Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
Testament?
    Sollte das Zimmer Helenes Zimmer bleiben — auch nach deren Tod? Das hieße, daß Helene auf irgendeine Weise noch da wäre, selbst jetzt noch.

    Ich werde das Zimmer leerräumen, entschied Beatrice. So, wie ich die Kleider weggeben, wie ich die Papiere wegwerfen werde. Das Zimmer kann ein weiterer Raum für Feriengäste werden.
    Die Schnelligkeit, mit der sie beschloß, sich von den Habseligkeiten der alten Frau zu trennen, erschreckte sie ein wenig.
    Wie war Ihr verhältnis zu Mrs. Feldmann?
    Sie schaute in das Zimmer. »Sie hat mir ziemlich in meinem Leben herumgepfuscht. Es gab Zeiten, da wünschte ich sie zum Teufel.«
    Haben Sie sie auch jetzt noch zum Teufel gewünscht? hätte der Beamte daraufhin gefragt.
    Sie überlegte. »Ich denke nicht, daß das jemals aufgehört hat. Ja, ich glaube, ich wünschte sie noch immer zum Teufel. Vielleicht an jedem einzelnen Tag unseres Lebens.«
    Sind Sie erleichtert, daß sie tot ist?
    »Ich weiß nicht... Ein solches Ende habe ich ihr nicht gewünscht. Aber ich denke, wenn der Schock vorüber ist, wird sich Erleichterung einstellen.«
    Wahrscheinlich, dachte sie, würde ich die perfekte Zielperson für eine Mordanklage abgeben.
    Wer hatte Helene etwas so Entsetzliches angetan?
    Sie hatte sich mit Franca während der vergangenen Tage darauf geeinigt, daß es sich um die Tat eines Wahnsinnigen handelte. Es war die Version, mit der sie beide am besten leben konnten. Die Vorstellung, daß ein geisteskranker Mörder auf Guernsey umherlief, war schlimm, aber noch schlimmer war der Gedanke, jemand könne einen solchen Haß auf Helene entwickelt haben, daß er ihr die Kehle durchschnitt und sie auf einem einsamen Feldweg verbluten ließ.
    Sie hörte ein Geräusch auf der Treppe und zuckte zusammen. Für einen Moment kam ihr der absurde Gedanke, der Polizeibeamte könne sich nach der Verabschiedung wieder ins Haus geschlichen haben, sei nun leise heraufgekommen und habe ihren Monolog, der einer Selbstbezichtigung gleichkam, belauscht. Aber das war Unsinn, kein englischer Polizist würde so etwas tun.
    Sie trat nach vorn an die Brüstung und rief: »Hallo?«

    Im selben Moment sah sie Kevin, der sich gerade anschickte, die Treppe heraufzuschleichen. Es hatte den Anschein, als erschrecke er fast zu Tode bei ihrem Ausruf. Ein Ruck ging durch seinen ganzen Körper, sein Gesicht wurde fahl.
    »Mein Gott! Ich dachte, niemand wäre daheim! Ich habe vorn an die Tür geklopft, bin dann durch die Küche ins Haus gekommen und habe gerufen... aber niemand hat geantwortet.« Er wirkte fahrig und nervös. »Tut mir leid, daß ich einfach so ...«
    »Unsinn. Du gehörst zur Familie, Kevin.« Sie lief die Treppe hinunter und realisierte dabei wirklich, daß er die Treppe hinauf gewollt hatte — was sie tatsächlich ein wenig eigenartig fand.
    »Was wolltest du oben, Kevin?« fragte sie so leichthin wie möglich und küßte ihn auf beide Wangen.
    Er erwiderte ihre Küsse, seine Lippen fühlten sich kalt an. »Ich... ich weiß, es gehört sich nicht. Aber ich wollte ihr Zimmer noch einmal sehen.«
    »Dann geh hinauf. Du brauchst diesen Abschied von ihr so nötig wie ich. Ich mache uns inzwischen einen Kaffee.«
    Sie hörte ihn oben herumgeistern, während sie in der Küche hantierte. Vielleicht, überlegte sie, habe ich ihm unrecht getan, wenn ich immer dachte, er suche ihre Gesellschaft nur, um sie anzupumpen. Vielleicht hat ihn mehr mit ihr verbunden. Vielleicht war es genau so, wie ich heute zu dem Beamten sagte: Sie war eine mütterliche Freundin für ihn.
    Sie stellte Kaffeekanne, Tassen, Zuckerdose und Milch auf ein Tablett und trat auf die Veranda, die hinter der Küche lag. Kurz fiel ihr die Silvesternacht ein, in der sie hier mit Erich gestanden hatte. Einer der wenigen Momente, da er nicht vom Endsieg gesprochen hatte. Er hatte Angst gehabt. Er hatte gewußt, daß sich sein Führer ins Verhängnis manövriert hatte und daß sie alle mit ihm untergehen würden. Er hatte ihr aufgetragen, für Helene zu sorgen.
    Das Tablett zitterte, die Kaffeelöffel klirrten. Rasch stellte sie es auf dem Tisch ab.
    Zum Teufel, es war nicht die Zeit, daran zu denken. Jene Nacht lag so viele Jahrzehnte zurück, sie lag auf der anderen Seite eines ganzen Lebens. Eine naßkalte Nacht, in der sie sich eine Lungenentzündung geholt hatte.

    Heute war ein heißer Maitag. Ein warmer Wind ließ die Blätter in den Bäumen rauschen.
    Beatrice atmete tief. Mit Helene war ein weiteres Stück einer

Weitere Kostenlose Bücher