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Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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vorher nicht so lang erschienen. Mit den Männern im Rücken, die einer alten Frau die Kehle durchgeschnitten hatten, kam er ihr endlos vor. Sie wollte laufen, aber eine seltsame Kraft in ihr bezähmte sie. Sie bewegte sich so normal, als mache sie einen Spaziergang an einem warmen Frühsommertag.
    »Ich weiß jetzt auch, woher ich diesen Julien kenne«, murmelte Alan. »Ich habe ihn gestern in The Terrace gesehen. Er war mit Gerard zusammen — dem Kerl, der gerade gefragt hat, wer wir sind. «
    »Aber dann...«
    Er nickte. »Dann sollten wir meine Mutter schleunigst vor ihm warnen. Oder sie bitten, ihn aufzuhalten, bis die Polizei kommt. Ich habe mein Handy im Wagen. Wie heißt das Cafe, in dem sie mit ihm sitzt?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Franca, »keine Ahnung, ich habe nicht darauf geachtet.«
    »Mir fällt es gleich ein«, sagte Alan, »ich habe dort selbst hundertmal gesessen. «
    Im selben Moment vernahmen sie eine scharfe Stimme: »Einen Augenblick! Bleiben Sie stehen!«
    Alan fluchte. »Jetzt haben sie kapiert, daß wir etwas kapiert haben. Los, Franca, lauf, so schnell du kannst!«
    Sie spürte, daß er ihre Hand nahm. Spürte, daß er sie vorwärtsriß. Ihre Knie wurden weich, begannen zu zittern.

    »Ich kann nicht«, stieß sie hervor, aber er zerrte sie unbarmherzig weiter.
    »Denk an Helene! Denk daran, was sie mit ihr gemacht haben! Wir müssen zum Auto!«
    Sie stolperte mehr, als daß sie rannte. Vermutlich wäre sie gefallen, hätte er sie nicht gehalten. Sie dachte an Helene, und die Panik türmte sich vor ihr auf wie eine dunkle, riesige Welle. Es gelang ihr, sie zurückzuschmettern, aber die nächste, das wußte sie, würde sie erwischen. Voll erwischen. Dann konnte sie keinen Schritt mehr tun.
    Sie hörte, daß die Verbrecher ihnen folgten. Sie hörte ihre Schreie, nahm die Vibration des Bodens wahr. Noch fünfhundert Meter bis zum Auto. Hatten sie die Tür abgeschlossen? Was, wenn es nicht ansprang?
    In Filmen springt es nie an, dachte sie, und da sie sich vorkam wie in einem Film — oder in einem Alptraum —, war sie bereits überzeugt, daß das Auto sie beide im Stich lassen würde.
    »Es heißt Sea View «, hörte sie Alan neben sich keuchen, »das Cafe, in dem Mum sitzt!«
    In diesem Moment fiel der erste Schuß. Er krachte über die Ebene und erschreckte die Möwen, die gleich darauf in tosendes Geschrei verfielen. Es klang wie ein Echo auf die Waffe. Der zweite Schuß fiel. Noch dreihundert Meter bis zum Auto. Franca zweifelte nun nicht mehr daran, daß die Männer sie töten würden, wenn sie sie erwischten. Sie hatten zuviel auf dem Kerbholz, um es sich leisten zu können, geschnappt zu werden. Sie hatten nicht nur Schiffe geklaut. Sie hatten auch einen Mord begangen.
     
    Als Alan stürzte, dachte er im ersten Augenblick, ein Schuß habe ihn getroffen. Zu seiner Verwunderung spürte er zunächst keinen Schmerz. Irgendwo müßte es doch weh tun, überlegte er sachlich und hatte dabei den unbestimmten Eindruck, daß er sich diese für den Moment unerhebliche Frage nur stellte, weil er einen leichten Schock hatte und nicht an das Eigentliche denken wollte: daran, daß sie ihn gleich erwischen und dann töten würden.
    Er wollte aufstehen, doch ein stechender Schmerz in seinem rechten Knöchel ließ ihn stöhnend in sich zusammensinken. War
dort die Kugel eingeschlagen? Oder war er einfach gestolpert, hatte sich dabei irgend etwas gezerrt oder gerissen?
    Oder gebrochen, dachte er, du lieber Gott!
    Er bemerkte, daß Franca stehen geblieben war. Er hatte sie an der Hand gehalten, und beinahe wäre sie mit zu Boden gegangen. Nun starrte sie ihn schwer atmend an. Ihre Augen waren weit geöffnet und starr wie bei einem verängstigten Tier. Er griff nach dem Autoschlüssel, der in der Tasche seiner Jeans steckte. Er warf ihn ihr zu.
    »Lauf«, sagte er, »los, lauf zum Auto. Fahr zur Polizei! Ruf Mum an! Beeil dich! «
    Sie rührte sich nicht.
    »Beeil dich!« drängte er.
    Zwei Männer rannten über die Wiese auf sie zu. Einer war Gerard. Der Verbrechertyp, dessen Visage sich ihm an jenem Nachmittag in der Hauteville Road vor Majas Wohnung so unauslöschlich ins Gedächtnis gegraben hatte. Gerard, Majas Liebhaber. Gerard, der Killer. Vermutlich derjenige in der Bande, der die Drecksarbeit erledigte.
    »O verdammt, Franca, steh nicht da und schau mich an wie das Kaninchen die Schlange!« Plötzlich fiel ihm ihre erste Begegnung wieder ein — ebenfalls in der Hauteville Road, am selben

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