Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin

Titel: Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
Vom Netzwerk:
getan werden mußte, und die nichts, was um sie herum geschah, an ihr Inneres dringen ließ.
    Noch bevor die beiden Sanitäter überhaupt begriffen hatten,
was geschah, zog sie das weiße Tuch zurück, das den leblosen Körper auf der Bahre bedeckte.
    Sie sah in das starre, tote Gesicht von Kevin Hammond.

11
    »Was ich nicht verstehe«, sagte Alan, »was ich einfach nicht verstehe, Mum: Wie konntest du diesen Julien entwischen lassen?«
    Er saß in einem bequemen Sessel auf der Veranda des Hauses seiner Mutter. Vor ihm stand ein Stuhl, auf dem er seinen dick verbundenen Fuß abstützte. Eine Sehne war gerissen, und der Arzt hatte ihm absolute Ruhe verordnet. Es hätte der Anordnung nicht bedurft; Alan hätte sich auch so nicht bewegt.
    Beatrice, die auf der Bank kauerte und ein Glas Sherry in der Hand hielt, schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich war völlig geschockt von dem, was ich da hörte. Ich konnte es nicht fassen. Irgendwo war ich auch ungläubig. Ich dachte, Franca ist betrunken oder verwirrt. Es klang so absurd, was sie erzählte. Als ich an den Tisch zurückkehrte, war Julien schon im Aufbruch. Er hatte es eilig.«
    »Natürlich hatte er es eilig«, sagte Alan, »denn er wollte ja zu seinen Kumpanen in die Perelle Bay. Nur ist er eigenartigerweise dort nie aufgetaucht. Als hätte er eine Ahnung gehabt.«
    »Als ich dort hinkam«, sagte Beatrice, »wimmelte es von Polizei. Er wird das gesehen haben und umgekehrt sein. Julien rennt doch nicht offenen Auges in sein Verderben!«
    »Es ärgert mich, daß er entkommen ist«, beharrte Alan, »er gehört zu den Verbrechern, und er hätte mit ihnen ins Gefängnis gehen müssen.«
    Beatrice erwiderte nichts, sondern nippte nur an ihrem Sherry. Franca, die gerade heraustrat und die letzten Sätze gehört hatte, warf ihr einen eindringlichen Blick zu. Beatrice erwiderte diesen Blick voller Gelassenheit. Franca nickte fast unmerklich: Sie hatte begriffen. Und würde sich einer Wertung enthalten.
    Sie alle hatten stundenlange Befragungen durch die Polizei über
sich ergehen lassen müssen. Alan vor allem, der mit angesehen hatte, wie Kevin erschossen wurde. Sie hatten sich mit ihm im Gewächshaus verbarrikadiert, hatten ihn als Geisel genommen.
    Er konnte es noch immer nicht fassen, daß er am Leben war. Als er im Gras gelegen hatte, war er überzeugt gewesen, Gerard werde ihn erschießen. Es schien keinen Grund zu geben, weshalb er es nicht hätte tun sollen. Aber dann hatte er gehört, wie Gerard zu den anderen sagte: »Die Alte holt die Bullen, jede Wette. Wir kommen hier nicht mehr weg. Los, schafft ihn ins Gewächshaus!«
    Kräftige Arme hatten ihn gepackt und aufgerichtet. Vor Schmerz war er fast ohnmächtig geworden. Von seinem Fuß aus jagten Schmerzpfeile wie tödliches Gift durch seinen Körper. Der Weg bis zum Gewächshaus kam ihm endlos vor, war eine Tortur, wie er sie noch nie erlebt hatte. Drinnen war er in sich zusammengesunken, zwischen einem Blumentopf, in dem ein paar Usambaraveilchen vor sich hinwelkten, und einem großen Strohkorb, in dem Blumenzwiebeln lagen. Er atmete keuchend und bemühte sich, an etwas anderes zu denken als an die Schmerzen, die das Bein hinaufpochten. Er sah Kevin an, doch der wandte den Blick ab. Die Männer beratschlagten leise, er konnte nicht verstehen, was sie sagten.
    Alles, was von nun an geschah, hatte er wie durch einen Nebel erlebt. Der Schmerz hatte über ihm gelegen und ihn umklammert. Irgendwann bekam er mit, daß offenbar die Polizei draußen war, dann, daß Verstärkung anrückte. Dazwischen hatten die Gangster verkündet, eine Geisel zu haben. Eigenartigerweise dauerte es eine ganze Weile, bis er begriff, daß sie ihn damit meinten.
    Er wußte nie, wieviel Zeit vergangen war. Später erfuhr er, daß das ganze Drama etwas über zwei Stunden gedauert hatte. Für ihn hätten es Tage sein können. Der Schmerz erfüllte ihn ganz und gar, seinen Körper, aber auch seinen Verstand, seine Seele, alle seine Gefühle. Es gab nichts mehr jenseits des Schmerzes. Alles war gleichgültig. Er wünschte nur, daß das Hämmern in seinem Fuß, in seinem Bein aufhören würde.
     
    Wie war es dazu gekommen, daß plötzlich ein Schuß fiel? Die Polizei wollte das später ganz genau von ihm wissen, und er zerbrach
sich den Kopf, um einen wahrheitsgemäßen Bericht des Geschehens abzugeben. Er hatte dagelegen, zwischen den Usambaraveilchen und den Zwiebeln, hatte den Schmerz in seinem Kopf dröhnen gefühlt. Er hielt die Augen

Weitere Kostenlose Bücher