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Die rote Antilope

Die rote Antilope

Titel: Die rote Antilope Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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Vater verstehen. Er wollte nicht werden wie all diese wunderlichen Insekten, hinter einer Glasscheibe auf eine Nadel gespießt. Der Unterschied zwischen der zugesperrten Tür und dem Glas, das die Insekten bedeckte, war sehr gering.
    Wenn er hörte, daß die Tür aufgesperrt wurde, tat er immer so, als würde er schlafen. Erst wenn er wieder allein war, schlich er sich aus der Tür, die Treppe hinunter und hinaus zu den Tieren.

    Eine schwarze Katze, die einen Stummelschwanz hatte, war seine Freundin geworden. Sie folgte ihm auf Schritt und Tritt, wenn er neben den Baum pinkelte oder dem Pferd Heu gab.

    In der Mitte des Monats, der Oktober genannt wurde, beherrschte er die Sprache gut genug, um Vater demnächst erklären zu können, es sei jetzt Zeit für seine Heimkehr. Abends wurde es bereits früh dunkel.
    Er schlief länger, und die Träume dehnten sich aus, wurden ausführlicher und deutlicher. Er führte lange Gespräche mit Be, die allmählich ungeduldig wurde, weil er nicht nach Hause kam. Manchmal begleitete er auch Kiko zu dem Felsen, wo die Antilope in ihrem Sprung erstarrt war.
    Eines Morgens erklärte Vater, seine Arbeit mit den Insekten sei jetzt beendet. Sie würden in wenigen Tagen aufbrechen.
    - Fahren wir zurück? fragte Daniel und spürte, wie sein Herz vor Freude schneller schlug.
    - Zurück wohin?

    - In die Wüste?
    - Du wirst nie wieder in die Wüste zurückkehren. Dein Leben ist hier. Du lernst sprechen, du lernst anzuklopfen, einen Diener zu machen und einzutreten, wenn du hereingebeten wirst. Jetzt werden wir in eine Stadt fahren, in der ich meine Insekten vorführen werde. Aber ich werde auch dich vorführen.
    Daniel antwortete nicht.

    In dieser Nacht, der letzten vor ihrer Abreise, entschied er, daß er seine Gedanken für sich behalten müßte. Er würde keinem erzählen, daß er zu Be und Kiko zurückkehren wollte, obwohl sie tot waren.

    Er sah auch ein, daß ihm ein Wissen fehlte, das dafür notwendig war.
    Um zurückzukehren, würde er lernen müssen, auf dem Wasser zu gehen.

    13

    In Stockholm lernte Daniel, daß das Leben des Menschen nicht nur davon bestimmt wird, wie er sich an einer Tür benimmt, sondern daß auch die Bewegungen von Licht und Dunkelheit aus Ritualen bestehen, die genau zu befolgen sind.
    Ein Monat war vergangen, seit sie die krumme Frau und die Katze mit dem Stummelschwanz verlassen hatten. Mit Pferd und Wagen waren sie nach Osten gefahren, und schließlich hatten sich die Wälder zögernd geöffnet, und sie waren in eine Stadt gekommen, die Kalmar hieß. Dort hatte Daniel das Meer wiedergesehen. Auf einer Karte hatte ihm Vater gezeigt, wo sie damals mit dem Schiff gelandet waren, und wie sie sich dann in der Form eines Hufeisens bewegt hatten, bis sie jetzt wieder am Meer angekommen waren.

    Die Stadt war klein und verwinkelt. Als sie zwischen den niedrigen Häusern dahinrollten, waren die Straßen von den anhaltenden Regenfällen überflutet, und sie hatten sich nur mit äußerster Mühe durch den Matsch zum Meeresufer durchgekämpft, wo sie ein Zimmer in einem Steinhaus gemietet hatten. Vater hatte Daniel gebeten, dafür zu sorgen, daß das magere Pferd viel Heu fraß, am besten mit einem Zusatz von Hafer, und es gründlich zu waschen und zu striegeln. Später würden sie es verkaufen und mit ein bißchen Glück vielleicht auch etwas für den Wagen bekommen. Sie brauchten das Geld, um die Schiffspassage nach Stockholm zu bezahlen, erklärte Vater. Die Abfahrt wäre in sechs Tagen, und wenn das Pferd vier Tage lang ordentlich gefressen hätte, könnten sie es verkaufen.
    Am ersten Abend besichtigten sie die Burg von Kalmar. Aber Daniel interessierte sich mehr für das Wasser. Gerade an diesem Abend lag es ganz still da. Daniel dachte, vielleicht würde es gar nicht so schwierig sein zu lernen, wie man auf dem blanken Wasserspiegel ging. Aber noch immer sagte er nichts zu Vater. Vermutlich würde es nie möglich sein, ihm etwas davon zu erzählen. Er würde es nicht verstehen. Vielleicht würde er ihn wieder festbinden, wie in der ersten Zeit, und die Türen zugesperrt halten, obwohl Daniel jetzt gelernt hatte, wie man anklopft, wartet, die Tür öffnet, einen Diener macht und sie wieder schließt.

    In der zweiten Nacht, die sie in der Stadt verbrachten, trank Vater wieder eine von den Flaschen aus, die den Boden unter seinen Füßen in ein Schiffsdeck verwandelten. Er schlief auf dem Bett ein, ohne sich auszuziehen, und vergaß außerdem, die Tür

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