Die Rosenzüchterin - Link, C: Rosenzüchterin
Welt gewesen, und das hatte nichts zu tun gehabt mit seiner Sexualität. Er war ein Träumer gewesen, ein Mensch, der die Nähe der Blumen mehr gesucht hatte als die der Menschen. Der sich mit einer alten Dame gut verstanden hatte, die ihn gütig und rücksichtsvoll behandelte, die genauso wie er unter den Härten des Lebens und unter der Unsensibilität der Mitmenschen gelitten hatte. Kevin hatte versucht, sich abseits zu halten von allem, was derb war, häßlich und rauh. Er hatte sich ein Leben gezimmert, das schöner, reiner und sanfter gewesen war als das anderer Menschen. Seine Tragödie war es gewesen, schließlich mit dem wirklich Bösen, dem Brutalen und Gewalttätigen enger zusammenzukommen, als das anderen für gewöhnlich passierte. Seit er mit den Verbrechern gemeinsame Sache gemacht hatte, war er immer grauer, immer müder und trauriger geworden. Er war wie ein Schatten gewesen in den letzten zwei Jahren. Nun hatte er sein Leben beendet, dem er sich nicht mehr gewachsen fühlte. Vielleicht hatte er im Bruchteil einer Sekunde seine Chance gesehen und genutzt.
Dann war alles sehr schnell gegangen. Die Polizei hatte das Gewächshaus gestürmt, kaum daß der Schuß gefallen war. Alan hatte zu diesem Zeitpunkt halb bewußtlos auf der Erde gelegen; die Männer hatten ihn fallen lassen, als Kevin tot zusammenbrach. Er wußte nicht, weshalb Gerard nicht ein zweites Mal geschossen hatte. Vielleicht lag es daran, daß die Polizei so rasch dagewesen war. Oder selbst er, in seiner Kälte und völligen Gefühllosigkeit,
war erschrocken gewesen, als Kevin plötzlich leblos vor ihm gelegen hatte.
Alan war nicht sicher, ob er tot war oder lebendig war. Erst als irgendwann ein Arzt sich über ihn beugte und seinen Fuß abtastete, ihm eine Schmerzspritze gab, die sehr rasch ihre wunderbare Wirkung entfaltete, begriff er, daß er davongekommen war. Und das nächste Bild war dann schon Franca gewesen, die seine Hand hielt und ihm irgend etwas Verworrenes erzählte darüber, daß es ihr leid tue, nicht schneller gehandelt zu haben, sie habe zuerst im Sea View angerufen, und das noch vergeblich, denn Julien sei nun dennoch entkommen, und dann habe sie eine schwere Panikattake erlitten, und das habe noch einmal Zeit gekostet...
Er verstand nicht ganz, was sie erzählen wollte, aber er sagte einige Male beruhigend: »Es ist doch alles in Ordnung. Alles ist in Ordnung.« Er hatte sie angesehen und sich geborgen und getröstet gefühlt.
Er hatte noch nicht gewußt, daß Kevin tot war.
Beatrice trauerte um Kevin, das spürten sie alle. Sie saß dort an dem sonnigen Tag auf der Veranda, hielt sich an ihrem Sherryglas fest und sagte: »Ich werde nie wieder einen Schluck mit ihm trinken. «
Franca und Alan wußten sofort, daß sie von Kevin sprach.
»Kevin war labil«, meinte Alan und fragte sich gleich darauf, weshalb er das sagte. Schließlich konnte das kein Trost sein für seine Mutter. »Ein weniger labiler Mensch hätte sich nie so weit in eine kriminelle Geschichte verstricken lassen, wie das Kevin getan hat.«
Seine Kumpane hatten vor der Polizei ausgepackt. Demnach war Kevin zweieinhalb Jahre zuvor zum erstenmal mit der Bande in Berührung gekommen - über einen sehr jungen Franzosen, mit dem er für einige Zeit liiert gewesen war. Dieser hatte ihn mit seinen Freunden bekannt gemacht. Irgendwann war es Kevin klargeworden, daß er es mit Kriminellen zu tun hatte, aber er war damals Wachs in den Händen seines Freundes gewesen. Er hatte die Beziehung unter keinen Umständen aufs Spiel setzen wollen und hatte sich mehrfach als Handlanger einsetzen lassen: hatte Botengänge
erledigt, Informationen weitergegeben, Erkundigungen getätigt. Schließlich hatte er sich sogar überreden lassen, die beiden leerstehenden Gewächshäuser in der Perelle Bay zu kaufen, seinen Namen und seinen Gärtnereibetrieb als Tarnung herzugeben. Sie hatten zum erstenmal ein Schiff dort versteckt und umgespritzt. Kurz darauf war die Beziehung zwischen Kevin und dem jungen Franzosen in die Brüche gegangen, und Kevin hatte aus der ganzen Geschichte aussteigen wollen. Doch da hatten sie ihn dann schon erpreßt: Wenn er sich zurückzog, würden sie ihn auffliegen lassen. Für sie risikolos: Sie konnten sich leicht nach Frankreich absetzen und dort untertauchen. Aber Kevin wäre ruiniert, seine Existenz vernichtet. Er hatte weitermachen müssen.
Unglücklicherweise hatte Kevin in einem intimen Moment seinem Freund anvertraut, daß er in Helene
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