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Die rote Farbe des Schnees

Die rote Farbe des Schnees

Titel: Die rote Farbe des Schnees Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Holmy
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Wasser scheinen ihm Recht zu geben.
    „Nimm mir Raymond ab, Joan.
Aber vorsichtig. Ich glaube, er ist ohnmächtig.“
    Sie gleitet vom Pferd und kommt
schnell an Brix’ Seite. Malcom lässt ihren Vater unter dessen Armen zu ihr
herab. Behände greift sie um seinen Brustkorb, an dem sie jede Rippe spürt, und
legt ihn im weichen Gras ab. Es scheint, als würde er schlafen. Sie befreit ihn
von seinem vor Dreck starrenden leinenen Leibhemd und betrachtet seinen von
Ausschlägen geröteten Oberkörper. Er ist völlig ausgezehrt, nur noch ein
Schatten des stattlichen Mannes, der ihr noch im Gedächtnis haftet, dessen
Kraft immer schützend und beruhigend auf sie wirkte.
    Malcom kniet sich ihr gegenüber
bekümmert ins Gras. „Er sieht aus wie ein Greis, ist völlig ergraut“, bemerkt
er kopfschüttelnd. „Dabei muss er erst Mitte Vierzig sein.“
    Sie tauschen traurige Blicke.
Daraufhin nimmt Malcom ihrem Vater Bruech und Beinlinge ab. Anschließend
entkleidet er sich selbst und kommt zu ihr herüber, als er bemerkt, dass sie
noch immer reglos bei ihrem Vater verharrt.
    „Joan.“ Er kniet sich neben
sie, um ihr Gesicht am Kinn zu sich zu drehen. „Es ist vorbei.“ Zärtlich wischt
er ihr die Tränen weg, streicht bedächtig eine Locke aus ihrem Gesicht. „Ich
werde nicht zulassen, dass dir noch einmal irgendein Leid geschieht“, raunt er,
wobei er ihr einen aufmunternden Kuss auf die Nasenspitze gibt. „Komm.“ Indem
er sich erhebt, zieht er sie mit sich hoch auf die Beine. „Das Wasser wird dir
gut tun.“ Auf ihr Nicken hin wendet er sich wieder ihrem Vater zu.
    Schwerfällig entkleidet sie
sich, während Malcom Raymond ins Wasser trägt und ihn behutsam in die leichte
Strömung abgleiten lässt. Er setzt sich hinter ihn. An die Moospolster der
Bachrinne gelehnt hält er ihn unter den Armen fest. Das Wasser reicht ihm bis
zur Brust.
    Joan gewahrt hellrot blühendes
Seifenkraut in der Nähe und bewundert insgeheim wie schon so oft die Weisheit
des Herrn in seiner Schöpfung. Denn Seifenkraut wächst zumeist nur in Nähe von
Wasser, ohne welches man es nicht nutzen könnte. Sie dankt dem Herrn, dass er
es so umsichtig für sie eingerichtet hat, geht nackt hinüber und murmelt. Dabei
reißt sie vorsichtig einige handvoll der zart duftenden Pflanzen mitsamt der
Wurzeln aus der lockeren Walderde und klopft den Dreck etwas ab. Daraufhin kehrt
sie wieder zum Bach zurück, in welchem sie die restliche Erde von den
rotbraunen Wurzeln abzuwaschen gedenkt. Das Wasser ist wärmer als ihr Körper,
was ihr einen überraschten Ruf entlockt. Doch es riecht sonderbar. Unschlüssig
blickt sie zu Malcom hinüber und bemerkt sein eigentümliches Lächeln. Er wendet
den Blick nicht von ihr ab. Mit fragend gerunzelter Stirn widmet sie sich
jedoch vorerst wieder den Pflanzen in ihren Händen. Nachdem sie deren Wurzeln
gewaschen hat, sucht sie sich einen flachen Stein sowie einen runden, dicken
Ast. Um letzteren wickelt sie Kraut und Wurzeln auf und rollt alles unter dem
Gewicht ihres aufgestützten Oberkörpers über den Stein, bis die Pflanzen saftig
werden. Anschließend behandelt sie die Wurzeln noch einmal getrennt, indem sie
mit dem Ast die beinahe fingerdicken, rübenartigen Wurzelstöcke platt drückt
und verholzte Wurzelbereiche zerquetscht, so dass das gelbliche Innere zu sehen
ist. Dann nimmt sie einen Teil des Pflanzengewirrs zur Hand und steigt in den
Bach. Das angenehm warme Wasser verursacht ihr eine wohlige Gänsehaut am
gesamten Körper. Sie kommt vor Malcom in die Mitte des Baches, lässt sich
bäuchlings ins Wasser herab und taucht gegen die Strömung unter. Mit einer auf
dem lehmigen Untergrund abgestützten Hand hebt sie ihren Kopf über Wasser.
    „Es ist herrlich, Malcom“, ruft
sie aus und lacht.
    Er lehnt den Kopf zurück und
betrachtet sie versonnen. „Dein Lachen hab’ ich vermisst.“
    Sie taucht ab, um sogleich
neben ihm aus dem Wasser zu schnellen.
    Er lächelt in sich hinein.
    Mit fragendem Blick setzt sie
sich an seine Seite. „Was hat dieses Grinsen zu bedeuten“, verlangt sie, nun
besser gelaunt, zu wissen und walkt das zerquetschte Seifenkraut zwischen ihren
Händen, dass es kräftig schäumt.
    „Hm?“ Er macht eine unschuldige
Miene. Als sie den Kopf argwöhnisch schräg stellt, zuckt er die Schultern. „Du
gefällst mir eben.“
    Sie ist verunsichert. Er sieht
sie doch nicht zum ersten Male. Dann weiß sie plötzlich, was er meint und ist
erstaunt. „Es gefällt dir?“
    Verwundert

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