sich Papiere, die mit ihrer Handschrift bedeckt waren. Ein unüberschaubarer Wust von Zetteln, Briefen, Zeitungsausschnitten.
    Lieber Gott, sie hat wohl alles aufgehoben, was ihr je in die Hände gefallen ist, dachte Beatrice, es wird mühsam werden, alles durchzugehen und zu sortieren.
    Sie würde die Kleider und die Wäsche aus den Schränken räumen müssen; einen Teil würde sie wegwerfen, den anderen einer gemeinnützige Organisation spenden. Die Papiere durchgehen, nach unbezahlten Rechnungen sehen, Bankauszüge prüfen.
    Wer erbt überhaupt ihr Geld? fragte sie sich. Gibt es ein

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