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Die rote Antilope

Die rote Antilope

Titel: Die rote Antilope Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Mankell
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er. Nicht wegen der großen.
    - Dann sind Sie selbst schuld. Dann sterben Sie halt, erwiderte Wackman. Niemand wird Sie vermissen, keiner wird sich an Sie erinnern.

    Doch Wackman, der mit Vornamen Erasmus hieß, hielt sein Versprechen. Am neunten Tag war alles bereit. In Ermangelung eines Besseren hatte Bengler Wackman schließlich die Adresse der Haushälterin in Hovmantorp hinterlassen. Für den Fall, daß er sterben sollte. Sie sollte dem Vater den Brief zwischen die mahlenden Kiefer stopfen, so wäre die letzte Erinnerung an ihn ausgelöscht.

    Trotzdem wußte er, daß dies nicht geschehen würde. Ohne daß er es erklären, geschweige denn rechtfertigen konnte, war er sich seines Überlebens gewiß.
    Der Sand würde ihn nicht überlisten.
    An einem der ersten Tage im Juli brach er aus Kapstadt auf.
    Die trägen Ochsen bewegten sich langsam. Er hatte sich einen Tropenhelm gekauft und ein Gewehr über die Schulter gehängt. Um sein Gesicht, vom Schweiß angelockt, schwirrten Insekten. Er dachte, sie würden ihm den richtigen Weg zeigen. Sie waren seine wichtigsten Reisefährten.
    Der Kompaß, in London hergestellt und in Messing gefaßt, wies ihnen den Kurs genau nach Norden, vielleicht mit einer Abweichung von einem hundertstel Grad nach Westen.

    Am ersten Abend zog er sich um, bevor er sich hinsetzte, um das Abendessen einzunehmen, das Amos, sein Koch, servierte. Sie hatten das Lager am Ufer eines kleinen Flusses aufgeschlagen. Der Sternenhimmel war klar und nah. Plötzlich sah er den Großen Wagen. Aber er stand auf dem Kopf. Als letzten Gruß an all das, was er zurückgelassen hatte, überraschte Bengler seine Ochsentreiber damit, daß er sich auf den Kopf stellte, um den Großen Wagen so betrachten zu können, wie er ihn als Kind gesehen hatte. Sie glaubten, er bete zu einem Gott.

    Danach lag er lange wach und wartete darauf, ein Raubtier in der Nacht brüllen zu hören. Aber es blieb ganz still.

    4

    Am folgenden Tag, in der heißesten Stunde, als die Sonne senkrecht über seinem Kopf stand, kam die Furcht.
    Erst war es eine diffuse Angst. Eine Vorahnung, die er zunächst mit der Erklärung abtat, er hätte vielleicht etwas Falsches gegessen. Oder irgend etwas aus dem Gedächtnis verloren, einen Gedanken, der seinen Kopf unbemerkt passiert hatte, ohne daß ihm seine Bedeutung bewußt geworden wäre. Die Unruhe oder Angst, die er anfangs empfunden hatte, war nicht besonders schwerwiegend. Die eigentliche Furcht kam später. Sie war stark und zog an ihm wie ein kräftiger Magnet.

    Sie hatten am Rand einer Ebene Rast gemacht, wo niedrige Büsche in der Sonne vergilbten. Neka hatte einen Sonnenschirm aufgespannt und seinen Klappstuhl auf einen kleinen Teppich gestellt. Sie hatten Reis, Gemüse und ein stark gewürztes Brot gegessen, das Wackman zufolge das einzige war, das während längerer Expeditionen nicht schimmelte. Amos, Neka und die beiden anderen Ochsentreiber, deren Namen er sich noch immer nicht merken konnte, schliefen unter dem Wagen. Die drei Ochsen standen regungslos. Nur dort, wo Insekten sie attackierten, zuckte ihr Fell.

    In diesem Augenblick verwandelte sich die trockene Erde in Eisen. Der Magnet zog, und er spürte die Furcht kommen. Er hatte gerade sein Tagebuch hervorgeholt, um sich Notizen über den vergangenen Vormittag zu machen. Er hatte sich vorgenommen, dreimal täglich zu schreiben: wenn er aufwachte, nach der Mittagsruhe und vor dem Schlafengehen. Da er sich nicht vorstellen konnte, diese Aufzeichnungen nur für sich selber zu machen, hatte er sich überlegt, daß Matilda die einzige wäre, an die er seine Worte richten könnte. Die Furcht kam, als er gerade den Bericht des Morgens beendet hatte. Sie hatten das Zelt bei Sonnenaufgang abgebaut und gegen neun ein ausgetrocknetes Flußbett durchquert, in dem er das Skelett eines Krokodils identifiziert hatte. Seine Länge hatte er auf drei Meter und zehn Zentimeter berechnet. Kurz nach zehn hatten sie ein Gebiet mit dichtem Dorngestrüpp passiert, das die Ochsen in Unruhe versetzte. Kurz bevor sie sich zur Mittagsrast niederließen, hatte er einen großen Vogel regungslos über seinem Kopf stehen sehen, als ruhe er auf einer unsichtbaren Säule. Ob es ein Adler oder ein Geier war, hatte er nicht erkennen können. Am Ende dieses Faktenberichts hatte er einen Absatz hinzugefügt. Das Gefühl ist sehr stark. Von Hovmantorp bin ich bis hierher gekommen. Ich stelle fest, daß der Weg endlos ist und das Leben sehr kurz.

    In diesem

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