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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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klar, auf wessen Seite er steht.

Farwick Castle
    Malcom
hatte Recht. Kurz nachdem er sich gewaschen hat, ist das Donnern von
Pferdehufen zu vernehmen. Als Joan den Reiter vor ihnen auf dem Weg erkennt,
macht ihr Herz einen freudigen Sprung. Es ist Nigel. Nie hätte sie sich träumen
lassen, einmal Freude über sein Erscheinen zu empfinden. Doch ist sie wirklich
glücklich darüber, dass er überlebte. Er lenkt seinen Schimmel vom Weg ab auf
sie zu und lächelt ihnen entgegen. Am Bachufer angelangt sitzt er ab.
    „Ihr habt euch ja Zeit
gelassen! Konntet oder wolltet ihr euch nicht von unserem siegreichen Bezwinger
trennen?“ Über dem Arm hängen ihm Decken und Kleidung.
    Malcom hatte sich bereits
erhoben und kommt auf ihn zu. „Dein Schandmaul ist jedenfalls noch immer das
alte.“
    Nigel atmet durch und macht
eine etwas ernstere Miene, während er die mitgebrachten Sachen ins Gras fallen
lässt. „Unsere Gebete wurden erhört.“
    Malcom legt ihm flüchtig eine
Hand gegen den Arm, um sich daraufhin eine Decke aus dem Haufen herauszusuchen.
Diese breitet er am Ufer im weichen Gras aus und watet zu Joan zurück. Behutsam
nimmt er ihr Raymond ab und trägt ihn zur Decke hinüber, auf die er ihn
fürsorglich bettet. Während er die Wolldecke um Raymond windet bemerkt er
Nigels aufgerissene Augen, mit denen er zu Joan herüber starrt, die sich
ebenfalls aus dem Wasser erhoben hat.
    Sprachlos sinkt Nigel auf die
Knie und schüttelt ungläubig den Kopf.
    „He, du Flegel. Starr sie nicht
so an!“ Malcom versetzt ihm eine zurechtweisende Kopfnuss, auf welche ihm
zumindest Nigels halbe Aufmerksamkeit zuteil wird.
    „Ich hab’ mir von einem
Weibsbild die Nase brechen lassen“, murmelt dieser fassungslos, um sie sogleich
erneut anzustarren.
    Joan indes hat sich in eine
Decke gewickelt.
    „Und im Schwertkampf besiegte
sie mich ebenfalls“, klagt er tonlos weiter.
    Malcom klopft ihm aufmunternd
die Schulter. „Du bist nicht der Einzige. Mir wollte sie auch schon die Brust
durchbohren“, vertraut er ihm an, woraufhin Nigel die Augen noch weiter
aufreißt.
    Joan muss über beide lachen.
„Ich setzte mich lediglich gegen euch zur Wehr“, erinnert sie.
    Die beiden schweigen betreten.
    Malcom beginnt, im
Kleiderhaufen herumzuwühlen. Joan tut es ihm gleich. Sie ziehen sich
geschmeidige enge lederne Beinlinge sowie weiche baumwollene Leibhemden und
Tuniken über. Die saubere Kleidung ist ein wahrer Genuss.
    Sie verlieren keine Zeit mehr.
Malcom sitzt weiterhin ohne Stiefel auf. Nigel nimmt Raymond hoch, der fest
eingeschlafen ist. Als er ihm dabei ins Gesicht blickt, stößt er einen
überraschten Ruf aus. Verwundert reicht er ihn Malcom aufs Pferd hinauf. „Da
wird sich aber jemand freuen“, äußert er grinsend, was Joan zu einer
nachdenklich gerunzelten Stirn verleitet, während sie sich auf ihren treuen
Gaul schwingt.
    Nigel sitzt ebenfalls auf und
reitet voraus. Als sie auf den Weg biegen, kommt Malcom neben ihn.
    „Sag, wer von uns ist gefallen,
Nigel?“
    Gefragter blickt ihn flüchtig
von der Seite an. „Frag’ mich besser, wer überlebt hat.“
    Malcom hebt alarmiert die
Augenbrauen. „Also?“
    „Nur Gerold und ich“, offenbart
ihm Nigel, woraufhin sich Malcom aufgelöst übers Haar streicht.
    Er nickt ernüchtert. „Keine
Lösegeldforderungen?“
    „Nein, keine.“
    „Auch nicht für Joan und mich?“
    Nigels Kopf schnellt zu ihm
herum. „Nein“, erwidert er erstaunt.
    Malcom schweigt gedankenvoll.
„Habt ihr einen Boten nach Thornsby gesandt“, fragt er schließlich weiter.
    „Ja. Niemand von uns ist dort
aufgetaucht. ... Sie haben uns Joans Verschwinden mitgeteilt. Wir glaubten,
Percy hätte noch sein Werk vollendet“, raunt Nigel mit einem forschenden Blick
auf Raymond.
    Malcom lässt sich zu Joan
zurückfallen und schweigt nachdenklich.
    Sie spürt seine Anspannung.
    „Ich glaube nicht daran, dass
unserer Auslöse lediglich fehlgeschlagen ist“, gibt er ihr zu verstehen.
    Joan runzelt die Stirn. „Jemand
soll es absichtlich bewirkt haben?“
    Malcom wiegt den Kopf. „Wir
müssen vorsichtig sein. Mag sein, dass noch jemand in Percys Auftrag unterwegs
ist um zu Ende zu bringen, wofür er bezahlt wurde.“
    Joan fährt sich beunruhigt über
die Stirn. „Sind wir auf Farwick Castle sicher?“ Verstohlen äugt sie zu ihrem
Vater herüber, der jedoch tief und fest schläft.
    „Percy wird nicht allzu viele
Handlanger eingeweiht haben. Vermutlich handelt es sich nur um einen einzigen
Mann.

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